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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe
Autoren: Horst Bosetzky
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auch an einen armen Schlucker, der es auf das Geld reicher Kunden abgesehen hatte: Unternehmer, Chefärzte, Manager... Manager! Mannhardt zuckte zusammen. Vielleicht lag hier die Lösung für Heikes Problem: Berlin als Schwarzes Loch, in dem die Manager verschwanden. Ach, Quatsch! Das war doch absolut hirnrissig alles. Durch die zu erwartende Begegnung mit Lilo war er krankhaft überagiert.
    Andererseits... Der Gedanke ließ ihn so schnell nicht wieder los. Die Blamage mit der so gründlich mißglückten Festnahme von Mirko Fischer ließ sich durch nichts besser kompensieren als durch die Aufklärung des mysteriösen Verschwindens diverser Manager. Und er hatte die fetten Titel schon vor Augen: Im Taxi in den Tod! Oder: Geisteskranker Taxifahrer tötet Topmanager!
    Hinter Hohen Neuendorf wuchsen die Ortschaften an der B 96 immer mehr zu einer großen Umlandsiedlung zusammen. Das ging bis Oranienburg hin, und man mußte schon sehr auf die gelb-schwarzen Schilder achten, um zu wissen, wo man gerade war. In Birkenwerder, Borgsdorf oder schon in Lehnitz. Allmählich wurde alles farbenfroher, und die preußisch-DDRliche Kargheit war nicht mehr ganz so ätzend.
    «Ist das links oder rechts vom Lehnitzsee, wo Sie hinmüssen?» fragte der Fahrer, der Licht angemacht hatte und die Karte auf den Knien hielt.
    «Keine Ahnung...» Mannhardt hatte in seiner Oranienburger Zeit zwar viele Male den Lehnitzsee umrundet, an seinen Ufern ja auch einige Morde erfolgreich aufklären können, doch ein Hotel namens «Heiderose» war ihm niemals untergekommen. Wirklich «Heiderose»? Und die Straße? Das war ihm noch nie passiert, daß er einen Straßennamen nicht gespeichert hatte. Lilos Stimme schien ihn total paralysiert zu haben.
    «Ich fahr jetzt hier rechts rein und dann von hinten nach Lehnitz», beschloß der Fahrer vorn.
    «Lassen Sie sich Zeit...» Mannhardts Angst vor Lilo wuchs. Er hatte das Gefühl, ihr hoffnungslos unterlegen zu sein. Insgeheim hoffte er, daß sie sich rettungslos verfahren würden.
    Sie glitten auf dem Birkenwerderweg dahin, einer in den Wald gefrästen Schneise und erreichten den S-Bahnhof Lehnitz. Mannhardt sah sich um. Vielleicht ging gerade einer seiner alten Oranienburger Kollegen mit Frau und Hund spazieren, vielleicht traf er Volker Vogeley. Alles war ihm recht, was Aufschub brachte. Doch nichts passierte, und ihm blieb nur, das zu denken, was er seit der Schulzeit abgespeichert hatte: Mit des Geschickes Mächten ist kein ew’ger Bund zu flechten.
    Vor der S-Bahn-Unterführung hielt sein Fahrer und wandte sich an einen Einheimischen älterer Bauart. «Hotel Heiderose?»
    «Nie gehört. Gibt’s hier nicht.»
    Triumphierend drehte sich Hindenburg nach hinten um. «Woll'n Sie mich verarschen?»
    Mannhardt litt sichtlich. Für einen Augenblick wurde ihm siedend heiß. Vielleicht hatte Lilo gar nicht Lehnitz gesagt, sondern Wandlitz... oder Rüdnitz... oder Perwenitz...? Nein.
    «Was is denn nu?»
    Mannhardt konnte seine Sprachhemmung nur mühsam überwinden. «Doch: Lehnitz. Irgendwo am See unten.»
    «Na schönchen...» Günther fuhr nach Lehnitz hinein.
    Mannhardt versuchte verzweifelt, sich an den exakten Namen des Hotels wie an die angegebene Straße zu erinnern. Es gelang ihm nicht mehr. Ein Blackout wie bei einer entscheidenden Prüfung. Und er hatte keine seiner Prüfungen so gefürchtet wie die, mit Lilo über ihre Scheidung zu reden. Warum nur hatte sie noch immer eine derartige Macht über ihn und konnte ihn zur absoluten Lachnummer machen? Warum war er im Umgang mit Frauen nicht so souverän wie Humphrey Bogart oder so macho-fies wie J. R. Ewing?
    Es kam, was kommen mußte: Bald hatten sie die Orientierung verloren. Vor allem deswegen, weil zwei Lehnitzer Kids sie zum Grabowsee geschickt hatten. «Da wo die Russen früher ihr Krankenhaus hatten, da wird jetze ’n Hotel drinne sein.»
    Der Fahrpreis näherte sich langsam Bereichen, wo Mannhardt bei der sattsam bekannten Armut des öffentlichen Dienstes Ärger mit seiner Vorgesetzten befürchten mußte. Auch war es bereits 21 Uhr 14, und es stand zu befürchten, daß Lilo Mannhardt mit seinem Kommen nicht mehr rechnete und anderes unternehmen würde.
    Da las er das Straßenschild Hirschfeldstraße und schrie automatisch: «Hier muß es sein. Ich erinnere mich ganz deutlich daran.»
    Der Fahrer bremste und schaltete das Licht im Wageninnern ein. Sie standen zwar im Wald, aber dicht hinter ihnen verlief die vielbefahrene Schmachtenhagener
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