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Ein Tag in Barcelona (German Edition)

Ein Tag in Barcelona (German Edition)

Titel: Ein Tag in Barcelona (German Edition)
Autoren: Daniel Brühl , Javier Cáceres
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rufen: die Legenden um den »Friedhof der Bücher«, dem Vater und Sohn nachspüren, bis »ihre Schritte für immer im Schatten des Windes verschwinden …«. Da klingelt mein Telefon, und es spricht eine rauchige Stimme in mein Ohr: » Soy yo. Manel. «
    Ob ich Bock auf einen Reis habe, fragt Manel.
    »Na, und ob!«, sage ich.
    Manels »Reis«, auch Paella genannt, ist stadtbekannt. Wenn man Glück hat, richtet er ihn mit Holzfeuer auf seiner Terrasse an. Und wenn man noch mehr Glück hat, serviert er einem vorher einen phantastischen Wodka-Martini und fachsimpelt mit einem stundenlang über den perfekten Drink und die perfekte Art, ihn zu trinken. Mit dem gleichen Enthusiasmus, mit dem es Luis Buñuel in der Biographie »Mein letzter Seufzer« tut.
    Was soll es da also noch zu überlegen geben? Klar, sage ich. » Encantado .«
    Ob er noch was braucht, frage ich. Der Höflichkeit halber.
    Eigentlich nicht, sagt er.
    »Obwohl, jetzt wo du mich fragst – du könntest mir einen Gefallen tun. Die judías, die Bohnen, die ich hier gekauft habe, taugen nix. Du weißt doch, Barcelona ist nicht Alicante. Oder Valencia. Die richtigen Bohnen für die richtige Paella Valenciana gibt’s nur da. Schau doch mal auf ’nem Markt, ob du gescheite Bohnen findest.«
    Ja klar, sage ich.
    Weil ich immer ja sage. Zu allem. Ohne nachzudenken. Aber ich sag auch ja, weil ich weiß, dass er weiß, dass ich weiß, dass man ihm nichts abschlagen kann. Ganz und gar nichts. Und so hab ich jetzt ein Problem, das mindestens so dick ist wie die Bohnen, die er sucht. Denn: Wo zur Hölle krieg ich jetzt »gescheite Bohnen« her? Und vor allem: Was versteht ein katalanischer Paella-Freak unter gescheiten Bohnen?
    Das Einzige, was ich weiß: Der Typ ist anspruchsvoll, ich kann da nicht mit Bonduelle aufschlagen. Da fällt mir ein, ich weiß, von wem ich Hilfe bekommen kann: von Xavi, dem Koch! Er ist die Rettung, mein ultimativer Bohnen-Joker!
    Okay, sein Restaurant liegt etwas abseits von hier, in Gràcia, aber in Barcelona ist fast alles zu Fuß erreichbar, und mir bleibt noch Zeit genug. Ich soll ja erst um zwei Uhr bei Manel, dem Paella-King, sein, und in diesem Land ist eh keiner pünktlich, nie.
    Doch Xavi stockt, als ich ihn am Telefon erreiche und wild erkläre, dass ich unbedingt die allerbesten Bohnen dieser Stadt brauche. Sofort. In industriellen Mengen.
    »Du meinst … Bohnen? Ganz normale, echte Bohnen??«, fragt er dann, dass ich ihn am anderen Ende der Leitung geradezu die Brauen in die Höhe ziehen und die Stirn in Falten werfen sehe. Als frage er sich, ob ich bei ihm chiffriert irgendwelche Drogen bestellen will – oder welche eingeschmissen habe.
    »Was für Bohnen? Da musst du schon konkreter sein, hombre !«
    »Was weiß ich?! Grüne, schätz ich, ist für ’ne Paella …«
    »Na, du bist mir ja ’n Profi!«, sagt er. »Also: Wenn der Koch weiß, was er tut, dann nimmt er garrafons, Butterbohnen. Aus Alicante und Castellon kommen die besten. Dort werden sie bajocò genannt. Meinst du die?«
    »Ah ja klar, natürlich, wie konnt ich das vergessen! Kannst du mir das Zeug besorgen?«
    »Kein Problem«, sagt Xavi.
    Er muss bloß seine Tochter in den Kindergarten bringen, danach wollte er eh auf den Markt an der Travessera. Da sollten wir fündig werden, glaubt er.
    Genial, sag ich, hänge ein, stopfe mir die Stecker wieder in die Ohren und laufe die steilen Gassen von Sant Gervasi rauf und wieder runter.

In Sant Gervasi habe ich als Kind die meiste Zeit verbracht, wenn ich in Barcelona war.

    Meine Eltern hatten sich hier eine kleine Wohnung gekauft, um einen eigenen Anlaufpunkt zu haben, wenn wir nach Barcelona reisten. Sie lag ganz in der Nähe des Parc del Putget, dem für mich schönsten Park. Auch hier hat man einen herrlichen Rundblick über die Stadt, der aber den meisten Touristen verborgen bleibt, weil Sant Gervasi auf den normalen Routen nicht dabei ist. Es ist halt ein kleines, unaufgeregtes Wohnviertel mit friedlich hügeligen Straßen. Manchmal finde ich sogar, dass der Blick vom Park aus schöner ist als vom Tibidabo. In jedem Fall ist es hier grüner, schattiger, frischer, weil es Palmen, Pinien, Bougainvilleas und Rosen gibt. Außerdem bin ich dem Park verbunden, weil ich hier vor Jahren Francisco und seine Gang kennengelernt habe, die sich regelmäßig treffen, um petanca zu spielen: Boule.

    Ich war damals selbst boulebesessen. Ich hatte mir sogar sündhaft teure Obut-Profikugeln aus Frankreich zugelegt und
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