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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer
Autoren: Daniela Frenken
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an. Die, die ihn vorhin so gemustert hatte, hatte ihre braunen Haare im Nacken zu einem Zopf gebunden. Sie war mittelgroß, ein wenig rundlich und hatte ein unscheinbares Gesicht, welches jetzt gerade zu einer angewiderten Miene verzogen war. Die Schwester war ein wenig kleiner, hatte blonde Haare und ansprechende Züge. Selbst jetzt, als sie ihn entsetzt ansah, konnte man das erkennen. Die Mutter war ein Schlachtschiff und wog bestimmt mehr als ihre beiden Töchter zusammen. Und die alte Frau sah aus wie ihr Sohn, nur dass sie Brüste hatte. Als sie ihn dabei ertappte, dass er sie musterte, sah er schnell wieder auf seinen Teller.
    „Da, habt ihr das gehört?“ , unterbrach Luise das Schweigen am Essenstisch. „Das Gewitter kommt näher. Ich hör es schon donnern. Wo nur der Otto bleibt?“ Besorgt sah sie aus dem Fenster. „Und regnen tut es auch schon.“
    „Oje, hoffentlich komm ich heute noch nach Hause“, jammerte Sofia.
    „Da wirst du Pech haben, Sofia“, sagte Hermann. „Da zieht ein richtiges Unwetter auf. Es war vorhin schon pechschwarz am Himmel.“
    „Und der Junge ist immer noch nicht hier. Ob ich ihn suchen gehe?“ Luise sah wieder unschlüssig aus dem Fenster.
    „Ach, Unsinn. Er ist bestimmt noch bei Klaus geblieben, der Junge ist doch nicht dumm.“
    „Hermann, machst du dir den gar keine Unruhe? Da! Es fängt noch fester an. Sie h nur, wie es stürmt.“
    „Luise“, fuhr Hermann auf, „du machst wieder Land und Leute verrückt, für nichts und –.“
    „Gott sei Dank!“, rief Luise da, als plötzlich die Türe aufging und ein pitschnasser Otto das Esszimmer betrat. „Aber wie siehst du nur aus. Pitschnass. Morgen bist du krank.“ Sie sprang auf und fasste den Jungen am Arm. „Komm mit. Du musst sofort aus den nassen Sachen raus.“
    „Luise, mach nicht so ein Theater. Es ist brütend warm draußen. Setz dich wieder hin und iss zu Ende.“
    „Du hast leicht reden, Hermann. Du hast ja nicht die Arbeit, wenn der Junge krank wird“, rief sie über die Schulter, während sie ihren Sohn aus dem Zimmer zerrte. „Und du kommst mir nicht mehr raus zum Spielen, wenn ich mich deinetwegen so sorgen muss“, schimpfte sie ihren Sohn aus. „Nicht mal in Ruhe essen konnte ich jetzt deinetwegen.“
    Als Luises nörgelnde Stimme immer leiser wurde und schließlich verklang, rieb sich Hermann müde die Augen. „Was ich hier immer mitmache.“ Seufzend nahm er seine Gabel wieder auf.
    „Und, Robert, du bist nicht aus der Gegend, oder?“, erklang plötzlich Sofias Stimme.
    Robert sah auf. „Was?“
    Sofia hob eine Augenbraue. „Ich hatte gefragt, ob du aus der Gegend kommst.“
    „Nein.“
    „Und woher kommst du?“
    „Aus dem Süden .“
    Als offensichtlich wurde, dass keine weitere Angabe folgen würde, seufzte Sofia genervt und musterte ihn von oben herab.
    Robert biss bei ihrer überheblichen Art ärgerlich die Zähne zusammen.
    „Und was hat dich in unsere Gegend verschlagen?“ Sie sah ihm ins Gesicht, und ihre Schwester folgte ihrem Blick. Nervös drehte Robert die Gabel in seiner Hand. „Ich brauchte Arbeit“, antwortete er schließlich knapp. Warum mussten sie ihn so ansehen? Sie starrten plötzlich auf seine verkrüppelte Hand, und langsam legte er die Gabel ab und zog die Hand unter den Tisch. Er hatte sich doch bisher ganz normal verhalten, oder?
    „Und bei dir zu Hause hast du keine finden können?“
    „Was?“ , grollte er. Was hatte sie ihn gefragt? Langsam brach ihm der Schweiß aus.
    „Arbeit, meine ich“, fügte sie übertrieben lächelnd hinzu.
    „Nein.“
    „Sofia, du wirst wohl hierbleiben müssen, heute“, unterbrach ihr Vater das Gespräch.
    Robert atmete langsam aus.
    „Sieh dir den Sturm an, und das Ende Juni“, erklärte Hermann.
    Sofia gab ihre Befragung auf und antwortete ihrem Vater: „Das wird dem Georg aber gar nicht recht sein. Außerdem wartet er sicher auf mich.“
    „Es wird ihm noch weniger recht sein, wenn du vom Baum erschlagen wirst oder dich der Blitz trifft. Und wenn er eine Minute seinen Verstand benutzt, wird er sich denken können, dass wir dich bei diesem Wetter nicht mehr nach Hause gehen lassen.“ Mit diesen Worten erhob er sich vom Tisch.
    „Da sind wir wieder.“ Luise schob einen trockenen Otto in den Raum. „Seid ihr schon fertig mit dem Essen?“, fragte sie enttäuscht, als sie sah, dass ihr Mann nicht mehr am Tisch saß.
    „Soll das ein Witz sein, Luise? Ich hab schon gedacht, du hättest dich verlaufen, so lange
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