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Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Titel: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot
Autoren: Sibylle Berg
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ohne ihn auch nicht, und ohne ihn bin ich dann unglücklich und alleine. Und das ist echt zuviel.
    VERA guckt aus dem Fenster
    Noch nie war ich in Venedig. Und jetzt bin ich da hinge-fahren. Es macht Spaß, wohin zu fahren. Ich gehe in ein teures Hotel und sitze am Fenster des teuren Hotelzimmers. Ich sehe mir Wasser an und die Sonne, und nicht, daß ich das sagen könnte, wie Leben so geht. Aber ich denk mal, es besteht aus solchen Momenten, an Fenstern teurer Hotelzimmer, wo nichts anderes wichtig ist. Und es besteht aus den Zeiträumen zwischen solchen Momenten.
    Daß die gut rumgehen. Mehr ist es wohl nicht. Ich träume von nichts. Nicht von Liebe oder von Reichtum, Ruhm oder Unsterblichkeit. Das sind Sachen, die egal sind. Wenn ich sterbe, sind die egal. Da zahlt nur, wie viele Momente ich hatte wie diesen am Fenster. Der Kellner klopft und bringt mir Tee und Kaviar. Das esse ich am Fenster. Unten gucken ein paar Menschen hoch. Sie sehen eine halb-nackte Frau am Fenster sitzen und Kaviar löffeln. Ich glaube, sie beneiden mich. Früher hatte ich so eine Frau auch beneidet. Dabei ist es ganz einfach. Vielleicht ist alles so einfach, daß wir es uns nur schwermachen, weil wir uns überschätzen und denken, so einfach kann es doch wirklich nicht sein.
    TOM guckt auch aus dem Fenster
    Es war auch schön, mal wieder mit jemandem zu reden, der mich von früher kennt. Da war ich irgendwie stolz und spürte noch mehr, wie ich einen Schritt weiterge-kommen war. Wir sind lange über heiße Straßen gefahren. Die Italiener fahren wie Arschlöcher. Arschlöcher mit schwerwiegenden Potenzproblemen. Die Quellen waren ein bißchen enttäuschend. Ich hatte mir die irgendwie romantisch vorgestellt. Und dann waren da ein Riesen-parkplatz und zwei Imbißstände und dann auf so einer ab-getrampelten Freifläche eben so eine Art Planschbecken.
    Nix so mit Felsen und einsamer Romantik. Aber ist egal.
    Es war ein schöner Tag. Es war auch mal gut, was ohne Nora zu machen. Das sollten wir vielleicht öfter. Mal eben getrennt was machen. Jetzt haben wir zwei Zimmer in einem kleinen Hotel. Das guckt auf Berge. Ich zieh mich aus und stehe am Fenster, um die Berge anzugucken, und ich denke, daß es gar nicht so schwer ist, zufrieden zu sein.
    Dazu langt es, Berge anzugucken nach einem heißen Tag auf verschissenen Autobahnen. Ich bin fast glücklich. Oder vielleicht bin ich glücklich und denke nur, so einfach kann das doch gar nicht sein. Also bloß wegen ein paar blöden Bergen, die ich geduscht und müde angucke. Und dann klopft es an der Tür. Ich mach die auf. Bettina schiebt sich in mein Zimmer und läßt ein Handtuch auf den Boden fallen. Das Handtuch, das vorher um sie drum war. Sie also nackt in meinem Zimmer, und ich bin echt verblüfft. Ich hatte keine Ahnung, daß die Sache so steht. Sie kommt auf mich zu und drückt sich an mich, und ich sage: Nee du, hör mal, und dann macht sie so neckisch einen Finger auf meinen Mund, das hat sie wohl aus nem Film. Ich mag Bettina wirklich, viel mehr als früher, aber ich habe gar keine Lust, jetzt was mit ihr anzufangen und so. Also schieb ich sie ein bißchen weg und sag: Das möcht ich jetzt nicht.
    Wenn man Frauen so was sagt, dann bricht für die immer eine Welt ein. Eine Frau darf so was immer sagen. Frauen sind ja die potentiellen Opfer, und Opfer dürfen alles. Von einem Mann wird erwartet, daß wenn ein Opfer so einem potentiellen Täter schon mal ne Gunst erweist, daß der dann ganz dankbar ist. Alle wissen ja, daß Männer immer und mit jedem wollen und daß es nur eine Sache der Gunst ist, wenn eine Frau sich für das bereitstellt. Naja, vielleicht ist das jetzt nicht so ganz richtig, aber mir kommt es so vor, Bettina wirkt echt beleidigt. Ich versuche, was auch schon blöd ist, mich zu rechtfertigen. Hör mal, ich möchte nur nicht wegen Nora. Weißt du, und dann fang ich echt an zu stottern, so peinlich ist mir das alles auf einmal. Bettina, die nackt vor mir steht und so. Ich stotter also weiter. Ich liebe Nora, ja, ich weiß, sie ist schwierig, aber ich liebe sie, und ich will nicht, äh. Bettina hat verstanden. Wenigstens.
    Sie schnappt ihr Handtuch und geht. Sie knallt noch nicht mal meine Tür zu. Das find ich gut. Ich lege mich auf mein Bett und denke nach, ob das stimmt, was ich gesagt habe, und warum ich die Gelegenheit nicht genutzt habe. Bettina sieht ja auch ziemlich klasse aus. Naja, und dann denke ich, daß es wohl schon stimmt. Nora geht mir zwar manchmal ganz
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