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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Autoren: Georg R. Kristan
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fiel.
    Über die Konrad-Adenauer-Brücke fuhr er nach Osten. Vom Kleeblatt der Ramersdorfer Kommende ging es dann auf der neuen, sündhaft teuren Autobahnstrecke nach Süden, in Königswinter schließlich auf die Ferdinand-Mülhens-Straße und gleich nach dem Gut Wintermühlenhof steil die Serpentine zum Petersberg hinauf. Der Kölnisch-Wasser-Dynastie von 4711 hatte dort oben einmal alles gehört, das ganze Plateau, wo die Augustinermönche als Klausner gesiedelt und wo auch später die Zisterzienser für einige Zeit die Aussicht vorzüglich gefunden hatten.
    Im Hotel auf dem Petersberg hatten die Reichen getafelt, die Touristen ihren Terrassenkaffee getrunken, die hohen Kommissare auf Restdeutschland herabgeblickt und Adenauer auf den Teppich der Geschichte treten lassen. Die schöne Sirikit und die Schahbanu hatten sich dort oben vom Rheinland bezaubern lassen. Vielleicht war auch die Queen ein wenig beeindruckt gewesen. Und schließlich hatte der große Vorsitzende, Genosse Breschnew,’ hier sein kleines Staatsgeschenk, einen sportlichen Mercedes, in den Kurven demoliert.
    So viel Geschichte und Geschichten auf einem Basaltkegel hoch über dem Rhein – Falkenhorsts Mission paßte durchaus in die Landschaft.
     
     
    Auf den Besucher wirkte der Hotelbau zunächst mächtig und bedrückend, doch die Balkone und Terrassen auf der Rheinseite galten den Blick frei auf das weite Panorama, über die Voreifel hinweg bis hin zu den Bergen an der Ahr.
    Hier oben wurde seit Monaten mit großem Aufwand gearbeitet, um das lädierte Gebäude in ein repräsentatives Gästehaus für nicht-zahlende Staatsreisende zu verwandeln. Hundert Millionen waren dafür veranschlagt worden. Arbeiter sah man nicht, sie hatten sich schon in ihre Achtunddreißig-Stunden-Woche zurückgezogen.
    Die Zufahrt zum nördlichen Parkplatz war freigehalten. Etwa ein Dutzend Touristen hatten hier ihre Fahrzeuge abgestellt und stiefelten durch den kleinen Park, um nach Spuren der Vergangenheit zu suchen.
    Ein Wagen mit CD-Schild ließ sich nicht ausmachen. Doch sie mußten hier sein, die Aufpasser. Sie würden keinen Genossen der Versuchung aussetzen, mit einer Million harter Mark als Startkapital den Lockungen des goldenen Westens zu erliegen. Da war Falkenhorst ganz sicher. Er parkte seinen Wagen zur Rheinseite, ließ den Aktenkoffer auf dem Rücksitz und warf die Tür ins Schloß.
    Dann ging er im Schlenderschritt ein paar Stufen hinab zur oberen Balustrade mit der Aussicht auf das vom glitzernden Fluß durchzogene Land. Vielleicht hatte Hölderlin hier gedichtet: »Und des heiligen Tranks sind voll im Strome die Schiffe.« Jetzt tuckerten Tanker mit Rohöl rheinaufwärts.
    War es nun ein Tourist, der auf ihn zukam und dabei demonstrativ ein Fernglas in der Hand hielt?
    »Ach bitte, dort auf der anderen Seite der Turm mit der Fahne – ist das die Godesburg?«
    Falkenhorst unterstrich seine Antwort mit einer bestätigenden Geste. »Ja, das ist sie, die Burg, um die sich Protestanten und Katholiken vor vierhundert Jahren die Köpfe eingeschlagen haben, bis das siegreiche Heer der Bayern die ganze Pracht in die Luft gesprengt hat. Der Rest ist wieder katholisch geworden. Das Burghotel kann ich übrigens empfehlen, man ißt dort recht gut.«
    »Danke. Das hier ist bisher der schönste Platz meiner Europatour. Wir dürfen ja manchmal reisen.«
    Er gab sich nicht viel Mühe, seine Tarnung zu wahren. Es war auch wohl nicht beabsichtigt. Falkenhorst ging weiter in Richtung Petersberg-Kapelle und wandte sich kurz um. Der Mann schien in das Mikrofon eines Handfunkgeräts zu sprechen.
    Auf der niedrigen Natursteinmauer des Aussichtspunktes, von wo aus sich der ganze Reiz des inneren Siebengebirges erschloß, saß ein Wanderer. Der Tragriemen einer großen Ledertasche führte über seine rechte Schulter. Er hatte die Tasche auf seine Oberschenkel gestellt und beide Unterarme darauf gelegt. Aufmerksam verfolgte er, wie Falkenhorst unbekümmert durch das niedrige Buschwerk stakste. Jeder musterte den anderen von Kopf bis Fuß, vergewissernde Blicke richteten sich nach rechts und links.
    »Hallo, Herr Artanow, wie schön, Sie wieder einmal zu sehen. Ein Jahr ist schnell vergangen«, sagte Falkenhorst zur Begrüßung.
    »Guten Tag«, dankte der Angesprochene mit leicht spröder, rollender Stimme sehr förmlich. »Ich freue mich, daß Sie noch heute gekommen sind, um die Sache abzuschließen.« Dabei wies er mit dem Daumen der linken Hand auf das Revers seiner
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