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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer
Autoren: Daniela Frenken
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umschaut. Irgendjemand wird doch wohl eine Arbeitskraft brauchen.“
    „Also schön“, keifte Pedders und schlug sich genervt seinen Spüllappen gegen den Oberschenkel. „Hinter der Kirche die linke Straße lang. An der Abzweigung  die Pappelallee runter Richtung Felder, und da laufen Sie mal einige Kilometer. Irgendwann kommen Sie zum Hof der Nessels. Da könnten Sie Glück haben. Und jetzt raus hier.“
    Johann sah dem eigenartigen Gesellen hinterher, als dieser die Kneipe verließ. Sollte sich Hermann Nessel doch mit ihm rumschlagen. Hauptsache er, Johann, wäre ihn los.
     
    Robert blieb stehen und kniff die Augen zusammen, als ihm für einen Moment schwindlig wurde. Er lief jetzt schon bestimmt zwanzig Minuten durch Rüben-, Kohl-, Getreide-, und Kartoffelfelder. Vor einer Weile kam er an einem Hof vorbei, doch als er nachgefragt hatte, wurde ihm gesagt, zum Nessel-Hof, da müsse er noch ein Stückchen weiter gehen. Das Stückchen kam ihm vor wie ein Tagesmarsch. Die Sonne brannte unbarmherzig auf ihn nieder, und obwohl es nicht einmal Mittag war, herrschte eine Gluthitze. Wieder wurde ihm schwindlig und er fragte sich, ob er vielleicht einen Sonnenstich hatte. Sein schmerzender Kopf fühlte sich an wie in Watte gehüllt und sein Gesicht brannte wie Feuer. Hatte er an seinem ersten Tag in Freiheit noch glücklich sein Gesicht zur Sonne empor gereckt, wurde er rasch eines Besseren belehrt. Nach sieben Jahren dunklem Keller hätte er sich lieber im Schatten gehalten. Wieder hielt er in seinem Schritt inne. Er durfte jetzt auf keinen Fall schlapp machen.
    Robert schluckte, um die aufkommende Übelkeit zu vertreiben. Verdammt, eigentlich behagte es ihm ganz und gar nicht, jetzt hier für einige Zeit bleiben zu müssen. Er war jetzt seit einigen Tagen immer Richtung Norden gezogen, das letzte Stück heimlich auf einem Schiff den Rhein runter. Jetzt befand er sich am Niederrhein, und den hätte er gern so schnell wie möglich hinter sich gelassen. Für seinen Geschmack befand er sich immer noch zu nah an seiner Heimatstadt. Sein Geburtsort lag zwar beinahe hundert Kilometer entfernt, aber die Gegend hier sah ihm sehr ähnlich, und das behagte ihm nicht. Warum er gerade in diese Richtung marschiert war, wusste er selbst nicht. Er war so erpicht darauf gewesen, von der Anstalt wegzukommen, dass er einfach immer nur weitergelaufen war. Zu Fuß war er nur langsam vorangekommen, bis er sich auf einem Schiff versteckt hatte. Als er von Bord gehen musste, weil man ihn beinahe entdeckt hatte, passte ihm das gar nicht, denn er hatte vorgehabt, bis zur Nordsee zu kommen. Also hatte er sich wieder zu Fuß auf den Weg gemacht. Doch in den letzten Tagen hatte er es gerade zweimal gewagt, etwas aus einem Garten zu stehlen, und was er hatte ergattern können, war nicht gerade üppig gewesen. Er musste unbedingt was Anständiges zu beißen bekommen, sonst würde er nicht mehr weit kommen, war es ihm durch den Kopf gegangen. Als ihm dann heute Morgen auch noch ein Polizeisergeant entgegengekommen war und er erschrocken in eine Seitengasse geflüchtet war, weil er keine Lust hatte, wegen Landstreicherei eingebuchtet zu werden, da hatte er beschlossen, erst einmal irgendwo Arbeit zu finden. Nur so lange, bis er ein paar vernünftige Mahlzeiten zu sich genommen hatte und zur Ruhe kommen konnte. Dann würde sein Kopf hoffentlich auch wieder klarer werden, und er konnte in Ruhe überlegen, was er als Nächstes tun sollte.
    Er nahm seinen Weg wieder auf, und nach einer Weile sah er am Rande eines Wäldchens eine einsame Gestalt auf einem Kartoffelacker stehen. Es war ein kleiner, hagerer, älterer Mann, dem die Kleidung beinahe so um den Leib schlotterte wie ihm selber.
    Robert rieb sich nervös die feuchten Handflächen an seiner Hose ab. Er betete, dass er jetzt keinen Fehler machen würde. Ein Gespräch zu führen hatte noch nie zu seinen Stärken gehört, und in den letzten sieben Jahren hatte er sich mit niemandem mehr richtig unterhalten. Die anderen Insassen in der Anstalt waren noch verrückter als er gewesen. Robert hoffte, er würde sich jetzt nicht zu ungeschickt anstellen und zwang sich zur Ruhe. Er würde normal erscheinen, ruhig und höflich.
    Entschlossen ging er auf den grabenden Mann zu. Als er ihn erreicht hatte, räusperte er sich und zwang sich, ruhig zu sprechen. „Guten Tag. Gehören Sie zum Nessel-Hof?“
    „Kann man wohl sagen, ich bin Hermann Nessel. Was wollen Sie denn?“
    „Man hat mir gesagt, Sie hätten
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