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Ein perfektes Leben

Ein perfektes Leben

Titel: Ein perfektes Leben
Autoren: Leonardo Padura
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möchte dich jetzt bitten, kurz zu antworten, welche Rolle die folgenden Dinge in deinem Leben spielen:
     
    Baseball:
    Muss ich dir erst erklären, dass es im Leben nichts Aufregenderes als ein gutes Baseballspiel gibt, egal, ob es in Lateinamerika ist, in einem Yankee-Stadion oder in irgendeiner Nebenstraße? Der Ball, das Spielen mit dem Ball, den Ball zu lieben, das sind für mich Geschenke des Lebens.
     
    Mantilla:
    Das ist meine Heimat. Schrecklich, aber wahr: Ich bin aus Mantilla, und das prägt mich mehr, als Kubaner oder Habanero zu sein, im Guten wie im Schlechten.
     
    Journalismus:
    Ein Laster. Deshalb bin ich immer noch dabei, obwohl ich kaum mehr Zeit dafür habe. Vor ein paar Monaten habe ich eine Geschichte an Juventud Rebelde geschickt, also an die Zeitung, für die ich über Jahre gearbeitet habe. Sie haben mir nicht einmal geantwortet, dass sie es nicht haben wollen. Absolut nichts.
     
    Freundschaft:
    Ein Segen. Gute Freunde zu haben, sie zu sehen und zu lieben, die Freundschaft zu erhalten, das ist viel wert. Sie zu verlieren ist, als ob man dir etwas abtrennt. Tragisch ist es, wenn sie weit entfernt leben.
     
    Lucía Lopez Coll:
    Sie ist mein Gegenstück. Wir sind seit zweiundzwanzig Jahren zusammen, wir haben also fast unser ganzes erwachsenes Leben gemeinsam verbracht. Wir sind das Ergebnis eines langen Zusammenlebens. Ohne Lucía wäre ich bestimmt nicht der, der ich heute bin.
     
    Heute sieht man dich als einen erfolgreichen Schriftsteller an. Mempo Giardinelli hat einmal zu Ciro Bianchi über den Erfolg gesagt: »Der Erfolg ist Schwachsinn. Was wirklich zählt, ist, dass der Schriftsteller sich selbst überwindet und dass es ihm gelingt, seine Zeit zu erfassen, und zwar nicht in einem dokumentierenden, sondern einem erklärenden Sinn.« Was denkst du vom Erfolg? Bist du derselben Meinung?
     
    In gewisser Weise bin ich auch dieser Auffassung, denn der Erfolg ist eine Lüge. Wie viele erfolgreiche Autoren gibt es heute in Spanien, die reinen Müll schreiben. Und wie viele gibt es in Kuba, die keinen Erfolg haben, aber hervorragende Schriftsteller sind. Der Erfolg ist trügerisch, und wenn du mir sagst, ich bin ein erfolgreicher Schriftsteller, dann werde ich aufmerksam: Sechs oder siebentausend Exemplare in Spanien, Frankreich oder Italien zu verkaufen ist nichts, wenn man bedenkt, dass Schriftsteller wie García Márquez, Vázquez Montalbán oder Vargas Llosa – um mal ein paar richtige zu nennen – eine viertel Million verkaufen. Wirklich wichtig ist, meiner Meinung nach, dass man sich selbst gegenüber Erfolg hat: dass man seine Fantasien besiegt, seine Ängste, seine Beschränktheit und seine Unfähigkeit, die Vereinfachung und die Selbstzensur. Dass man schreibt, was einen selbst zufrieden stellt, denn das ist das Beste, was man schreiben kann. Das habe ich immer so gehalten: Fiebre de caballos war 1984 mein bester Roman, Besseres hätte ich damals nicht schreiben können. Dasselbe gilt auch für Ein perfektes Leben von 91, für Labyrinth der Masken von 95 oder jetzt für La novela de mi vida. In jedem von ihnen versuche ich den Schriftsteller zu überwinden, der ich bis dahin gewesen bin. In jedem versuche ich so ehrlich wie möglich einen Teil der Wirklichkeit zu schildern und über meine Gegenwart sowie über meine Vergangenheit ohne Hemmungen nachzudenken. Und wenn es die Leute dann auch noch lesen und es ihnen auf irgendeine Weise beim Einschlafen, Nachdenken oder Zeitvertreiben hilft, oder sogar dabei, besser zu sein – was auch immer –, also wenn es ihnen irgendwie hilft, dann verdoppelt sich der Erfolg.
     
    Bist du bisher mit deinem Leben zufrieden? Was würdest du machen oder nicht mehr machen, was bleibt dir noch zu tun, oder was konntest du nie tun?
     
    Es gibt schon eine Menge Dinge, mit denen ich wirklich unzufrieden bin: dass ich nicht tanzen kann, obwohl mir die kubanische Musik so gut gefällt. Niemals in Lateinamerika gespielt zu haben, wovon ich so oft geträumt habe. Nicht Ulysses von James Joyce gelesen zu haben – es muss ein großartiges Buch sein, alle sagen es. Dass ich nicht eine Zeit lang in Paris, Barcelona, Neapel oder Lissabon gelebt habe oder dass ich nie ein Konzert der Beatles gesehen habe. Dass ich nicht in der Lage bin, das Rauchen zu lassen. Dass ich nie einen Roman wie Gespräch in der »Kathedrale« geschrieben habe. Oder dass ich es nicht schaffe, einfach mit offenem Hemd, den Anhänger auf der Brust und das Bierchen in der Hand, in der
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