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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer
Autoren: Daniela Frenken
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Katrin, wie Oma Mine sich bekreuzigte. Der Fremde näherte sich zögernd seinem Stuhl und Katrin schauderte. Sie hatte noch nie so eine hässliche Gestalt gesehen.
    „Was ist? Seid ihr alle festgewachsen?“, ließ ihr Vater ärgerlich verlauten. „Luise, wo bleibt das Fleisch, wir haben Hunger“, rief er noch etwas lauter in Richtung Küche, wo die Hausherrin wohl um Fassung rang.
    Oma schlurfte schließlich mürrisch los, und Sofia und Katrin folgten ihr an den Tisch.
    „Wo ist denn der Junge?“ Hermann sah fragend auf den leeren Stuhl.
    „Das möchte ich auch gerne wissen.“ Luise knallte die Platte mit dem Fleisch vor ihrem Mann auf den Tisch. „Er sollte schon längst wieder hier sein. Heute Mittag is t er zu Klaus spielen gegangen.“
    „ Hoffentlich kommt er bald, da draußen braut sich ein ganz schönes Unwetter zusammen. Kein Wunder, bei dem schwülen Wetter.“
    „Ihr lasst dem Jungen viel zu viel durchgehen. Acht Jahre alt, und kommt und geht wann er will“, meldete sich Oma Mine zu Wort.
    „Wenn er zu spät zum Essen kommt, kriegt er heute eben nichts mehr. Das ist Strafe genug, Mine“, antwortete Luise ihrer Schwiegermutter. Nach einem kurzen Blick auf das zerlumpte Geschöpf an ihrer Tafel ließ sie sich ermattet auf ihrem Stuhl nieder.
    Katrin warf ihrer Mutter einen mitleidigen Blick zu. Der Schreck war Mama in die Glieder gefahren, aber zum Glück nicht auf den Magen geschlagen, denn sobald Papa das Tischgebet gesprochen hatte, schaufelte sie sich reichlich von allem auf ihren Teller, und nachdem sie einige Bissen gekostet hatte, schien sie sich ein wenig zu beruhigen.
    Das konnte Katrin von sich nicht behaupten. Sie saß dem Fremden gegenüber, so konnte sie ihn ungehindert betrachten. Seine kurzen, dunklen Haare sahen aus, als hätte er sie selber in aller Eile mit einem stumpfen Messer abgeschnitten. Er hatte hervorstehende Augenbrauen, unter denen einen kalte Augen anstarrten. Welche auch noch unterschiedlicher Farbe waren, wie Katrin erstaunt feststellte. Das eine war ein klares Hellgrün, das andere irgendein verwaschenes Graublau, es sah merkwürdig aus. An der linken Seite seines Gesichtes hatte er ein großes rotes Mal, welches sich von der Schläfe bis zum Kiefer zog. Und als hätte es die Natur nicht schon schlecht genug gemeint, hatte jemand noch nachgeholfen, um sein Aussehen zu vervollkommnen: Direkt am linken Augenwinkel begann eine Brandnarbe, die sich über die komplette Schläfe zog. Er hatte schmale Lippen und einen starken Kiefer und er sah brutal und bedrohlich aus. Zu guter Letzt hatte er einen schlimmen Sonnenbrand im Gesicht, der fast so dunkelrot war wie sein Mal. Die Haut schälte sich an manchen Stellen schon ab. Unbewusst verzog Katrin angewidert den Mund. Sie war gerade dabei, den Rest seiner Erscheinung zu betrachten, um auch die anderen abstoßenden Merkmale zu erkunden, von denen sie jetzt schon sicher war, dass es sie gab, als ihr bewusst wurde, dass er ihre Blicke bemerkt hatte. Schnell schaute sie woanders hin und stellte fest, dass sie nicht die einzige war, der der Fremde zu schaffen machte. Sofia, die das Pech hatte, neben ihm zu sitzen, ging es augenscheinlich nicht anders. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu schließen roch Kalters Kleidung genauso, wie sie aussah. Und Oma, die sonst immer etwas zu nörgeln hatte, starrte mürrisch und eisern schweigend auf ihren Teller.
     
    Robert fühlte sich mehr als unbehaglich. Was würde er darum geben, allein essen zu können. Das plumpe Bauernmädchen musterte ihn so angewidert, dass es bestimmt keinen Bissen mehr runter bekam. Wer konnte ihr das verübeln. Dass die Leute seinem Gesicht komische Blicke zuwarfen, das war er gewohnt. Aber er schämte sich, so ungepflegt und verlottert zwischen diesen Leuten sitzen zu müssen. Er versuchte, sich an seine Tischmanieren zu erinnern, die er früher einmal besessen hatte. Es war viele Jahre her, dass er in Gesellschaft gegessen hatte, überhaupt mit anderen Leuten an einem Tisch gesessen hatte, und er hoffte, dass er diese beschämende Tatsache vor ihnen verbergen konnte.
    Robert besah sich die leckeren Speisen auf dem Tisch. So nervös, wie er war, bezweifelte er, überhaupt etwas runter zu bekommen, obwohl er Hunger bis unter die Arme hatte. Er nahm sich von allem etwas, nicht sehr viel, denn er wollte nicht gierig erscheinen, und schob sich eine Kartoffel in den Mund. Langsam kaute er und sah sich dabei, möglichst unauffällig wie er hoffte, diese Menschen genauer
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