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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Autoren: Georg R. Kristan
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scheinheilig. »Das hat doch Zeit, die Nachfolger werden schon keine Damen fressen, und die Wahl ist ja erst übermorgen. Dann bleiben immer noch ein paar Tage, bis der Neue den Laden übernimmt. Der muß doch erst schwören, daß er Schaden abwenden und Gerechtigkeit üben will.«
    »Ach Quatsch, sparen wir uns solche Worte. Wir wissen doch, wie das läuft. – Alles perdutti!« Die robuste Stettner unterstrich mit einer wegwerfenden Handbewegung ihre klarsichtige Feststellung. »Von der Fraktion ist der Hinweis gekommen, die persönlichen Chefakten und die Parteisachen auszusondern. – Los, jetzt wird angepackt. Diese Kiste muß zu den anderen in den Nebenraum. Das Giftzeug wird noch heute von einem LKW abgeholt. – Die einzigen Dummen bei diesem Kladderadatsch sind wir.«
    Auf dieses Stichwort hatte die zweite Sekretärin nur gewartet und heulte los. »Jetzt ist alles verloren. Was soll aus uns denn werden?«
    Falkenhorst schob die Kiste in den Nebenraum und kam zurück. Er verstand die Aufregung nicht. Als Beamter auf Lebenszeit saß er fest auf seiner Planstelle, um jedem Herrn zu dienen, sei er rot, schwarz, blau-gelb oder grün. Seine Frage: »Wird denn kein Vorgang mehr erledigt?« brachte Margot Stettner in Harnisch. »Mann, sind Sie naiv!« Sie betonte das »Sie« und warf mit Schwung einen Stapel abgelegter Tageskopien mit der Aufschrift »Spenden« in die nächste Kiste. »Kapieren Sie denn nicht – hier ist Sense. Aus! Schluß mit der Macht! Ihre sogenannten Vorgänge würde ich ganz schnell vergessen. Der Chef hat gesagt, wir schieben noch ruck zuck unsere Freunde in die letzten freien Planstellen, und dann werden die Repräsentationsvorräte versoffen. Nach uns die Sintflut!«
    »Dabei gehen wir alle unter«, jammerte die zweite Kraft und stützte ihren wohlgeformten Busen mit einer Handbewegung, die Herzeleid ausdrücken sollte. »Und ich bin doch gar nicht in der Partei!«
    Falkenhorst reichte ihr ein Tempo-Taschentuch und legte den Arm um ihre Schulter. Das Beben ließ nach.
    »Kümmern Sie sich lieber um die nächste Kiste, wenn Sie sich hier schon betätigen wollen. Dahinten steht Sekt, der gibt den nötigen Schwung. Unser Jammerbaby hat heute schon eine ganze Flasche verputzt.« Die Stettner hatte die Übersicht nicht verloren, obwohl auch in den Flaschen auf dem Beistelltisch der Flüssigkeitsspiegel stark gesunken war. In der Fraktion hatte sie schon frühzeitig auf den »richtigen Mann« gesetzt und war mit ihm durch dick und dünn gegangen. Sie war groß, schlank, brünett und bis spät in die Nacht immer der trinkfeste Kumpel mit dem fröhlichen Herzen. Frau war sie natürlich auch – die diskrete Mehrzweckfreundin und stille Teilhaberin der Macht. Ganz selbstverständlich hatte sie den Platz der Chefsekretärin übernommen, als »ihr Mann« Minister geworden war; ganz selbstverständlich würde sie jetzt mit ihm abtreten. – Macht verloren, alles verloren.
    Falkenhorst ging zum Beistelltisch und nahm vom Besten. Dann setzte er sich mit einem zufriedenen Blick auf den Stuhl des Ministers und hob das Glas. »Ich trinke auf das Wohl der packenden Damen. In diesem Sessel und mit diesen Zutaten fühlt man sich wie ein Millionär.«
    »Ich fühle mich ja sooo schlecht – mein Gott, ist mir schlecht«, stöhnte die zweite Kraft und strebte zur Tür.
    »Das Jammerbaby kommt nicht darüber hinweg, daß die goldenen Tage vorbei sind. Ich habe in der Fraktion schon andere Stürme erlebt. So ein Machtwechsel haut mich nicht um.« Margot Stettner änderte den Ton. »Aber nun zu dir, Andreas; was hast du auf dem Herzen? Stehen deine Partisanen schon wieder auf der Matte?«
    »Ach woher! Schau’ mal vorbei, habe ich gedacht, als Nummer eins vom Parkplatz gefahren ist. Vielleicht braucht jemand Trost«, erklärte Falkenhorst. »Sonst liegt nichts an. Das Staatsgeschäft ist abgewickelt; und es bleibt nichts offen für den Nachfolger.«
    »Siehst du, Andreas; damit waren deine Bedenken für die Katz.«
    »Dem Himmel sei Dank! In Gelddingen sind die Staatshandelsländer zum Glück verdammt genau. Und wann sehen wir uns?«
    »Ruf mich morgen oder Sonntag an. Heute bin ich total kaputt.« Margot Stettner wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Freiwillig kommt hier keiner mehr her, um zu helfen. Die starren alle wie gebannt auf die neuen Herren und wollen sich mit uns nicht mehr identifizieren – diese Opportunistenbande. Wenn die dem Neuen hinten reinkriechen wollen, werden sie merken,
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