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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe
Autoren: Horst Bosetzky
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wir beide jetzt.»
    Karin Aurak hob ihr Glas. «Trinken wir darauf!»
    Sie taten es, und Bianca Broch fuhr mit ihrem zweiten Faktor fort, der Medienpräsenz. «Oft genug allein nur auf dem Bildschirm zu sein bringt schon Charisma genug und spricht das, was man sagt und schreibt, fast heilig.» Sie verwies auf die Bücher verschiedener «Anchor»-Männer, deren Erfolg nur darauf baute.
    Karin Aurak nickte und formulierte es noch drastischer. «Sonst hätte deren Scheiß doch keine Sau zur Kenntnis genommen.»
    «Genau. Und weil es das A und O ist, in den Medien zu sein, habe ich mich entschlossen, mich als Urintrinkerin zu outen.»
    Karin Aurak lachte. «.. .womit Sie allerdings die Festnahme unseres Taxifahrermörders verhindert haben.»
    «Ich weiß: unser lieber Mannhardt hat sich seine Urinphobie auf meiner Gartenparty geholt.»
    «Gestern ist er mir fast von einem aufgebrachten Taxifahrer erschossen worden, in Lehnitz draußen.» .
    «Wie das?»
    «Der hat ihn für einen Gangster gehalten, zumindest aber für einen, der den Fahrpreis nicht entrichten und abhauen wollte.»
    Bianca Broch musterte die hohe Polizeibeamtin. «Sie halten von diesem Mannhardt nicht viel?»
    «Nein.» Karin Aurak hatte diplomatische Umschreibungen ein Leben lang gehaßt. «Er steht sich ständig selbst im Weg und ist so ein richtiger Stadtneurotiker. Unser Woody Allen.»
    «Gerade das ist es vielleicht, warum meine Freundin Heike ihn liebt.»
    «... und ich ihn partout nicht mag. Immer dieses ‹Ja aber› bei ihm. Ich will bei meinen Leuten ein klares ‹So ist es!› hören.»
    «Zur Zeit mag er vielleicht ein wenig durcheinander sein — so als später Vater. Was den Mörder des Taxifahrers betrifft und die Verfolgung in der Arztpraxis in Tegel, da hat er ja nun wirklich Pech gehabt. Schwierig mag er ja sein, hat doch aber auch seine großen Erfolge gehabt. Und zu einer guten Führungskraft gehört es auch, mit Menschen wie ihm zurechtzukommen.»
    Karin Aurak verstand den Wink. «Ich werd ihn auch machen lassen...»
    Mannhardt war sich den ganzen Morgen über nicht völlig sicher, ob er die Szene gestern abend in Lehnitz wirklich erlebt hatte. Von Minute zu Minute wuchs seine Angst, wieder einmal reif zu sein für die Psychiatrie. Realitätsverlust, Wahnvorstellungen... Für heute hatte er sich erst einmal krank gemeldet. Nach der Sache mit dem Urin im Gesicht nun schon wieder im Mittelpunkt des Kollegentratsches und -spottes zu stehen ging über seine Kräfte.
    Er griff zur Zeitung, aber selbstverständlich stand dort nichts von der Taxifahrerattacke am Lehnitzsee. Weil es zu unwichtig war, weil es sich nach Redaktionsschluß ereignet hatte – oder aber, weil es nichts war als eine Hervorbringung seiner krankhaften, zumindest aber skurrilen Phantasie, seiner mit dem Alter zunehmenden Neigung, das Leben als Groteske zu sehen, als Sitcom-Folge.
    Yaiza Teetzmann erlöste ihn von seinen Qualen, als sie nämlich anrief und ihm einen schönen Gruß von Volker Vogeley bestellte. «Der hatte das gerade im Protokoll gelesen von deinem Pech in Lehnitz und schnell mal gefaxt. Morgen soll et groß im «Generalanzeiger» stehen: Der Mann, der den Taxifahrermörder jagt, wird selber für den Täter gehalten.»
    «Lacher vom Band!» rief Mannhardt.
    «Und Lilo war schon weg, als de endlich im Hotel anjekommen bist?»
    «Ja.» Mannhardt erzählte es nicht ohne Erleichterung. «Sie war mit ein paar Kollegen in irgendeiner Disco draußen aufm Lande. Hat eben nicht sein sollen. Wie sagte meine Oma immer: Der Mensch denkt, Gott lenkt.»
    «Und wann lenkta dich wieda in’t Büro?»
    «Morgen sicher. Inzwischen könnt ihr ja alleine weiter nach Mirko fischen.»
    «Mirko Fischer soll jestern draußen in Spandau jesehn worden sein. Auf ’ner Wiese draußen, bei den Kühen.»
    Mannhardt ließ sich gehen. «Rinderdung, Scheidung, Fahndung – alles Dung, alles Scheiße...»
    Heike kam herein, und er beendete den kollegialen Meinungsaustausch.
    «Geht’s dir besser?»
    Er kam zu ihr an den Tisch. «Nein. Ich komm gegen dieses Bild einfach nicht an.»
    Heike setzte sich und klappte ihren Laptop auf. «Welches Bild?»
    «Wie der Taxifahrer sich umdreht und seine Waffe auf mich richtet. Ich hab wirklich geglaubt, der will mich erschießen.»
    Heike sah ihn an. «Warum sollte er?»
    «Da gäbe es viele Motive. Vielleicht hat er wirklich Angst vor mir gehabt und in einer Art Notwehr handeln wollen. Aber vielleicht ist er auch das gewesen, was man gemeinhin
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