Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe
Autoren: Horst Bosetzky
Vom Netzwerk:
weiter, riskierte er den großen Crash.
    Sein Rekord war ihm wichtiger.
    «Einen Augenblick bitte...»
    Gelungenes «follow through», das heißt, Arm und Finger folgten dem Pfeil – und es war ein Treffer. Sein Rekord war eingestellt, und er hatte noch neun Würfe, um die Marke nach oben zu schrauben.
    Doch da stellte sich Karin Aurak vor die Scheibe. «Sie können ja gleich weitermachen, nur eine kleine Frage, was diesen Mirko Fischer betrifft...»
    Stöhnend ließ Mannhardt seine Pfeile sinken. «Yaiza Teetzmann ist nach Spandau raus, weil er da gesehen worden ist... also: gesehen worden sein könnte.»
    «Und warum sind Sie nicht mit?»
    «Weil ich da ’n viel größeren Fisch an der Angel haben könnte...» Er erzählte Karin Aurak von seinem Verdacht, daß es in Berlin einen mordenden Taxifahrer geben könnte. «Und wenn Sie mich für verrückt halten...»
    «Nein, machen Sie mal...»
    Mannhardt staunte. Und er war so perplex über diese Reaktion, daß er mit keinem Pfeil mehr traf, als seine Vorgesetzte wieder draußen war.
    «Scheiße!» Er trat mit dem Fuß gegen seinen Papierkorb und katapultierte ihn gegen den Schrank.
    Nur mühsam bekam er sich wieder in den Griff. Er ging in die Kantine, holte sich ein Stück Nuß-Sahne-Torte, kochte sich den Kaffee dazu und dachte nach. Profiling war angesagt, das Profil des Täters zu finden. Wie und unter welchen Umständen mußte ein Taxifahrer leben, der in Serie Manager ermorden konnte, ohne dabei aufzufallen? Ein Single mußte es wahrscheinlich sein, denn eine enge Bezugsperson hätte über kurz oder lang etwas gerochen. Und er mußte die Gelegenheit haben, die Leichen ungesehen verschwinden zu lassen, wahrscheinlich irgendwo im Umland wohnen, in Brandenburg. Vom Motiv her war Rache anzunehmen. Vielleicht war es einer aus dem Osten, dem Wende und Treuhand alles genommen hatten und der die einfallenden Westmanager nun haßte wie die Pest? War das ein hinreichender Grund?
    Mannhardt grübelte, bis die Zeit gekommen war, nach Prenzelberg zu fahren, wo Volker Vogeley im «Schwarzen Loch» seine Moritaten singen wollte. Auch diesmal wieder zögerte er nicht lange und bestellte sich ein Taxi.
    Der Taxifahrer war diesmal ein Berber, das heißt kein Stadtstreicher, sondern ein echter Berber aus dem Atlasgebirge, ein Diplomingenieur eigentlich, der aber keine Arbeit fand.
    Am Ziel reichte Mannhardt ihm einen Fünfzigmarkschein nach vorn. «Achtundzwanzig bitte...»
    Der Marokkaner drehte sich nach hinten, um ihm das Wechselgeld in die Hand zu drücken. Zwei Münzen und zwei Scheine. Und obwohl der Mann Linkshänder war, kam er nicht richtig herum, und das eine Markstück fiel zu Boden.
    Da hatte Mannhardt sein Aha-Erlebnis.
    «Sie sind Linkshänder?»
    «Ja...»
    «Und haben Sie eine Gaspistole bei sich?»
    «Wieso?»
    Mannhardt zog seine Kripomarke heraus. «Ich suche den Taxifahrer, der... das heißt: den Taxifahrermörder und bitte Sie einmal um einen kleinen Test. Versuchen Sie doch mal, mit der Gaspistole auf mich zu zielen...»
    Der Marokkaner tat es, und er mußte sich dabei nur wenig nach hinten drehen und den Kopf mitnehmen.
    «Danke. Und wenn Sie Ihre Pistole nun einmal in die andere Hand nehmen, die rechte, und wieder auf mich zielen...»
    «Das geht doch gar nicht, ohne daß ich mir den Rücken verrenke. Da ist der Sitz viel zu hoch für.»

19
    Hartmut Tscharntke saß in der Küche seiner Frau, das heißt, er saß an jenem Tisch, an dem er fast dreizehn Jahre lang morgens gefrühstückt und zumeist abends auch warm gegessen hatte. Er fühlte sich wie ein Soldat, der soeben aus dem Krieg heimgekehrt war. Seine Frau legte ihm gegenüber eine Scheu an den Tag, die sehr erklärlich war. In den Jahren der Trennung waren sie sich fremd geworden, und sie wußte, daß er andere Menschen getötet hatte, Feinde. Aber das war im Krieg eben so. Sicher, er hatte keine Uniform getragen und war von keinem Heer vereinnahmt worden, doch was war denn das Leben heutzutage anderes als der Krieg aller gegen aller.
    «Ja, Katja, da bin ich wieder...» Tscharntke nippte nur an seinem Cognac. Er wollte nicht als Trinker gelten.
    «Da bist du also wieder.» Katja Tscharntke setzte an, die schlanken Beine übereinanderzuschlagen, ließ es aber.
    Tscharntke wußte, warum. Es hatte ihn immer heiß gemacht, und sie wollte nicht, daß dies geschah. Er suchte krampfhaft nach einem Thema, das ihr Gespräch in Fluß bringen konnte. Es war alles so furchtbar schwer geworden. «Die Kinder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher