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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe
Autoren: Horst Bosetzky
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spielen unten...?»
    «Ja. Oma ist bei ihnen. Sie können aber jeden Augenblick wieder oben sein.»
    Tscharntke nickte. Er verstand, was sie damit sagen wollte: keine Annäherungsversuche. «Willst du gar nicht wissen, wie es mir ergangen ist...?»
    «Wie ist es dir denn ergangen?»
    «Gut.» Tscharntke spürte das archaische Verlangen, sie zu packen und zu nehmen, in diesen Körper einzudringen, nach dem er ganz offensichtlich süchtig war. Eine Freundin hatte er die ganze Zeit über nicht finden können, vielleicht auch gar nicht finden wollen, und bei den Prostituierten hatte es ihm wenig gebracht, weil sich die nicht küssen, streicheln und umarmen ließen. So einfach war das alles. Nur mit Katja ging es eben. Das Wort hörig ging ihm durch den Kopf.
    Sie zog sich ihren Rock über die Knie. «Was heißt gut?»
    «Na ja...» Tscharntke zögerte. Er wußte, daß seine Frau auf der «Mitleidsschiene» sehr empfänglich war, durfte aber auch nicht zu sehr als «Waschlappen» wirken, weil sie andererseits starke Männer schätzte. «Psychisch und körperlich geht’s mir nicht gut – so ohne dich –, aber finanziell wenigstens.»
    «Ich denke, Taxifahren bringt derzeit immer weniger...?»
    «Das schon, obwohl...» Tscharntke zögerte. Die Version, die er sich ausgedacht hatte, um ihr zu erklären, wie er zu seinem Geld gekommen war, erschien ihm angesichts ihres kritischen Blickes nun ziemlich lächerlich. Sein Pech, daß sie studierte Ökonomin war, wenn auch seit 1992 ohne Job. «Klingt alles ein bißchen phantastisch, aber ich hab genug beisammen, um uns eine neue Existenz gründen zu können.»
    Katja lachte. «Meinst du ’ne Imbißbude!?»
    Jetzt grinste auch er. «Eher die Firma, die Imbißbuden baut. Nein, im Ernst: Ich will eine Firma aufbauen, die Marktlücken im Software-Bereich schnell aufspüren und schnell hineinstoßen kann. Den ersten Fisch hab ich schon an Land gezogen: ferngesteuerte Preisschilder. Stell dir vor, ein großes Kaufhaus will in all seinen Filialen auf einen Schlag die Preise seiner Produkte ändern... Was passiert da? Die Verkäuferinnen an der Front rennen wie die Wilden umher und müssen Tausende von Preisschildern umstecken oder auswechseln. Das ist umständlich und teuer und mit vielen Fehlern verbunden. Da kommt nun mein hochmodernes Pricer-System: An den Regalen sind kleine LCD-Displays befestigt, und per Funk kann nun eine einzige Kraft in der Zentrale die neuen Preise in ihren Computer eintippen und muß nur kurz die Enter-Taste drücken, um in ganz Deutschland die Preise ändern zu können.»
    «Toll, du...»
    Zum erstenmal seit Jahren sah er in Katjas Augen anderes als Herablassung und Spott. Sie leuchteten auf, und es war Bewunderung, was sie ihn spüren ließ. Er wußte, daß Ideen wie diese das waren, womit sie sich erobern ließ. Nicht mit goldenen Ketten, nicht mit süßen Worten, nicht mit ausgefallenem Sex, sondern mit Einfällen in der Informationstechnik, die sich rechneten. Die Schlacht schien geschlagen, zumal er jetzt noch sagen konnte: «Am besten mit dir als kaufmännischer Direktorin.»
    Sie strahlte zwar, war doch aber zu sehr kritischer Geist, um nicht, bevor sie ihn umarmte, doch noch nachzufragen: «Und wo nimmst du das Geld dafür her?»
    Tscharntke wußte, daß sich in den nächsten Sekunden alles entschied. «Ad eins: Manchmal hab ich zwanzig Stunden pro Tag hinterm Steuer gesessen, und das läppert sich dann doch. Dazu das Geld, wenn ich die Taxe verkaufe. Ich hab schon eine Anzeige aufgegeben: ‹Achtung! Absolutes Schnäppchen...›» Er machte eine kleine Pause. «Und drittens – das ist der größte Brocken –, stell dir vor: ich hab geerbt...»
    Seine Frau grinste. «Von Onkel Günther die Rheumadecke...?»
    «Nein, von Frau Lewandowski einen Teil des alten Hofs in Wildenbruch.»
    «Wer ist Frau Lewandowski?»
    Tscharntke rang ein wenig theatralisch die Hände. «Gott, die hat uns doch damals den Bauernhof verpachtet.»
    Katja Tscharntke konnte sich zwar an die alte Dame erinnern, war aber wieder voller Hohn und Spott. «Und die hast du noch richtiggehend glücklich gemacht...?»
    Tscharntke fuhr auf. «Komm, laß diese Sauereien! Ich hab sie zum Arzt gefahren, ich hab sie zu den Ämtern gefahren, ich hab sie zu ihren Verwandten gefahren, ich hab ihr die Sachen vom Supermarkt nach Hause gefahren – umsonst natürlich.» Er zog seine Aktentasche auf, holte die Abschrift ihres Testaments hervor und reichte sie seiner Frau hinüber. «Hier,
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