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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück
Autoren: Horst Biernath
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Trapsen der berühmten Nachtigall überdeutlich. Unwillkürlich preßte er die Hand auf die Tasche, in der er sein Portemonnaie trug.
    »Übrigens — die Sichlers besitzen in Harpfing eine Strickwarenfabrik. Kein Weltunternehmen, aber sie backen ihre Brötchen. Der Junge ist, soviel ich weiß, Juniorpartner. Für den Spaß, den er sich mit dir geleistet hat, solltest du ihn blechen lassen. Ich würde mir an deiner Stelle einen tüchtigen Anwalt nehmen...«
    Das Zyklopenauge wurde groß und begann zu leuchten: »Das ist gar keine dumme Idee. Ich könnte Dr. Salfrank anrufen, einen alten Fuchs, der mich seinerzeit als Sozius in seine Kanzlei holen wollte...« Das Leuchten erlosch, das Auge des Zyklopen schloß sich resignierend: »Aber wie soll’s inzwischen weitergehen?«
    »Dein alter Herr...«
    »Hör schon auf! Der Alte hat mir letzten Sonntag ein Ultimatum gestellt: wenn die Kanzlei nach drei Monaten nicht von selber läuft, sperrt er die Zuschüsse. Er hat keine Lust, sein Geld in ein Faß ohne Boden zu werfen.«
    »Ich habe eine Kleinigkeit auf der hohen Kante«, sagte der Doktor vorsichtig. »Wenn dir mit einem Tausender geholfen ist...?«
    »Mann!« ächzte Alois Seehuber und breitete die Arme aus, als wolle er sich dem Doktor an die Brust werfen. »Du bist die Rettung! Wenn ich einmal reich bin...«
    Der Doktor löste im Kopf eine kleine Rechenaufgabe: »Du bekommst den Scheck heute nachmittag. Damit ist die Miete für die nächsten drei Monate bezahlt. Einverstanden?«
    »Mir fallen Zentnergewichte vom Herzen!«
    Der Doktor verabschiedete sich zum letztenmal. Er hatte das Gefühl, verhältnismäßig billig davongekommen zu sein. Ein Wort von den Ereignissen des heutigen Vormittags wäre ihn sicherlich bedeutend teurer zu stehen gekommen. Den Damen, denen er die Aufträge ihres Chefs ausrichtete, waren die unverhofften Sommerferien in der Badezeit durchaus nicht unwillkommen.
    »Aber nun möchten wir doch wissen, was unserem Doktor passiert ist!« sagte Fräulein Stolz energisch.
    »Er sieht nicht besonders vorteilhaft aus«, antwortete Werner Golling leichthin. »Ein kleiner Autounfall. Man sollte die Trennwände in den Taxis wirklich abschaffen. Er ist beim Bremsen mit den Gesicht nach vorn geschleudert worden. Die Nase sieht nicht sehr appetitlich aus...«
    »Aber das ist doch kein Grund, um sich einzusperren!«
    »Aber meine Damen, kennen Sie uns Männer so wenig? Auch wir sind nicht frei von Eitelkeit...«
    Endlich konnte er sich wieder seinen Patienten widmen. Ihre Geduld war bewundernswert. Inzwischen waren zwei neue dazugekommen, und er hatte so viel zu tun, daß er seine Absicht, Hannelore anzurufen, auf die Mittagspause verschob. Kurz vor zwölf konnte er den letzten Patienten entlassen. Als er den Königshof anläutete, erfuhr er, daß Fräulein Danner ihren Aufenthalt vorzeitig abgebrochen habe und am frühen Vormittag heimgefahren sei. Er hängte ein und wählte die Nummer des Schwanenbräu zu Harpfing. Sein >Schwiegervater< meldete sich, und seinem unbefangenen herzlichen >Servus, Werner, wart ein Momenterl, ich stecke nach oben durch< entnahm der Doktor, daß der Schwanenbräu von der Entwicklung, die die Dinge genommen hatten, ahnungslos war. Sekunden später war die Verbindung mit Hannelore hergestellt, aber bevor er dazu kam, etwas zu sagen, hatte sie die Leitung schon in Beschlag genommen. »Hallo, Werner, wo steckst du nur? Seit acht Uhr habe ich dich mindestens ein dutzendmal zu erreichen versucht. Onkel Paul erzählte mir, du seist in der Praxis. Aber dort meldete sich niemand...«
    »Ich war im Grand-Hotel, um den Emir zu behandeln.«
    »Darum also!«
    »Ja, darum! Aber nun einmal zu der Geschichte von heute nacht...«
    »Schrecklich, nicht wahr?« sprudelte sie los. »Dieser fürchterliche Mensch! Den armen Alois Seehuber so zuzurichten! Und alles, weil er ihn für dich hielt. Du kannst mir glauben, ich habe ihm meine Meinung gehörig gesagt!«
    »Er wird von Herrn Seehuber auch noch einiges zu hören kriegen. Und das wird ihm meiner Ansicht nach bedeutend unangenehmer in die Ohren klingen.«
    »Ja, er soll ihm nur ordentlich Saures geben!«
    »Mit dem Sauren allein wird es nicht abgetan sein. Die Kanzlei bleibt für mindestens drei Wochen geschlossen...«
    »Hat er ihn so arg zugerichtet?«
    »Das kann man wohl sagen...«
    »Wenn es Herrn Seehuber tröstet — der Manfred hat auch einiges abbekommen.«
    »Ich werde es ihm ausrichten. Aber ob es mit diesem Trost getan sein wird,
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