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Ein Staatsgeheimnis Am Rhein

Titel: Ein Staatsgeheimnis Am Rhein
Autoren: Georg R. Kristan
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versiegt, und die noch recht flotte Frau Doktor hätte sich gern manche Mark zurückgewünscht, die in Tuffis Händen dahingeschmolzen war.
    Falkenhorst konnte nicht umhin, sich einzugestehen, daß ihm der dienstliche Ehrgeiz und die männliche Eitelkeit ein paar Probleme beschert hatten, denen schwer beizukommen war. Doch er wußte, wo die Freuden des Lebens zu holen waren. Nicht bei Tuffi, das war längst vorbei – sie schliefen getrennt –, auch nicht bei Hanne, dem Baby, das im Rosental bei seinen Puppen träumte, auch nicht bei Margot Stettner, der ersten Kraft, sondern im »Sonnentiegel« am Rhein, wo Männer wie er ihre Bestätigung fanden.
    Den Gedanken, die Plastiktüte mit dem Geld im Ministerium zu deponieren, hatte er schnell wieder aufgegeben. Für so sicher hielt er seinen Schreibtisch und die Schränke nicht, daß ihm dadurch die Sorge um das wahre Bare abgenommen werden könnte. An die Tag und Nacht bewachten Stahlschränke der Verschlußsachenregistratur konnte er nicht heran, ohne eingehende Fragen beantworten zu müssen. Auch der Pförtner hätte ihn seltsam angeschaut, wenn er mit seinem Köfferchen in der Hand wieder zurückgekommen wäre. Ihm blieb keine andere Wahl, als sein Reisegepäck so normal wie möglich mit sich herumzutragen.
    Im »Sonnentiegel« war man daran gewöhnt, daß er einen Ausflug in die große weite Welt hier ausklingen ließ. Er wollte nicht die Fähre nehmen, die ihn kurz vorher über den Rhein geschaukelt hatte; schließlich legte er keinen Wert darauf, durch Zufall den Walkie-talkie-Freunden vom Petersberg zu begegnen. So blieb nur der Umweg über die Konrad-Adenauer-Brücke, um wieder nach Königswinter zu gelangen. Für einen Beschatter würde es so aussehen, als nähme er durch das Verkehrsgewühl von Plittersdorf den Weg zum Ministerium. Hinter der hölzernen Fußgängerbrücke der Ludwig-Erhard-Straße tauchte die Silhouette des »Langen Eugen« auf. Deutlich hob sich der nachträglich angebaute Sicherheitsschacht für die Feuertreppen ab. Ein Abgeordnetensilo, ansprechend wie das überdimensionierte Lagerhaus einer Futtermittelgroßhandlung, so ragte die Heimstatt für die gewählten Repräsentanten des Volkes in den mattwarmen Sonnenhimmel.
    Um sich zu vergewissern, ob ihm kein Wagen folgte, steuerte Falkenhorst den Rheinauen-Parkplatz an und musterte die vorbeirauschenden Fahrzeuge. Keines bog ab, keines hielt an. Nach einigen Minuten aufmerksamen Beobachtens fuhr er über die Brücke und nahm Kurs nach Osten, zur Sonnenseite des Lebens. »Anliegerverkehr frei« – treffender ließ sich der Verkehr an diesem Stück der Allee durch Hinweisschilder wohl kaum regeln, wenn auch frei nicht kostenlos bedeutete.
    Auf den ersten Blick sah der »Sonnentiegel« in Königswinter genauso aus wie die benachbarten Villen mit ihren massiven Natursteinmauern auch. Eine gründliche Renovierung hätte gut getan. Doch Freddy Nelson, manchmal Lord Nelson, oder von Freunden kurz Mylord genannt, wußte, daß seine Klientel mehr an den inneren Qualitäten des Etablissements interessiert war. Darum hatte er den Sektionen des Hauses seine ganz besondere Note aufgeprägt.
    In der Sektion »Gourmet« hätten angetraute Ehefrauen oder Damen mit verfestigten Grundsätzen keinen Anlaß gefunden, die geselligen Stammtischrunden und kleinen Arbeitsessen als fleischliche Versuchung zu werten. Die sich anschließende, gut bestückte Bar mit der tief in die Dämmerung des Raumes reichenden Lounge war Evelyns Kommandostand. Von hier hatte sie den Überblick und konnte zu gegebener Zeit die Böcke von den Schafen trennen, um jene den Lämmchen zuzuführen. In der Lounge mit den kleinen Tischchen und den plüschigen halbrunden Sofas ließen Evelyns Sidecars und Manhattans, ihre Kir Royais oder ihre Martinis on the Rhine-Rocks eine Atmosphäre der Zuneigung entstehen, die alsbald in die obere Etage, Sektion »Parcours«, überleitete.
    Wer sich seinen sportlichen Typ erhalten oder zunächst den Kreislauf stabilisieren wollte, gab Evelyn ein freundliches Handzeichen und erreichte durch die Nebentür die Sektion »Studio«. Trimmgeräte, Sauna, kleiner Swimmingpool, Sonnenbänke, Thermomasken, Peeling naß oder trocken, Tiefenwärmebehandlung – das alles war im Pauschalpreis enthalten. Nur die weiterführende Entspannungsmassage nicht. Evelyn komponierte nicht nur die Drinks, sondern auch die Rechnungen ganz nach Wunsch. Steuerliche Abzugsfähigkeit war garantiert. Die Lämmchen durften nicht
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