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Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz

Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz

Titel: Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
Autoren: Joanne Bertin
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   1. KAPITEL
    Das Jahr des Phönix
    1008
     
     
    Im Harem des kaiserlichen Palastes
    Jehanglan
     
    Lura-Sharal war tot. Shei-Luin senkte den Kopf, als man die Leiche ihrer Schwester auf einer Sänfte aus Ebenholz, getragen von vier kräftigen Eunuchen, zum Verbrennen brachte. Ein Tuch aus goldener Seide bedeckte die schlanke Gestalt des Mädchens, aber was zählte das noch?
    Lura-Sharal war tot.
    Shei-Luin wußte, sie sollte stolz sein auf dieses Zeichen der Gunst des Kaisers. Aber sie wollte nur ihre ältere Schwester zurück. Was sollte sie ohne die weisen und sanften Worte Lura-Sharals, die sie führte, nur tun?
    Sie schaute der Sänfte nach, die durch die Tür verschwand. Tränen liefen ihr über die Wangen; am liebsten wäre sie schreiend hinterhergerannt und hätte sich auf die Leiche ihrer Schwester geworfen und Lura-Sharal angefleht, ihr zu sagen, daß es nur ein Scherz war, sie zu umarmen und wieder mit ihr zu singen und zu tanzen. Mit ihr davonzurennen und wieder mit ihr als Zharmatianer über die weiten, offenen Ebenen zu reiten, zusammen mit Yesuin, ihrem Kindheitsfreund.
    O Phönix, wenn sie nur noch einmal wieder frei sein könnten …
    Aber nun war Yesuin eine Geisel, um den unsicheren Frieden zwischen dem Stamm seines Vaters und den Jehangli zu gewährleisten.
    Und Lura-Sharal war tot.
    Eine Hand fiel ruckartig auf Shei-Luins Schulter. Sie zuckte zusammen, und als sie sich umdrehte, sah sie das maskenhafte Gesicht von Fürstin Gei.
    »Komm«, sagte die Fürstin. Sie kannte kein Mitleid. »Komm, der Phönixkaiser hat dich gesehen und gewährt dir die Gunst seiner Gesellschaft. Denn auch du bist eine Tochter von Kirano; es ist an der Zeit, daß du deine Pflicht tust, Mädchen. Mit dreizehn bist du alt genug.«
    »Aber ich bin …« Shei-Luin hielt inne. Die Wahrheit zu sagen hätte den Weg verschlossen, den sie plötzlich offen vor sich sah. Shei-Luin drehte sich um, um sich nichts mehr anmerken zu lassen.
    Die Hand packte ihre Schulter wie Stahlkrallen. Überwältigt von einem Gefühl vollkommener Leere ging Shei-Luin, wohin man sie führte. Blicke voller Eifersucht und Haß folgten ihr, als sie sich tiefer in das parfümierte Heiligtum des Harems begab, um vorbereitet zu werden.
    Und danach …
    Sie senkte den Kopf. Aber nur einen Augenblick lang; sie würde nicht vor ihrem Schicksal zurückschrecken und auch nicht vor Xiane ma Jhi, dem Phönixkaiser des Himmels. Denn sie wußte etwas, woran sich sonst niemand erinnern konnte.
    Sie starrte geradeaus, und ihre Augen waren trocken.

2.KAPITEL
     
     
    Drachenlords – jene, die sowohl Menschen als auch Drachen sind, Sie kommen nach Jehanglan. Sie werden dem Phönix Krieg bringen.
    Das waren die Worte des Orakels gewesen. Und die Worte des Orakels waren die Wahrheit.
    Aber nun war sein Orakel tot. Sie würde nie wieder für ihn in die Zukunft schauen.
    Fürst Jhanun dachte noch einmal über die Prophezeiung nach. Wenn er gewußt hätte, daß das Mädchen ein schwaches Herz hatte, hätte er nicht befohlen, ihr eine so große Dosis der verbotenen Drogen zu geben. Aber ihre Worte waren so verlockend gewesen …
    Er strich mit den Fingern über das rote Papier auf dem Schreibtisch, spürte seine Struktur, schätzte das genaue Gewicht ein. Jedes Stück Sh’jin-Papier war auf subtile Weise anders. Ein wahrer Schüler wußte solche Individualität zu schätzen.
    Er faltete es zum ersten Mal.
    »Es gibt sie also wirklich, diese …« Er zögerte vor dem ungelenken, fremden Wort. »… Drachenlords?« Er warf einen Blick auf den Mann, der ein paar Schritte vor dem Schreibtisch kniete.
    »Ja, Herr. Sie sind nur wenige, weit im Norden, und sie werden mit den vereinigten Seelen von Drache und Mensch geboren«, erklärte Baisha.
    Falten, biegen, falten. »Und diese Werdrachen – sie sind imstande, die Gestalt zu verwandeln, ebenso wie die Wertiger, die die Berge heimsuchen?« fragte Jhanun.
    »Ja, Herr. Aber sie können die Gestalt verwandeln, wann immer sie es wünschen, nicht nur bei Vollmond.«
    Jhanun zog ein Ende seines langen Schnurrbarts durch die Finger und schauderte. Entsetzlich! Er mußte sich beruhigen, sonst würde das Papier spüren, wie verstört er war. Falten, falten, das Blatt im rechten Winkel wenden … »Das Geschöpf, das unter dem Berg ruht – ist es einer von ihnen …?«
    »Nein, Herr, dies ist ein echter Drache aus dem Norden, sonst hätte er schon die Gestalt verwandelt und wäre als Mensch geflohen.«
    »Ich verstehe«, sagte
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