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Ein schicksalhafter Sommer

Ein schicksalhafter Sommer

Titel: Ein schicksalhafter Sommer
Autoren: Daniela Frenken
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freie Zeit, als gut für ihn war. Die Kofers hatten mehr Knechte als eigene Kinder und mehr Gesinde als mehrere Höfe zusammen, hatten sich aber taub gestellt, als Hermann gebeten hatte, einen ihrer Helfer für ein paar Tage ausleihen zu können. Mit der Bezahlung hätte er sich dann allerdings auch was einfallen lassen müssen.
    „Ich würde Sie gerne in den nächsten Tagen einmal besuchen, Herr Nessel.“
    „Besuchen! Uns?“ Hermann zog erstaunt die Augenbrauen hoch. „Natürlich, du bist immer willkommen. Aber was verschafft uns die Ehre?“ , fragte er. Die Kofers machten sonst eher einen Bogen um Hermann und die Seinen.
    „Aber Herr Nessel, wo Sie doch eine so hübsche ledige Tochter haben.“ Karl lächelte Hermann erwartungsvoll an.
    „Du bist an meiner Tochter interessiert?“ erwiderte der Ältere verblüfft. Auf den Gedanken war er noch gar nicht gekommen. Hermann kratzte sich nachdenklich am Kinn. Er liebte seine Tochter, sie war ein liebes Mädchen und alles, aber man musste die Dinge beim Namen nennen. Die Katrin war ziemlich kräftig, und wenn sie älter wurde, bekam sie wahrscheinlich die Figur ihrer Mutter, die Ärmste. Außerdem hatte sie ein unscheinbares Gesicht und schaute auch meistens ziemlich mürrisch drein. Dass ein Mann wie Karl sein Herz an sie verloren hatte, wo er sie nur flüchtig kannte, verwunderte ihn doch sehr. Und verliebt sein musste er, sonst konnte Hermann sich keinen Reim darauf machen, dass jemand wie Karl freiwillig die Gesellschaft von Katrin suchte. Außerdem standen die Kofers als Großbauern auf der sozialen Leiter der Dorfhierarchie höher als die Nessels, die im Laufe der Jahre beinahe zu Kleinbauern geschrumpft waren.
    „Ja, nun“, antwortete Karl, „natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben, Herr Nessel.“
    Hermann betrachtete nachdenklich Karls selbstgefälliges Gesicht mit den weichen Zügen. Der jüngere Kofer wusste genau, dass die Nessels von so einem wohlhabenden Ehemann für ihre Tochter nicht zu träumen gewagt hätten. „Tja“, sagte er langsam, „so lange es meiner Tochter recht ist, habe ich nichts dagegen, nein.“
    „Ich danke Ihnen. Auf Wiedersehen, Herr Nessel.“ Damit war er auf seinem schnittigen Fahrrad verschwunden.
     
    Robert stand vor der Gaststätte und zögerte. Er atmete tief durch und versuchte, sich seine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. Am liebsten hätte er sich weiterhin von allen Menschen ferngehalten, aber er musste jetzt wohl oder übel nach Arbeit fragen. Obwohl Robert eher glaubte, dass nicht einmal ein Ertrinkender ihn um Hilfe bitten würde, musste er es doch wenigstens versuchen. Er hatte sich die letzten Tage nur von dem ernährt, was er unterwegs stehlen konnte. Abgesehen davon, dass das nicht viel gewesen war, wollte er es nicht riskieren, wegen Mundraub wieder eingesperrt zu werden, wo er nun endlich wieder frei war. Also musste jetzt unbedingt eine Arbeit her, wenigstens bis er endlich etwas Anständiges zu beißen bekommen hatte. Vielleicht gab es ja doch jemanden, der sich nicht von seinem Äußeren würde abschrecken lassen.
     
    Johann Pedders räusperte sich. Der seltsame Mann starrte ihn an. Er ließ sich einfach nicht abwimmeln. Die seltsamen Blicke der anderen Gäste schien er nicht zu bemerken. „Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?“ Johann, seit zehn Jahren stolzer Besitzer des „Ochsen“, wartete darauf, dass der merkwürdige Zeitgenosse sein Lokal wieder verließ. Johann hatte in seinem sechsundvierzigjährigen Leben schon so allerlei Dinge gesehen und gehört und hielt sich für ziemlich abgeklärt. Angst hatte er auch nie gekannt, und wenn es mal Probleme gab, und die gab es unter den betrunkenen Gästen des Öfteren, dann wusste Johann sich auch in solchen Situationen durchaus zu behaupten. Eine Schwäche allerdings hatte er mit der hiesigen Landbevölkerung gemein, und das war der Aberglaube.
    Als er nun den abgezehrten Mann vor sich stehen sah, der ganz sicher den bösen Blick hatte, wurde ihm schon ein wenig mulmig. Und dass dieser ihn nun immer noch anstarrte, und sich ganz offensichtlich weigerte, wieder zu verschwinden, ließ sein Unbehagen noch weiter wachsen. Außerdem vertrieb er ihm mit seiner ungepflegten Erscheinung die Kundschaft. Johanns Stimme wurde deshalb nun auch immer schroffer, als er fortfuhr: „Es gibt hier nichts für Sie zu tun. Versuchen Sie’s im nächsten Ort.“
    „Hören Sie, dem Dorf geht es doch gut, das sieht man gleich, wenn man sich
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