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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück
Autoren: Horst Biernath
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anfangen?«
    »Du wirst jetzt einunddreißig Jahre alt, mein Junge«, sagte Onkel Paul und zog seine Zigarrentasche hervor, um nach längerer Wahl einer Brasil die Spitze abzuschneiden.
    »Na und, Onkel Paul?«
    »Du solltest heiraten, Werner! Das ist auch Tante Hedis Meinung. Wir haben in letzter Zeit öfter darüber gesprochen.«
    »Ach du liebe Güte! Soll ich mir zu den Sorgen, die ich auf dem Hals habe, noch eine neue dazu laden?«
    »Unsinn!« rief Onkel Berwanger. »Wer redet von Sorgen? Ich rede vom Heiraten! Und wenn ich heiraten sage, dann denke ich dabei an ein Mädchen mit viel Charakter!« und er rieb den Daumen gegen den Zeigefinger...
    »Das Herz muß natürlich auch mitsprechen!« warf Tante Hedi sanft ein. Sie bezog solche Sprüche aus Romanheften, die sie bei
    Elfriede in der Küche fand und sich auslieh, um >einen Blick< hineinzuwerfen.
    »Meinetwegen«, brummte Onkel Paul, »das Mädchen muß ja nicht gerade einen Klumpfuß haben. Hat sie auch nicht! Denn so was würde ich Werner gar nicht offerieren. Im Gegenteil! Es ist ein richtig leckeres Ding, und wenn ich dreißig Jahre jünger wäre...«
    »Von wem redest du eigentlich, Onkel Paul?« fragte Werner Golling halb belustigt und halb verärgert, denn es paßte ihm wenig, daß die beiden sich in Angelegenheiten mischten, die nur ihn allein etwas angingen.
    Herr Berwanger schien angenehm überrascht zu sein, keiner schärferen Abwehr zu begegnen.
    »Also paß mal auf, Werner«, begann er herzlich, »du weißt ja, daß ich viel auf dem Land herumkomme. Man muß sich bei den Leuten, mit denen man Geschäfte macht, von Zeit zu Zeit sehen lassen...«
    »Ich weiß«, murmelte Werner blinzelnd. Das zwingende Bedürfnis, mit seinen Kunden persönliche Kontakte zu pflegen, war bei Onkel Paul voll zum Durchbruch gekommen, seit Dr. Hitzler ihn trockengelegt hatte. Seitdem besuchte er die Brauereien, denen er seine Gerste lieferte, um von Tante Hedi unbeobachtet die Qualität der Braugerste im hellen oder dunklen Endprodukt zu prüfen.
    »Man sagt so — Landbrauereien, grad, als ob das Pamperlbetriebe wären... Laß dir von einem Kenner der Dinge sagen, mein Junge, daß es da mittelgroße Brauereien gibt, in denen Gold gemacht wird — pures Gold! Da sitzt zum Beispiel in Harpfing der Schwanenbräu. Ein kleines Nest von knapp dreitausend Einwohnern. Aber das Weizenbier vom Danner Schorsch, einem alten Spezi von mir, findest du im Umkreis von hundert Kilometern in jeder Kneipe und in jedem besseren Restaurant. Und vor dem hellen Bock, den der Danner braut, kann man auch nur den Hut abnehmen. Was sagst du dazu?«
    »Vermutlich hat der Schwanenbräu eine Tochter... «
    »Erraten!« rief Herr Berwanger, von dieser raschen Auffassungsgabe seines Neffen sichtlich erfreut. »Er hat nicht nur eine, sondern deren zwei. Die ältere heiratet demnächst den Braumeister. Der Betrieb muß ja weiterlaufen, wenn der Danner eines Tages die Augen zumacht. So alt ist er übrigens noch gar nicht, aber er hat zeitlebens ein wenig allzu naß gefuttert und davon seinen Leberschaden weg...«, er drückte dabei vorsichtig gegen den rechten Rippenbogen des stattlichen Bauches und verzog das Gesicht, als spüre er bei dem leichten Druck selber einen Stich in der Lebergegend.
    »Leberschaden...«, seufzte Tante Hedi, »das hat so ein Mann nun davon. Mir wäre lieber, Paul, auch du hättest mit dem Braugerstegeschäft nie angefangen und wärest beim Getreidehandel geblieben.«
    »Ich bin schließlich kein Brauer.«
    »Gott sei Dank!«
    »Jedenfalls heißt die zweite Tochter Hannelore, und sie ist ein bildsauberes Ding. Zweiundzwanzig Jahre alt, blond, mit einer tadellosen Figur« — Onkel Paul deutete mit beiden Händen am eigenen Körper üppige Kurven an, »und, was die Hauptsache ist, sie bringt gut und gern achtzig Mille in die Ehe mit. Und wenn du geschickt bist, mein Junge, dann kannst du aus dem Schwanenbräu noch mehr herauskitzeln. Seine Alte hat es nun mal auf einen Akademiker abgesehen.«
    »Und du meinst nun, Onkel Paul, daß diese Gans im goldenen Federschmuck ausgerechnet auf mich wartet?«
    »Auf wen sonst? Denn wen lernt solch ein Mädl in Harpfing schon kennen? Da sitzen zwei Ärzte im Ort, die selber schon Enkelkinder haben, und da sitzen ferner zwei Rechtsanwälte, von denen der eine verheiratet und der andere ein alter, versoffener Junggeselle ist, und dann sitzt da noch ein Zahnarzt, und der hat einen Kropf wie ‘nen Fußball am Halse...«
    »Du hast dich aber
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