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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Autoren: Georg R. Kristan
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Bundesminister«. Ohne Kopie schrieb er eine kurze Empfangsbestätigung über eine Million Deutsche Mark. Seine delikaten Sondermissionen und das Vertrauensverhältnis zum Minister hatten ihm zu dem Recht verholfen, ein Dienstsiegel zu führen. Er nahm den Metallstempel von – ganz hinten aus der Schreibtischschublade und vergewisserte sich, daß die Farbe auf dem Stempelkissen frisch war. Er drückte das Petschaft erst auf das durchgefärbte Leinen und dann ruhig und fest auf die Empfangsbestätigung neben seine »Im Auftrag« geleistete Unterschrift. Damit war das Dokument echt, und die Gegenseite würde alles erhalten, was ein Staatsgeschäft so endgültig macht – Brief und Siegel.
    Das Telefon läutete. Der Knopf der Durchwahlnummer blinkte. Zu früh ist auch unpünktlich, dachte Falkenhorst. Doch es war nicht der erwartete Anruf. Am Apparat war seine Frau. Ihre Stimme schien noch unter der Niedrigwassermarke des Rheins zu liegen.
    »Andreas, was ist nun los? Du weißt doch, daß ich am Mittwoch die Vernissage habe. Mein Atelier ist zu klein für den Auftrieb, und im Salon sieht es aus wie in armer Leute Wohnung. Die könnten den Schiras heute noch legen.«
    »Von wo aus sprichst du?«
    »Ich bin bei Teppich-Tagani.«
    »Und der Preis?«
    »Der bleibt bei einunddreißig mit drei Monaten Zahlungsziel. Bar oder Scheck dreißigtausend glatt. Das ist fast geschenkt.«
    Andreas verzog sein Gesicht. Wie das seiner Frau am anderen Ende der Leitung aussah, konnte er sich gut vorstellen. Er sagte: »Endgültig! Ich bin nicht dein Mäzen. Die Pinselei ist ganz allein dein Bier.«
    »Wie vulgär!«
    »Mag sein. Du hast die Gütertrennung gewollt und dein sündhaft teures Atelier bekommen. Jetzt, wo du blank bist, kannst du bei deinem Schuppenarbeiter auch nichts holen. Der Dummkopf zahlt die Hypotheken ab.«
    »Und hätschelt die Nixen«, fuhr sie dazwischen, »und macht dick auf Macho – vergiß das nicht!«
    »Ich habe andere Probleme. Übermorgen wird die Regierung gekippt. Wer weiß, was dann kommt. Wenn du deine Schinken nicht verkaufen kannst, laß die Pinsel trocken und mich in Ruhe. Mir reicht das Spiel!«
    »Alles hängt von Mittwoch ab. Du wirst sehen, dann läuft’s. Galeristen, Kritiker und Interessenten haben zugesagt. Auch einige Leute vorn Feuilleton. Dir scheint es wohl überhaupt nichts auszumachen, wenn ich erbärmlich dastehe.«
    »Dein Image hängt nicht davon ab, ob die mit ihren Füßen auf einem Schiras herumtrampeln. Und da wir schon mal dabei sind: Elfhundert Mark für ein Nichts von einem Kleid! Irgendwo hört’s auf.«
    »Wie wahr, Macho. Irgendwo hört’s wirklich auf.« Das Gespräch war zu Ende.
     
     
    Tuffi warf mit einer ruckartigen Bewegung das glatte, halblange Haar zurück und biß sich mit ihren weißen Mausezähnen auf die Unterlippe. Ihre blauen Augen blieben kühl wie das Quellwasser des Rheins. Sie zog die lässig übergeworfene Jacke des Chanel-Kostüms zurecht und schritt mit dem Gang, der einer Dame von Welt wohl ansteht, in den rückwärtigen Teil des Verkaufsraumes.
    Muhamed Tagani hatte sich in den entlegensten Winkel zurückgezogen, um nicht den Eindruck von Neugierde hervorzurufen. Er ließ einen alten Ghom durch die Hände gleiten, und seine Fingerkuppen tasteten die perlzarte Knüpfung.
    Tuffi wartete darauf, daß er sie ansprechen würde.
    »Vielleicht sollten wir einen Tee trinken, wenn ich Ihnen das anbieten darf, gnädige Frau«, sagte Tagani. »Ein schönes Hochlandgewächs Second Flush vom Tiger Hill oder ein Nuwara Eliya aus Ceylon. Der Dreiminutenaufguß stimuliert, fünf Minuten schaffen Gelassenheit.« Seine Hand wies auf eine leichte Sitzgruppe, die geschäftliche Exklusivität andeutete, ohne jedoch den Gedanken an eine zu intime Vertraulichkeit aufkommen zu lassen.
    »Ich würde gern einen Mokka trinken«, antwortete Tuffi.
    Tagani sah nur kurz auf. Er fand bestätigt, daß er es mit einer Frau zu tun hatte, die ihre Vorstellungen verwirklicht sehen wollte. Er gab einem Gehilfen Anweisungen, und schon nach wenigen Minuten stand der Kaffee bereit. Tuffi nahm nur ein Stück Zucker, keine Sahne.
    »Es ist mir eine Ehre, daß Sie mein Gast sind«, sagte Tagani mit einem fast unmerklichen Neigen des Kopfes. »Ich weiß, Sie sind Künstlerin. Man spürt es auch.«
    »Danke«, sagte Tuffi. »Auch bei Ihnen ist die Kunst zu Hause.«
    Tagani nickte. »Wer weiß, wie lange noch. Mein Persien ist eines von diesen schwierigen Vaterländern. Der Iran leidet. Aber
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