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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel
Autoren: Karen Keskinen
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Antwort und kam sich albern vor. Das alte Gebäude erwärmte sich eben in der Sonne, und das war alles. Erneut bückte sie sich und streckte die Hand zu ihrer Wade aus.
    »Hure!«
    Starke Arme umfassten Lili von hinten. Sie schrie, und etwas Sprödes wurde ihr gewaltsam in den Mund geschoben. Heftig biss sie zu, bohrte die Zähne in raues, schmutziges Leder.
    »Du dreckige Schlampe.«
    Vor Furcht erschlaffte Lili, und in diesem Moment wurde sie mit dem Gesicht voran auf den Betonboden gestoßen. Ihre Nase wurde gequetscht und fing heftig zu bluten an. Keuchend schnappte sie nach Luft, sog dabei Blut ein und verschluckte sich daran. Schließlich sammelte sie all ihre Kraft, presste das Leder aus dem Mund und schrie erneut. Aber als sie noch versuchte, sich auf die Knie zu stemmen, ließ ihr Angreifer sich mit seinem ganzen Gewicht auf ihren Rücken fallen.
    Nun kämpfte Lili mit allem, was sie hatte, aber ihre Beine waren immer noch in dem Bodystocking gefangen, und das erstickende Gewicht, das sie niederdrückte, wog viel schwerer als sie selbst. Etwas glitt um ihren Hals und zog sich langsam zu – Nein, nein – sie wollte nicht – wollte nicht – Bitte, hilf mir, lieber Gott!
    »Spürst du das? Tu, was ich sage, oder ich bring dich um« , zischte er ihr ins Ohr. »Und jetzt halt deinen dreckigen Mund.« Sein Atem strich heiß über ihre Wange.
    Er war es also wieder. Er war es tatsächlich. Verblüfft, geradezu versteinert, erstarrte Lili. Sie wusste, er würde sie vergewaltigen. Aber sie würde es überleben. Sie würde am Leben bleiben. Sie hörte seinen schweren Atem, als er an seiner Hose herumfummelte …
    Lieber Gott, klopfte da jemand ans Fenster?
    Sie versuchte zu schreien, aber die Schnur schnitt sich in ihren Hals. Nur ein kaum wahrnehmbares Gurgeln entrang sich ihrer Kehle.
    Wieder hörte sie das leise Pochen. Sie lauschte angestrengt, betete … versuchte zu rufen … und das Pochen wurde leiser.
    »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst still sein? Hab ich dir nicht gesagt, du sollst tun, was ich dir sage, oder du stirbst?« Er flüsterte direkt in ihr Ohr, flüsterte wie ein Liebhaber aus der Hölle, während sich die Schlinge weiter zuzog.

Kapitel Zwei
    Ich schlängelte mich mit meinem Fahrrad durch das Strandgut, das die vergangene Nacht zurückgelassen hatte: Cascarones, Konfetti, Pfützen bonbonfarbener Kotze. Es war der Morgen nach der Sonnenwende, und ich hatte es geschafft, dem frivolen Treiben zu entgehen. Mit siebenunddreißig war ich inzwischen wohl zu alt, um dem Sirenengesang zu erliegen.
    Gemächlich umrundete ich eine Ecke, hielt vor der West Mission Street 101 und hob das Schwinn, dessen blaue Farbe längst verblasst war, über den Bordstein und die Stufen hinauf zu der Bungalowanlage aus den 1930ern. Vor zwei Jahren, als ich meinen Laden aufgemacht hatte, hatte ich ein glänzendes Messingschild an die der Straße zugewandte Tafel geschraubt: JAYMIE ZARLIN , SANTA BARBARA INVESTIGATIONS  – SUITE D . Dank der salzhaltigen Luft war das Schild schon jetzt angelaufen.
    Ich schob das Fahrrad den mit Muschelsplittern bedeckten Weg hinunter zur Rückseite des Gebäudes. Die West Mission 101 war in den Sechzigern als Ansammlung winziger Büros zu neuem Leben erweckt worden, moderte aber nun vor sich hin, und der Putz blätterte von den Wänden. Schimmernde Termitenwolken füllten nach jedem warmen Regen den Hof. Aber die Miete war gering und noch geringer, wenn man die Verzichtserklärung unterzeichnete.
    Aber nicht gering genug. Und heute schwor ich mir, ich würde mich um die Abrechnung kümmern – soweit es etwas abzurechnen gab – und die Suppe auslöffeln.
    »Schon mal was vom frühen Vogel gehört?«
    Wie angewurzelt blieb ich stehen. Auf der obersten Stufe vor Suite D hockte eine kleine, mollige Mexikanerin in einem Trainingsanzug, grellpink mit Silber und Schwarz abge setzt. »Jaymie Zarlin?«, fragte sie. »Santa Barbaria Investigations?«
    Barbaria? War das ein Witz? »Santa Barbara Investigations«, korrigierte ich.
    »Sicher?« Die Frau, irgendwo um die fünfzig, legte eine Hand in den Lendenwirbelbereich und verzog das Gesicht, als sie sich erhob. Dann griff sie in ihre Hosentasche und entnahm ihr mit einiger Mühe mit zwei Fingern eine zerknickte Karte, die sie mir vor die Nase hielt. »Ihre Augen. Die haben zwei verschiedene Farben.«
    »Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war es so«, stimmte ich zu, lehnte das schwere alte Rad an meine Hüfte und las den
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