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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks
Autoren: Laura Mundson
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im Garten hinter dem Haus stehen, je schlechter es einer Familie finanziell
geht. Und das hat nicht das Geringste mit Statussymbolen zu tun, sondern eher mit Einfallsreichtum.
    Bei uns sah es nun also aus wie bei den Einheimischen von Montana.
    Wir sind ja auch Einheimische von Montana. Und das mögen wir auch aneinander. Außerdem brauchen Träume ja ab und zu Vehikel. Selbst wenn diese rostig sind.
    An jenem Abend gab er mir Fahrunterricht. Ohne Streit. Und ich stellte mich richtig gut an.
    Es fühlte sich an wie in unserer Zeit am College. Wir legten uns sogar Musik dazu ein. »Warum machst du morgen nicht eine Fahrt mit deinem Anhänger?«, sagte er, während er im Außenspiegel beobachtete, wie ich mit dem Anhänger zurücksetzte und einen perfekten Kreis beschrieb. »Ich kann doch die Kinder abholen. Das Wetter soll richtig schön werden. Mach einen Ausritt. Du schaffst das bestimmt ganz prima.«
    Also kuppelte ich am nächsten Tag ganz allein den Trailer an. Fuhr mit nur leicht weißen Fingerknöcheln über den Highway dorthin, wo ich mein Pferd eingestellt habe, lud es ohne Zwischenfälle ein, brachte es zu einem Wegenetz, das ich mir schon seit Jahren näher ansehen wollte, traf dort eine Freundin mit ihrem Pferd und los ging’s. Das war wie Italien in Montana. Ich hatte auf einmal beides in mir. Ich nahm so etwas wie die friedvolle und heitere Atmosphäre der Berge rund um mich und mein Pferd wahr. Und ich beschloss, meinem Mann nach meiner Heimkehr davon zu erzählen.
    Auf der letzten Meile hörte ich ein metallisches Klappern und hielt mein Pferd an.
    »Lockeres Hufeisen«, sagte ich und glitt von seinem Rücken.
    Ich hatte noch nie zuvor ein loses Eisen selbst entfernt, aber auf Ausritten in die Wälder wächst man eben manchmal
über sich selbst hinaus. Und man lernt, indem man einfach etwas ausprobiert. So wie mit dem Anhänger.
    Also holte ich einen Hufkratzer aus meiner Satteltasche und löste mit mehr Kraft als Geschick das Eisen vom Huf. Mein Pferd schien erleichtert. Und wieder spürte ich ganz deutlich die Berge.
    Ich führte es im Kreis herum und sah, dass der Huf empfindlich war. Anstatt wieder aufzusitzen, führte ich es also aus dem Wald heraus, weil ich nicht wollte, dass es lahmte. Ich brauche mein Pferd schließlich fürs Ausreiten – zumindest bis der Schnee kommt und dieser lange Sommer endlich zu Ende geht.
    Plötzlich kam mir in den Sinn, meinen Hufschmied zu bitten, ihm alle Eisen abzunehmen. Das tun inzwischen viele Pferdebesitzer. Es ist wie Barfußgehen. Dann bildet sich mit der Zeit eine feste Hornschicht am Huf. Ich habe mich diesen Sommer über so ähnlich gefühlt: barfuß. Und das war eine gute Erfahrung.
    »Wildpferde brauchen auch keine Eisen«, sagte ich zu meiner Freundin. »Ich wette, es nervt sie auch, die ganze Zeit mit diesen Dingern zu laufen.«
    Ich hielt das Eisen hoch und musste über das Glückssymbol lächeln. Das ein Pferd gleichzeitig aber auch fesselt. Ohne hat es die Chance, offen und frei zu sein. Wie es dem eigenen Wesen entspricht.
    Zu Hause angekommen, hängte ich das Hufeisen mit der Öffnung nach oben an einen alten Nagel auf unserer Veranda.
    Drinnen zog ich meine Stiefel aus und erzählte meinen Kindern von dem Ausritt. Davon, wie toll es ist, sein Pferd mal an einen ganz neuen Ort mitzunehmen. Dass es meinem Pferd auch gefallen zu haben schien, denn es hatte munter Luft geholt und kräftig geschnaubt. Ich berichtete von dem
malerischen Flussbett, wo wir alle getrunken hatten. Von Espen- und Birkenwäldchen. Elchspuren. Eigentlich war der Ausflug bis auf das verlorene Eisen eher unspektakulär gewesen.
    Zum Abendessen machte mein Mann uns Buffalo Burger. Er reichte mir einen Teller und schien auf seinen perfekten Medium-rare-Burger ebenso stolz wie auf seine kompetente pferdeverständige Frau. »Und du hast das Eisen selbst abgekriegt?«, sagte er lächelnd.
    Ich erkannte den Ton und erwiderte: »Deine Burger sind einfach immer perfekt. Was ist denn dein Trick dabei?« Lob für Lob. Eine gute Ausgangsbasis.
    Daraufhin hielt er uns einen langen Vortrag über den perfekten Burger. (Der Trick ist übrigens folgender: Man dreht den Burger erst um, wenn der Saft in Bläschen austritt. Dann wird er gewendet und auf der anderen Seite nur noch kurz gebraten.)
    Wir bettelten alle um Popcorn zum Nachtisch, weil er auch das perfekt beherrscht. Wir wollten, dass er sich gut fühlte.
    Am selben Abend im Bett sagte ich: »Danke, dass du mir mit dem Trailer
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