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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück
Autoren: Horst Biernath
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ihn in das sogenannte Jagdzimmer, wo sie an einem runden Tisch Platz nahmen, über dem eine uralte Donnerbüchse hing. Die Wände des gemütlichen Raums schmückten ein paar Trophäen und einige alte Jagdstiche.
    »Hübsch, nicht wahr, Werner?«
    Werner Golling nickte stumm. Ein wenig beklommen war ihm zu Mute. Die Bedienung brachte die Speisekarte und begrüßte Onkel Paul wie einen alten Bekannten: »Ich sag’s gleich dem Chef, daß Sie hier sind, Herr Berwanger...«
    »Laß dir Zeit, Burgl, und sag mir lieber, was du uns empfehlen kannst.«
    »Bachforellen oder, wenn Sie Fisch nicht mögen, den Kalbsnierenbraten...«
    »Ich bin für Forelle, Onkel Paul.«
    »Gut, dann bring uns zweimal Forelle blau und...«
    »Ich weiß schon, Herr Berwanger, zwei Weizen.«
    »Erraten, Burgl, und sag’ dem Chef erst nach dem Essen, daß ich hier bin!«
    Die Forellen waren hervorragend und das Weizenbier frisch und prickelnd wie Champagner. Als Onkel Paul sich die Zigarre anzündete und als Werner zur Zigarette griff, erschien, eine Virginia in der Linken und ein halbgefülltes Deckelglas in der Rechten, der Wirt vom Schwanenbräu am Tisch, setzte das Glas ab und streckte Onkel Paul die Hand entgegen.
    »Gut, daß du da bist, Paul, seit Tagen wollte ich dich anrufen...«, er tat, als ob das Erscheinen von Herrn Berwanger der reine Zufall sei.
    »Setz dich, Schorsch, und laß dir meinen Neffen vorstellen: Dr. Werner Golling, Zahnarzt seines Zeichens.«
    »Angenehm, angenehm, Herr Doktor«, sagte der Schwanenbräu und begrüßte Werner Golling mit Handschlag, »wo haben Sie denn Ihre Praxis?«
    »In München, Herr Darner...«
    »Da schau her, in München«, er tat wahrhaftig so, als höre er den Namen Golling zum erstenmal. Er mochte im Alter von Onkel Berwanger stehen, aber der Kropf, der den Kragen, und der Bauch, der den Trachtenjanker zu sprengen drohte, ließen ihn um etliche Jahre älter erscheinen. Daß er ein ausgemachtes Schlitzohr war, stand ihm in jeder Falte des Gesichts geschrieben.
    »Haben die Forellen geschmeckt?«
    »Ganz ausgezeichnet...«, murmelte Werner Golling.
    »Eigenes Wasser, im österreichischen drüben«, sagte der Schwanenbräu. »Wie ist’s, Herr Golling, sind Sie Fischer?«
    »Nein...«
    »Schade, ich hätte Sie sonst mal zum Fischen eingeladen.«
    Er stieß Paul Berwanger an: »Übrigens, Paul, meine Mathilde hat mir angedroht, mir den Zapfhahn zuzudrehen, wenn sie dir nicht ‘ne Tasse Kaffee vorsetzen kann. Sie hörte in der Küche, daß du gekommen bist...«
    »Ich sage nicht nein...«
    »Natürlich gilt die Einladung auch für Sie, Doktor!« sagte Herr Danner. »Und damit Sie sich bei uns Alten nicht langweilen, die wir doch nur über Geschäfte reden, sollen Sie angenehmere Gesellschaft haben...« Er wandte sich an seinen Freund Berwanger: »Weißt du übrigens, Paul, daß unsere Hannelore wieder daheim ist?«
    »Was du nicht sagst! Hat sie nicht einen Kochkurs mitgemacht? Wo doch gleich? Mein Gedächtnis läßt schwer nach.«
    »Sie hat die Hotelfachschule in Garmisch besucht. Hat ‘nen Haufen Geld gekostet und war völlig umsonst. Sie interessiert sich für alles, nur nicht fürs Hotelfach. Seien Sie froh, daß Sie Junggeselle sind, Doktor — Sie sind’s doch, wie?«
    »Ja, ich bin es noch...«
    »Dann gebe ich Ihnen einen guten Rat: bleiben Sie es! Mit Kindern kriegen Sie nichts als Ärger!« Ein glänzender Schauspieler! Jammerschade, daß ihn keine Bauernbühne entdeckt hatte... Er wuchtete sich aus seinem Stuhl hoch. »Also, meine Herren, dann wollen wir mal! Meine Frau wird schon oben sein.«
    Werner Golling folgte dem Schwanenbräu und seinem Onkel: ins obere Stockwerk. Frau Danner gesellte sich auf der Treppe zu ihnen. Sie war weißbeschürzt, wie sie aus der Küche kam, eine große, stattliche Frau, ringsum üppig gepolstert und immer noch gut anzuschauen. Sie begrüßte Onkel und Neffen herzlich.
    Die Privatwohnung lag im zweiten Stockwerk des Hauses, das hier gründlich renoviert worden war. Nach Süden, zur Ache hin,; hatte man breite Fenster durch die Mauern gebrochen und Zwischenwände versetzt, so daß helle und geräumige Zimmer entstanden waren. Mit Möbelstücken ausgestattet, die seit Generationen im Familienbesitz waren, wirkten die Räume ausgesprochen nobel.
    »Respekt, Frau Danner«, murmelte Werner Golling und ließ den Blick über einen Barockschrank und eine bauchige, kunstvoll intarsierte Kommode wandern, »das sind ja wahre Prachtstücke!«
    »Ach, Herr Doktor«,
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