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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks
Autoren: Laura Mundson
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durchgestanden. Und ich habe es aufgeschrieben. Was mir Erleichterung verschafft hat. Diese Erleichterung möchte ich auch anderen zuteilwerden lassen.
    Trotzdem ist es Neuland. Und furchterregend. Man hat so viel zu verlieren. Trotzdem vermute ich, dass nichts so furchterregend ist wie das Durchleben dieser Zeit.

    Wenn er wieder nach Hause kommt, erledigt er alles Mögliche. Viel mehr als nur Blumengießen und Rasenmähen. Er kümmert sich systematisch um alles, was ihn rund ums Haus stört. Dinge, die er sich jahrelang hat ansammeln lassen. Zeug, das ihm regelrecht das Leben vergällt hat. Und immer wieder höre ich ihn sagen: »Mann, ich kann einfach nicht glauben, wie ich die Dinge hier habe schleifen lassen.«
    Erstaunlich, welche Wirkung die Reparatur eines Toilettensitzes hat. Oder die der Verandatür. Die Reinigung der Abflüsse. Das Funktionieren des Garagenöffners. Der eigenen Frau mitzuteilen, dass man sie liebt. Hallo und Auf Wiedersehen zu sagen.
    Jetzt steht er an der Tür zu meinem Arbeitszimmer. Wie selbstverständlich mit einer Flasche Putzmittel in der einen und einem Inbusschlüssel in der anderen Hand. Ich muss an das Hufeisen denken, das genau auf der anderen Seite der Wand auf unserer Veranda hängt.
    »Wie läuft’s mit dem Schreiben?«, sagt er und klingt wie der zwanzigjährige Collegestudent, der mit den frühen Karriereambitionen seiner Freundin anzugeben pflegte.
    Ich halte kurz inne und werfe einen Blick auf die 300 autobiografischen Seiten auf meinem Schreibtisch. »Weißt du, ich
habe nicht nur den Roman überarbeitet, sondern da gibt es auch noch ein anderes Buch, das ich meiner Agentin schicken möchte. Es ist … etwas Autobiografisches. Über diesen Sommer.«
    Sein Blick verfinstert sich nicht.
    Ich füge noch hinzu: »Nicht, dass ich glaube, dass es je veröffentlicht wird. Es ist ja nur eine kleine Geschichte. Über dich und mich.«
    Er hält den Türknauf umklammert. »Was auch immer du darin geschrieben hast. Wahrscheinlich verdiene ich es«, sagt er achselzuckend.
    »Es geht darin nicht darum, jemand zu bestrafen. Es ist auch keine wütende Abrechnung. Es handelt eher davon, wie man lernt, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Es geht um gescheiterte Träume und um das Herausarbeiten aus Niederlagen. Deinen und meinen.«
    »Okay.« Trotzdem sieht er ein wenig wie ein geprügelter Hund drein. Ich kann verstehen, warum.
    »Ich versichere dir, dass es liebevoll geschrieben ist. Es ist für Leute gedacht, die gerade harte Zeiten durchmachen – in einer Ehe. Oder in irgendeinem anderen Bereich ihres Lebens. Es ist als Hilfe geschrieben. Aber absolut ehrlich. Und das muss es auch sein, damit die Leute etwas damit anfangen können.«
    »Na gut, tu, was du nicht lassen kannst. Vor allem, wenn es anderen hilft. Ich vertraue dir.« Er versteht im Moment viel von Hilfe, wohl wegen der Hilfe, die er seiner Schwester gerade zukommen lässt.
    »Äh, vielleicht möchtest du es vorher ja mal lesen«, sage ich.
    »Komme ich darin als das letzte Arschloch weg?«
    »Wenn ja, dann würde das auf mich wohl auch zutreffen, denke ich. Aber ich habe nicht alle hässlichen Details reingeschrieben.
Eher geht es um die geistige Reifung einer Frau, die eine harte Zeit durchmacht und beschlossen hat, nicht mehr zu leiden, auch wenn ihr das nicht immer und manchmal nicht im Geringsten gelingt. Ich habe versucht, integer zu bleiben. Und ich möchte diejenigen, die das lesen, auffordern, es auch zu versuchen. Dort, wo es zu persönlich wird, soll man sich seine eigenen Erfahrungen hineindenken.« Ich schaue ihm tief in die Augen, um zu erkennen, ob er immer noch auf meiner Seite ist. Das ist er.
    Also fahre ich fort. »Es geht in der Tat nicht so sehr um unsere Familie, sondern vielmehr um meine Entwicklung. Es geht darum, Dinge nicht persönlich zu nehmen. Selbst wenn man meint, die Welt um einen herum in Scherben gehen zu sehen. Es handelt davon, sich fürs Glücklichsein und gegen das Leiden zu entscheiden. Davon, unser Denken umzuprogrammieren. Aber ich werde es erst wegschicken, wenn ich deine Zustimmung habe.«
    Er lächelt und bekommt vor Dankbarkeit feuchte Augen.
    Das bedeutet mir in diesem Moment mehr als alles andere in meinem Leben.
    »Ich vertraue dir«, sagt er. »Ich werde es mir heute Abend ansehen.«
    »Danke. Und übrigens, liebe ich dich.«
    »Ich liebe dich auch«, sagt er, und die Ehrlichkeit in seiner Stimme ist über jeden Zweifel erhaben.
    Vorerst ist die Geschichte damit
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