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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Autoren: Georg R. Kristan
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Treppenhaus hinter sich zu und ließ sie leise ins Schloß fallen.
    Für die Rückfahrt wählte er die langsamere Strecke am Rheinufer entlang. Hier hatte er Zeit zum Überlegen, denn schneller als dreißig Kilometer in der Stunde durften die Räder nicht rollen, auch bei einem BMW nicht. Er fuhr unter der Rampe der Kennedybrücke hindurch, deren Namen so ganz und gar nicht zu dem steinernen »Bröckemännche« paßt, das seit 1898 hoch oben am Pfeiler den rechtsrheinischen Beuelern seinen blanken Hintern zeigt, weil die damals noch selbständigen Nachbarn sich nicht an den Baukosten der Brücke beteiligt hatten. So ist es den Leuten der »Schääl Sick« nur recht geschehen, daß sie jetzt eingemeindet sind und Steuern bezahlen müssen, um den immer wieder von übermütigen Studenten mit brauner Schuhcreme gesalbten Allerwertesten blank und sauber zu halten.
    Wie Falkenhorst mit einem Seitenblick wahrnahm, kreuzte von Beuel herüberkommend die kleine »Rheinnixe« den Strom, um unterhalb der Ersten Fährgasse anzulegen. Doch seine Gedanken bewegten sich in eine andere Richtung. Nachzählen kann ich das Geld auf keinen Fall, dachte er. Den Betrag würde er so an sich nehmen müssen, wie er ihm bar angeboten wurde. Der Geschäftspartner dürfte sicherlich keinen Wert darauf legen, die Prozedur länger als unbedingt notwendig auszudehnen. Darum wäre es am besten, sich bei diesem Auftrag ganz »zufällig« zu treffen. Vielleicht an der Doppelkirche in Schwarz-Rheindorf oder auf dem Petersberg. Dort oben befände man sich immerhin auf einem vom Bund erworbenen Gelände. Damit wäre auch den unsichtbaren Aufpassern der anderen Seite Gelegenheit gegeben, sich unauffällig zu nähern. Sie würden sicherlich annehmen, daß auch er einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte.
    Die Godesburg oder der Rolandsbogen mit ihren malerischen Aussichten auf den Drachenfels und das Siebengebirge kamen für eine solch diskrete Transaktion nicht in Betracht. Dort bestand immer die Möglichkeit, mit Bekannten zusammenzutreffen. Es dürfte überhaupt besser sein, Bad Godesberg zu meiden. Zu viele neugierige Diplomaten lebten in diesem sich edler dünkenden Teil von Bonn.
    Eine Million in bar glatt und unauffällig zu übernehmen und dabei doch eine gewisse Form zu wahren, die im zwischenstaatlichen Verkehr unvermeidbar ist, warf schon Probleme auf. Schließlich mußte auch eine korrekte Empfangsbestätigung ausgehändigt werden. Der Form halber würde er wohl seinen Gesprächspartner zu einem Imbiß oder Drink einladen müssen, und ohne Zweifel würde dieser mit höflichen Worten ablehnen.
    Falkenhorst bog auf der Steigung am Postministerium in die Zweite Fährgasse ein und zog dann nach links in die Adenauerallee. Auf dieser Diplomatenrennbahn zwischen Bonn-Mitte und Bad Godesberg beförderten sterngekrönte Dienstwagen mit BD-Nummern, einfachere Behördenfahrzeuge und Diplomatenkarossen mit Stander und der so viel besagenden Null vor den Ziffern des Kennzeichens bedeutsame Figuren der Zeitgeschichte zu bedeutsamen Ereignissen hin und her und her und hin. Wie so oft parkten einige der Blechungeheuer mit dem ovalen CD-Schild den zahlreichen Politessen zum Trotz an den unmöglichsten Stellen und behinderten den Verkehr. Die Fahrer des Corps Diplomatique mit Paschaallüren wußten, daß ihnen mit dem Recht des Gastlandes nicht beizukommen war. Für einige war die Immunität das Synonym für Frechheit und Dickfelligkeit. Hier fühlten sich auch die Repräsentanten kleiner Länder groß und stark.
    Durch die Unterführung beim Bundeskanzlerplatz, über die Friedrich-Ebert-Allee bis zu den ministeriellen Kreuzbauten lief es heute schnell und flüssig. Falkenhorst war täglich aufs neue froh darüber, daß sich sein dienstliches Leben nicht in den kühlrippigen Betongespenstern vollziehen mußte, sondern in einem Altbau aus Bonns Gründerjahren. Sein Parkplatz war noch frei, und in wenigen Sekunden hatte ihn der Aufzug in das fünfte Obergeschoß getragen. Er ging in sein Dienstzimmer und schloß die Tür hinter sich ab. Die Arbeitskollegen wußten von dieser Marotte. Sie ahnten, daß ihr Referatsleiter oft mit heiklen Angelegenheiten befaßt war, und wunderten sich nicht mehr über die zeitweilig verschlossene Tür.
    Falkenhorst holte seine alte, aber unverwüstliche Hebelschreibmaschine aus dem Schrank und stellte sie mit einer dicken Filzunterlage auf den Beistelltisch. Sorgfältig wählte er ein Briefpapier mit dem amtlichen Kopf »Der
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