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Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Titel: Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben
Autoren: Charles Bukowski
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weg.
    »Komm mit.«
    An meinem Arbeitsplatz waren nur Neger, und als ich ankam, sahen sie mich an, als seien sie alle Black Muslims. Ich war etwas über einsachtzig, aber sie waren alle größer, und wenn nicht größer, dann zwei- oder dreimal so breit wie ich.
    »Hank!« brüllte Thurman.
    Hank, dachte ich. Hank, genau wie ich. Wie schön.
    Der Schweiß lief mir bereits unter meinem Blechhelm hervor.
    »Gib ihm was zu ARBEITEN!«
    Ach du lieber Gott. Was war jetzt mit all den angenehmen und geruhsamen Abenden? Warum passiert so was nicht Walter Winchell, der an den American way glaubt? War ich denn nicht einer der brillantesten Studenten im Fach Anthropologie? Was war nur geschehen?
    Hank ging mit mir hinüber und stellte mich vor einen Transporter, der im Dock stand und einen halben Häuserblock lang war.
    »Warte hier.«
    Mehrere von den Black Muslims kamen jetzt angerannt mit ihren Schubkarren, die in einem schrundigen und klumpigen Weiß gestrichen waren, wie eine Mischung aus Weißelfarbe und Hühnerscheiße. Und jede Schubkarre war beladen mit dicken Fleischklumpen, die in dem dünnen wäßrigen Blut schwammen. Nein, sie schwammen nicht in dem Blut, sie saßen drin, wie Blei, wie Kanonenkugeln, wie Tod.
    Einer der Jungs sprang hinter mir in den Transporter, und der andere begann mir die Fleischklumpen zuzuwerfen, und ich fing sie und warf sie dem Typ hinter mir zu, und der warf die Klumpen hinten in den Transporter rein. Die Klumpen kamen SCHNELL, und sie waren schwer und wurden immer schwerer. Sobald ich einen geworfen hatte und mich umdrehte, hing schon der nächste in der Luft. Ich wußte, daß sie versuchten, mich auf die Knie zu zwingen. Bald lief der Schweiß in Strömen an mir herunter, und mein Rücken schmerzte, meine Handgelenke, meine Arme, alles tat mir weh, und meine Energie war abgeschlafft bis auf die letzte unmögliche Unze. Ich konnte kaum noch etwas sehen, mich kaum noch dazu bringen, den nächsten Fleischklumpen aufzufangen und weiter zu werfen, und noch einen und noch einen. Ich war blutverschmiert von Kopf bis Fuß und kriegte in einer Tour dieses weiche tote schwere Gelump in die Finger, und das Zeug fühlte sich ein bißchen an wie das Hinterteil einer Frau, und ich war zu schlapp, um zu sagen »Hey, was zum TEUFEL ist los mit euch Kerlen?« Die Klumpen kommen angesegelt, und ich bin am Rotieren, ans Kreuz genagelt mit meinem Blechhelm, und sie kommen wieder an mit weiteren Schubkarren voll Klumpen Klumpen Klumpen, und endlich haben wie sie alle geleert, und ich stehe da, schwankend und schwer atmend im gelben Licht der Glühbirnen. Eine Nacht in der Hölle. Na ja, Nachtarbeit hatte ich ja schon immer gemocht.
    »Los, weiter!«
    Sie gingen mit mir in einen anderen Raum. Hoch oben, aus einem großen Loch in der Wand, kam ein halber Stier heraus, oder vielleicht war es ein ganzer, ja, es waren ganze Stiere, wenn ich mir’s recht überlege, sie hatten alle vier Beine dran, und einer kam aus dem Loch, an einem Haken, man hatte ihn gerade abgemurkst, und der Stier blieb direkt über mir hängen, hing direkt über mir an diesem Haken.
    Sie haben ihn gerade gekillt, dachte ich, sie haben das verdammte Ding gekillt. Können die überhaupt unterscheiden zwischen einem Menschen und einem Stier? Woher wissen die, daß ich kein Stier bin?
    »ALL RIGHT- SCHWING IHN!«
    »Schwingen?«
    »Ganz recht – LEG EINEN TANZ MIT IHM HIN!«
    »Was?«
    »Ach, Menschenskind! George, komm her!«
    George stellte sich unter den toten Stier. Er packte ihn. EINS. Er rannte vorwärts. ZWEI. Er rannte rückwärts. DREI. Er rannte voll voraus. Der Stier war beinahe parallel zum Boden. Jemand hieb auf einen Knopf, und er hatte ihn dran. Er hatte ihn dran für die Fleischmärkte der Welt; für die tratschenden, muffigen, gut ausgeschlafenen Hausfrauen der Welt um zwei Uhr nachmittags in ihren Küchenschürzen, lippenstiftverschmierte Zigaretten im Mund und so gut wie gefühllos.
    Sie stellten mich unter den nächsten Stier.
    EINS. ZWEI. DREI.
    Ich hatte ihn. Seine toten Knochen auf meinen lebenden Knochen, sein totes Fleisch auf meinem lebenden Fleisch, und die Knochen und das Gewicht drückten mich zu Boden, ich dachte an eine scharfe Nutte, mir gegenüber auf einer Couch, die Beine übereinandergeschlagen, und ich mit einem Drink in der Hand, während ich mit einem guten Vortrag langsam aber sicher die Distanz zwischen mir und ihrem animalischen Körper abbaute, und Hank brüllte: »HÄNG IHN REIN IN DEN
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