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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel
Autoren: Karen Keskinen
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Mit einem Nicken deutete sie auf den Hammer in seiner Hand.
    Danny blickte zu einer Pastellkreidezeichnung an der Wand. »Hab das aufgehängt.«
    »Wow – bin das etwa ich?«
    Er studierte das Porträt. »Ja«, sagte er leise. »Das bist du.«
    »Das ist viel zu schön.«
    Sichtlich verwirrt blinzelte er sie an. »Aber so … so siehst du aus.«
    »Schön wär’s.« Lili lachte. »Aber danke. Danke, dass du mich gezeichnet hast und mich so hübsch aussehen lässt.«
    »Ich habe daran gearbeitet, wenn niemand in der Nähe war. Ungefähr zwei Wochen lang.« Danny fummelte an seiner alten Baseballkappe herum. Santa Barbara High School Dons . Der einst kastanienbraune Stoff war inzwischen fast grau, der Rand dort, wo er die Mütze vermutlich schon tausendmal vom Kopf gehoben hatte, fettig.
    Lili hatte ihn noch nie ohne seine Mütze gesehen. Er war First Baseman gewesen, und irgendein Typ hatte ihr einmal erzählt, Danny Armenta wäre der beste Schlagmann gewesen, den die Dons je hatten. Aber das war zwei Jahre her.
    In seinem letzten Schuljahr hatte er überraschend die Schule geschmissen. Annähernd sechs Monate lang schien er ernsthaft verwirrt zu sein, und dann – mit achtzehn – hatte er vollends den Boden unter den Füßen verloren. Übergeschnappt , hatten die anderen Jugendlichen geflüstert.
    Übergeschnappt. Ein beängstigender Begriff. Ein Begriff, der nicht zu ihm passte, soweit es Lili betraf. Und das würde sich auch nie ändern.
    »Ich muss raus aus meinem Kostüm. Aber danach, was hältst du davon, mit mir zusammen in den Park zu gehen? Sie spielen Musik, es gibt Essen, und da sind massenweise Leute …« Aber sie sah, wie sich Dannys Züge spannten. Lärm und massenweise Leute – nicht gerade das, was ihm besonders gefiel, wie ihr bewusst wurde. Ganz und gar nicht.
    »Äh … ich möchte lieber hierbleiben.« Er griff nach einem Stück kürbisfarbener Kreide und rieb sie gereizt an seinem Handrücken. »Okay?«
    »Klar ist das okay. Pass auf, ich gehe in die Garderobe. Wenn ich fertig bin, komme ich wieder und sage auf Wiedersehen.« Dann tat Lili etwas, das sie noch nie getan hatte: Sie drückte Danny einen schwesterlichen Kuss auf die Wange.
    Er wich einen Schritt zurück und wandte den Blick ab. Aber sie nahm es nicht persönlich. Sie wusste, dass er Probleme damit hatte, wenn jemand ihn berührte, selbst wenn es nur eine Hand auf seinem Arm war.
    Die Garderobentür gab das übliche klägliche Jaulen von sich, als Lili sie öffnete. An diesem Nachmittag wirkte der Raum mit der hohen Decke und all den offenen Nischen, aus denen die Kostüme vergangener Sonnenwendfeiern geradezu herauswogten, gespenstig. Das einzige Fenster, dessen Scheibe aus drahtgitterverstärktem Milchglas bestand, war offen, und eine sanfte Brise strömte in den Raum und brachte Bewegung in die Luft. Eine gute Idee, wie sie fand; in der Garderobe roch es stets ziemlich muffig.
    Lili schloss die Tür hinter sich und stellte sich noch ein letztes Mal vor den Spiegel. Daphne  … Wieder bewunderte sie ihre seidene, goldene Haut, die blitzenden Augen. Beinahe ein Jahr lang hatte sie sich heimlich gewünscht, sie würde die Daphne sein. Und dann war das unfassbare Wunder geschehen: Sie war ausgewählt worden. Von diesem Moment an war alles perfekt gewesen … abgesehen von letzter Nacht.
    Sie wandte sich vom Spiegel ab. Beeil dich, zieh dich um, geh zurück in den Park und amüsier dich , befahl sie sich in Gedanken. Das ist dein großer Tag, lass ihn dir nicht durch irgendwas verderben .
    Lili nahm ihre Alltagskleidung aus dem Spind, trug sie hinter den Paravent und legte sie auf einen alten Holzstuhl. Zum letzten Mal streifte sie die belaubten Handschuhe ab und drapierte sie auf dem Stuhlrücken, ehe sie vorsichtig die diversen Lagen silbernen Netzstoffs über ihren Kopf schob. Dann faltete sie den Stoff zusammen, platzierte ihn unter den Handschuhen und fing an den Armen an, sich aus dem Bodystocking zu schälen, erst links, dann rechts.
    Das Elastangewebe war eng, und sie arbeitete sich langsam voran und achtete darauf, dass sich die Maschenware nicht an ihren funkelnden, goldenen Fingernägeln verfing. Sie rollte den Stocking am Körper hinab zur Taille und weiter zu den Hüften und schließlich zu den Knien.
    Dann streckte sie eine Hand nach dem Stuhl aus, um das Gleichgewicht zu halten – und erstarrte, als sie ein scharfes Klicken hörte.
    »Hallo? Wer ist da?«, rief sie mit zitternder Stimme.
    Sie erhielt keine
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