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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück
Autoren: Horst Biernath
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vergessen?«
    »Lieber Himmel, der Scheck...!« Er griff in die Tasche, aber er zögerte, das Papier herauszuziehen, als befürchte er, eine neue Niederlage zu erleben.
    »Immerhin hatte der Emir die ernsthafte Absicht, dir den Smaragd zu schenken. Ich kann mir nicht denken, daß du in dem Beutel schäbiges Silber finden wirst...«
    »Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht«, murmelte er und zog den Scheck mit einer wenig hoffnungsvollen Miene aus der Tasche. Er entfaltete ihn und warf einen schrägen Blick auf das Papier, als genüge es ihm, ein Auge zu riskieren. Irene beobachtete ihn gespannt und sah, daß seine Lider wie nach einer Gehirnerschütterung zu flattern begannen. Er bewegte die Lippen. Aber er brachte keinen Laut heraus. Die Enttäuschung schien vernichtend zu sein...
    »Was ist, Wernerchen?« fragte sie ängstlich besorgt.
    Er reichte ihr den Scheck mit einer kraftlosen Handbewegung zu: »Ich glaube, mir wird schlecht... «, murmelte er und preßte die Hand aufs Herz.
    Irene starrte auf die Ziffern. Und sie hob, als bewältige sie die erste Rechenaufgabe ihres Lebens mit dem großen Einmaleins, für jede Null einen Finger. Den kleinen Finger — den Ringfinger — den Mittelfinger — den Zeigefinger...
    »Zehntausend Dollar...!« seufzte sie und schloß die Augen, als überwältige auch sie ein Schwindelgefühl. »Zehntausend Dollar! Mir wird ganz schwach...«

13

    Das gleiche Taxi, mit dem sie gekommen waren, brachte sie auch wieder heim. Für den Chauffeur eine lohnende Fuhre, da ihm die lange Wartezeit vor dem Hotel großzügig vergütet worden war. Obwohl er längst in der Praxis hätte sein müssen, bestand der Doktor darauf, den Umweg über die Wartbergstraße zu machen und Irene vor ihrem Hause abzusetzen.
    »Und wenn das Wartezimmer heute nachmittag zum Bersten voll sein sollte«, sagte er und streichelte ihre Hände, »ich mache die Bude um fünf Uhr zu. Dann haben wir noch Zeit genug, die Ringe zu kaufen. Und dann sollen Tante Hedi und Onkel Paul dich endlich kennenlernen!«
    »Muß das schon heute sein, Wernerchen?« fragte sie ein wenig verzagt.
    »Es muß sein, Liebling!« sagte er mit einem Ton, gegen den es keinen Widerstand gab.
    »Also dann um fünf«, nickte sie ergeben und warf einen Blick auf ihre Uhr, »halb zehn! Du mußt dich beeilen! Noch können wir es uns nicht leisten, Patienten warten zu lassen!«
    »Jetzt kommt es auf eine halbe Stunde mehr oder weniger nicht an«, sagte er. »Mir sitzt der Schreck über den ersten Scheck noch zu tief in den Knochen. Jetzt fahre ich zur Bank und mache mit dem Scheck des Emirs ein Konto auf. Ich habe keine ruhige Minute, solange ich nicht weiß, daß dieser Scheck in Ordnung geht.«
    »Das sehe ich ein, Werner. Ruf mich an, wenn alles so gelaufen ist, wie wir es uns wünschen.«
    »Das tue ich, Liebling. Du hörst von mir, sobald ich in der Praxis bin.« Irene hatte den Wagen schon verlassen, als er sie noch einmal zurückhielt. »Und den Emirzahn, weißt du, Irene, den behalten wir. Als Talisman. Oder nur so als Andenken. Vielleicht könnte man ihn in Gold fassen lassen — sozusagen als Schmuckstück...«
    »Ich verstehe«, nickte sie und biß sich auf die Lippen, »dir schwebt so etwas wie ein Hirschgrandl vor...«
    Er zog den Hals ein und grinste: »Ich gebe zu, es klingt ein bißchen komisch...«
    »Ach, Wernermännchen«, sie pflückte mit dem Zeigefinger einen Kuß von ihren Lippen und drückte ihn auf seinen Mund, »ich meine, das sollten wir uns in aller Ruhe überlegen.«
    Hirschgrandl — hm! Er winkte ihr zu und ließ sich mit dem Gefühl ins Polster sinken, mit Irene die Frau gefunden zu haben, der er sein Leben und die Wirtschaftskasse mit ruhigem Gewissen anvertrauen konnte. Sie würde immer dafür sorgen, daß das Komma auf der Habenseite des Kontos an der richtigen Stelle stand. Der Emirzahn als Hirschgrandl in seiner Krawatte... Wie er nur auf solch einen blöden Einfall kommen konnte!
    Er ließ sich zum Lenbachplatz fahren, wo er im Bankhaus Merz & Star seinen Scheck präsentierte und sich ein Konto einrichten ließ. Die Höhe der Summe veranlaßte den jungen Mann am Schalter, den neuen Bankkunden einem der leitenden Herren vorzustellen, der ihm versicherte, daß die Bank ihn in seinen Finanzgeschäften jetzt und in Zukunft stets gewissenhaft und kulant bedienen werde. Er läutete Irene von der Bank aus an und kehrte mit dem neuen und äußerst angenehmen Hastewasdannbistewas-Gefühl zum Wagen zurück und betrat
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