Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein toedlicher Plan

Titel: Ein toedlicher Plan
Autoren: Jeffrey Deaver
Vom Netzwerk:
gelaufen, oder würden Sie trotzdem weitermachen?«
    Clayton unterschrieb die Rechnung, legte aber nicht seine Kreditkarte daneben. Der Kellner eilte herbei, nahm das Papier und verschwand rasch wieder.
    »Lassen Sie mich Ihnen eine Geschichte erzählen, John. 1971 wurde Burdick von Nixon gebeten, einem neu gegründeten Sonderermittlungsausschuss vorzusitzen, der Missstände in der Stahlindustrie untersuchen sollte.«
    »Ein Ausschuss vom Justizministerium?«
    »Richtig. Man entschied sich damals für Burdick, weil er sowohl in Washington als auch in der New Yorker Landeshauptstadt Albany bekannt war und sein Wort dort etwas galt. Der damalige Vorstand von Hubbard, White & Willis – das Gremium hieß zu jener Zeit noch schlicht Geschäftsführung – war vor Begeisterung darüber ganz aus dem Häuschen. Jede Menge Publicity für die Kanzlei war zu erwarten, und Burdick würde die Chance erhalten, sich bei einflussreichen Regierungsmitgliedern bekannt und beliebt zu machen. Und nachdem der Ausschuss seine Arbeit beendet hätte, würde Burdick im Triumphzug in die Firma zurückkehren, was neue Publicity und noch mehr Klienten bedeutete. Aber Burdick erklärte dem Vorstand von Hubbard, White & Willis, dass er den Vorsitz beim Sonderausschuss nur unter einer Bedingung antreten würde. Bei seiner Rückkehr sollten er und ein Mann seiner Wahl Sitz und Stimme im Vorstand erhalten. Dafür müssten dann drei andere Partner, deren Namen er auch nannte, ihren Hut nehmen. Nun, John, das war Anfang der Siebziger. Damals haben Kanzleien einen Partner nicht einfach vor die Tür gesetzt. So was galt als zutiefst unanständig, das gehörte sich nicht.«
    »Und weiter?«
    »Drei Monate später ging ein Rundschreiben durch die Firma, in dem drei bestimmten Teilhabern zu ihrer eigenen Kanzlei gratuliert wurde. Sie hatten sich entschlossen, Hubbard, White & Willis zu verlassen, um sich selbstständig zu machen – zumindest hieß es offiziell so.« Clayton schob seinen Stuhl zurück. »Die Antwort auf Ihre Frage lautet: Unser kleines Abkommen funktioniert nur ohne Burdick und jeden anderen Namen auf der Liste. Das ist Quidproquo. Was sagen Sie jetzt?«
    Perelli zog eine Zigarre aus einer Hülse, reichte sie Clayton und nahm sich dann auch eine. Er klappte ein kleines Silbermesser auf und fing an, das Mundstück zu beschneiden. »Ich sage, lassen Sie uns die Bilanzen und anderen Zahlen austauschen und endlich diese verdammte Fusion ins Rollen bringen.«

…Drei
    »Es geht um Folgendes: Man hat mich beraubt«, erklärte Mitchell Reece und lehnte sich bequem in seinem schwarzen Ledersessel zurück. Der Mechanismus schnappte mit einem leisen
Pling
ein.
    »Hat man Sie in der U-Bahn überfallen«, fragte Taylor Lockwood, »oder sprechen wir hier über das Finanzamt?«
    »Ich spreche von Einbruchdiebstahl«, antwortete Reece mit einem bitteren Lächeln.
    Er erhob sich langsam, so als hätte er viel zu lange in derselben Position gesessen, und ging zur Tür, um sie zu schließen. Taylor verschluckte zum x-ten Mal ein Gähnen, das schon seit fünf Minuten hinauswollte, und rieb sich die brennenden Augen. Es war zehn Uhr morgens, und sie wartete darauf, ihren toten Punkt zu überwinden. Vermutlich war er schon längst vergangen, und sie befand sich bereits im nächsten, ohne etwas davon bemerkt zu haben.
    Sie wusste über Reece nur, dass er Prozessanwalt war und sein glattes schwarzes Haar für den Geschmack der konservativeren Kanzleipartner eine Idee zu lang trug. Reece war Mitte dreißig und hatte sich auf Wirtschaftsverfahren spezialisiert. Die Klienten liebten ihn, weil er in der Regel seine Fälle gewann. Die Kanzlei liebte ihn, weil seine Erfolge dem Haus fette Schecks einbrachten. »Das einzige Heilmittel für Gesetze sind noch mehr Gesetze«, lautete sein Motto, ein Zitat von Professor Karl Llewellyn, und er arbeitete täglich zwischen fünfzehn und achtzehn Stunden. (Taylor hatte von Kollegen gehört, dass er einmal für einen Arbeitstag sechsundzwanzig Stunden in Rechnung gestellt hatte. Der betreffende Fall hatte ihn nach Los Angeles geführt, und dabei hatte er den Tageszeitgewinn durch die Zeitzonendifferenz genutzt.) Die jüngeren Assistenten bewunderten ihn und taten alles, um für ihn zu arbeiten. Die älteren Partner verspürten oft ein Unbehagen, wenn er ihnen zugeteilt war. Die Notizen und Anträge, die er in ihrem Namen verfasste, gingen oftmals über ihren Horizont. Reece meldete sich auch regelmäßig als Armenanwalt der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher