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Ein schmutziges Spiel

Ein schmutziges Spiel

Titel: Ein schmutziges Spiel
Autoren: Karen Keskinen
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hervor und stellte sie vor ihr auf den Schreibtisch. »Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
    »Tut mir leid.« Sie riss ein Taschentuch aus der Packung und trompetete hinein. »Schätze, ich musste einfach mal loslassen.«
    »Wann immer Sie soweit sind.«
    »Okay, ich bin soweit. Ich bin wegen meiner kleinen Schwester hier, Alma Armenta. Und wegen ihres Jungen, Danny. Aber vor allem wegen Alma.« Sie atmete tief durch. »Sehen Sie, ich habe meine Brüder und Schwestern großgezogen. Ich hatte sechs, aber einer ist tot. Alma war die Kleinste, die Süßeste. Und dann hat sie sich in einen miesen Kerl verliebt, und ich konnte nichts dagegen tun. Sie hat ein paar wirklich schlimme Jahre hinter sich …«
    Die Erzählung geriet auf Abwege. »Geht es um ihn, Ms Gutierrez? Um den miesen Kerl?«
    »Nennen Sie mich Gabi. Nein, der ist lange weg, gracias a Dios «, verkündete sie finsteren Blicks. »Alma hatte drei Kinder mit ihm, bis sie sich endlich von ihm befreit hat. Chuy, Aricela und Danny. Danny ist der Älteste, er ist achtzehn. Meine Schwester sagt, er ist krank. Für mich ist er einfach verrückt. Loco! « Das Wort sauste durch den kleinen Raum wie ein Flummi.
    Ich räusperte mich. Verrückt, loco  – ich verabscheute diese Begriffe. »Also geht es um Ihren Neffen, der geistig behindert ist?«
    Gabi Gutierrez schwieg und starrte ins Nichts. Als sie mir schließlich in die Augen blickte, sah ich, dass ihr Ärger verflogen und nur Trauer zurückgeblieben war. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Danny war ein toller Junge. Früher war er mein Lieblingsneffe. Aber ich … ich weiß einfach nicht, ob er es womöglich wirklich getan hat.«
    Ich schob meinen Stuhl zurück und trat ans Fenster. Der Teufelsvogel entdeckte mich und streckte mir seine spitze schwarze Zunge heraus.
    »Schauen Sie, Ms … Gabi«, sagte ich und kehrte zurück zum Schreibtisch. »Ich nehme an, Deputy Dawson hat Ihnen nicht gesagt, womit ich mich beschäftige. Ich stelle Nachforschungen an und ermittle nicht bei Straftaten. Im Grunde suche ich nur vermisste Personen. Wenn Ihr Neffe also nicht vermisst wird, dann fürchte ich, Sie haben sich die falsche Person ausgesucht.«
    »Nein!« Gabi sprang auf, ihre Handtasche kippte um und ein Haufen Zeug fiel auf den Boden: eine Schere mit purpurnem Griff, ein rosarotes Handy, ein dickes Bündel Gutscheine, zusammengehalten von einer Geldklammer.
    »Sie sind die richtige Person, das weiß ich. Hören Sie mir zu: Danny … es heißt, er hätte ein Mädchen getötet! Zwei andere Jugendliche haben ihn gestern entdeckt, als er blutverschmiert neben der Leiche saß. Das Opfer war Lili Molina, ein gutes Mädchen und Dannys Freundin. Vielleicht seine einzige Freundin. Ich glaube, dass Danny keiner Fliege was zuleide tun würde, aber was weiß ich schon? Er ist … er ist jetzt geistig behindert . Und das bringt meine Schwester beinahe um. Sie ist völlig überfordert. Alma kann nicht mehr. Ständig verkriecht sie sich im Bett.«
    »Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen.« Mir war der Schweiß ausgebrochen, ich kam mir schon ganz matschig vor. »Aber Dawson hätte Ihnen meine Karte gar nicht geben sollen. Ich habe noch nie in einem Mordfall ermittelt – das übersteigt meine Kompetenzen.« Was nicht ganz stimmte. Ich hatte in zwei Mordfällen ermittelt. Im Auftrag der Familien von geistig behinderten Opfern. Aber das hier war etwas anderes, nicht wahr?
    »Es tut mir leid, Gabi. Passen Sie auf, ich kann Ihnen die Namen einiger Anwälte geben, die Ihnen vielleicht helfen können. Und wenn nicht, dann können die Ihnen jemand anderen empfehlen.«
    »Hören Sie doch auf. Glauben Sie etwa, Alma hat Geld für einen Anwalt?« Gabi erhob sich und richtete sich zu ihren ganzen eineinhalb Metern auf. »Sie ist Putzfrau, genau wie ich.«
    »Nun ja, es gibt auch noch Pflichtverteidiger …«
    »Sie kapieren es nicht. Jeder mit Ausnahme von Alma hält Danny für schuldig. Vor allem die Bullen! Kein Pflichtirgendwas wird ihm helfen. Sogar ich bin unsicher.« Sie reckte mir die Hände entgegen, die Handflächen nach oben gewandt. »Ich will die Fakten, mehr verlange ich nicht.«
    »Es tut mir leid, wirklich.« Ich ließ mich wieder auf meinen Stuhl fallen. »Aber ich würde Sie nur irreführen, wenn ich das übernehme. Mit so etwas habe ich keine Erfahrung. Womöglich würde ich Ihrem Neffen noch mehr schaden.«
    »Wissen Sie, warum mir der … dieser Sheriff … Ihre Karte gegeben hat? Er hat gesagt, Sie würden mir
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