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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer
Autoren: Daniela Frenken
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Waldstreifen. Hier kam keiner zufällig vorbei. Wenn er Glück hatte, würde ihn hier keiner außer der Bauernfamilie zu Gesicht bekommen. Robert atmete tief ein. Langsam beruhigte er sich wieder. Hier dürfte er doch bestimmt fürs Erste sicher sein. Er musste sich nur ruhig und friedlich verhalten. Robert schob sich die dunklen Haare aus der Stirn und seufzte. Hoffentlich würde alles gut gehen. Doch dann verengte er grimmig die Augen. Wenn er auf die siebenundzwanzig Jahre seines bisherigen Lebens zurückblickte, glaubte er eigentlich nicht daran. Er richtete sich wieder etwas gerader auf und sah den alten Nessel, beladen mit Päckchen und Arbeitsgerät, auf sich zu kommen.
    „So, hat eine Weile gedauert, aber da bin ich wieder. Du hast ja schon tüchtig was geschafft, wie ich sehe.“ Anerkennend sah Hermann auf die Reihe Kartoffeln. „Und hier hab ich unser Mittagessen.“ Er hob das Päckchen hoch. „Komm, setzen wir uns hin.“
    Robert setzte sich fügsam und nahm das angebotene Butterbrot. Hastig biss er hinein und hätte das Sauerteigbrot am liebsten komplett in seinen Mund gestopft. Er stand kurz davor, genau dies auch zu tun, als ihm gerade noch einfiel, dass er nicht länger alleine war. Er schluckte den ersten Bissen hinunter und zwang sich, nicht allzu gierig zu essen.
    „Wie viele Männer arbeiten noch für Sie, wenn ich fragen darf?“, wollte er wissen.
    „Keiner. Und normalerweise müssten wir auch nicht so schuften. So viel Land hab ich nicht. Knapp 25 Morgen. Früher habe ich das alles alleine geschafft, aber ich hab es mit dem Herzen, und der Arzt sagt, ich dürfe nicht mehr so viel arbeiten. Zuerst hab ich gedacht, lass ihn mal reden, aber dann hab ich gemerkt, dass ich es wirklich nicht mehr kann. In den letzten Wochen hat die ganze Familie doppelt so viel geschuftet wie früher, aber trotzdem war es nicht zu schaffen. Ich hing mit dem Heu hinterher, die kleine Wiese hab ich jetzt weg , die größere muss warten. Jetzt sind die ersten Kartoffeln überfällig und die Kirschen, das Korn ist auch bald reif“, Hermann winkte ab, „und das ist erst der Anfang.“ Er atmete erschöpft aus. „Tja, so ist das.“ Er zögerte. „Ich weiß gar nicht, warum ich das alles einem Wildfremden erzähle“, beendete er kopfschüttelnd seinen Monolog und biss in sein Brot.
    Robert sah den schmächtigen Mann an seiner Seite an. Besonders gesund sah er wirklich nicht aus. Eher abgezehrt. Jetzt wusste er auch, warum er so bereitwillig eingestellt worden war. Aber das Warum konnte ihm herzlich egal sein. Hauptsache, er hatte die Arbeit bekommen.

Kapitel 2
     
     
    Sofia legte den zusätzlichen Teller auf und sah ihre Schwester an. „Gott sei Dank, dass Vater jetzt doch noch jemanden gefunden hat. Noch länger hätte ich nämlich nicht mehr herkommen können. “ Sie senkte ihre Stimme „Ich hab es Mama ja heute Mittag nicht gesagt, aber Georg ist ganz und gar nicht damit einverstanden, dass ich in der letzten Zeit so häufig hier war.“
    „Sag bloß.“ Gar nicht überrascht verteilte Katrin weiter das Besteck.
    „Aber ja. Georg sagt, ich wäre jetzt seine Frau und meine Pflichten lägen jetzt nicht länger bei euch. Außerdem würde es sich nicht schicken für eine Winter, dass sie wie ein Schwein im Dreck wühlt. Und da muss ich ihm Recht geben, Katrin. Stell dir vor, was das für einen Eindruck macht, wenn ich den Kunden mit solchen Händen“, sie hielt Katrin ihre rauen Hände entgegen, „die Waren über die Theke reiche. Aber das Problem ist ja jetzt aus der Welt geschafft, wo Papa den Polen eingestellt hat.“
    „Woher weißt du, dass er Pole ist?“ , fragte Katrin verblüfft, beide Hände in der Besteckschublade.
    „Er kann nur ein Pole sein“, klärte ihre Schwester sie auf. „Denn Georg hat heute Morgen noch zu mir gesagt, dass Papa wohl nie einen Helfer finden wird, denn alle jungen Männer gehen jetzt in die Städte, um dort in den ganzen neuen Fabriken zu arbeiten. Keiner will mehr auf den Feldern arbeiten. Es gibt kaum noch Männer, die als Erntehelfer schaffen wollen. Also muss man sich die Arbeitskräfte woanders her holen. Aus Polen eben.“ Sofia schloss ihren Vortrag mit einem Nicken.
    „Der Georg ist aber auch zu gescheit.“
    „Warum hab ich nur den Eindruck, dass du mal wieder das Gegenteil von dem sagst, was du meinst?“
    „Es ist nur so, dass es nichts gibt, vom dem dein Mann nicht meint, drüber Bescheid zu wissen. Der hat doch zu allem was zu sagen.“
    „Und er
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