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Ein leises boeses Fluestern

Ein leises boeses Fluestern

Titel: Ein leises boeses Fluestern
Autoren: Theodus Carroll
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einem schweren Zopf zusammen.
    »Hast du Limonade da?« fragte Max und setzte den Korb am Spülstein ab.
    »Limonade habe ich immer da. Gieß drei Gläser ein. Ich könnte selbst etwas Kaltes gebrauchen.«
    Er nahm einen Krug mit Limonade aus dem Kühlschrank und füllte drei Kristallgläser.
    Louise hielt Clarissas Zopf mit der einen Hand und hob mit der anderen ihr Glas. »Es schmeckt bestimmt alles besser, wenn man richtiges Geschirr benutzt«, verkündete sie. »Ich bin nie für Plastik gewesen. So ein Kunstzeug mag ich nicht.« Sie stellte ihr leeres Glas auf den Küchentisch und arbeitete weiter an Clarissas Haar. »Deine Mutter wird sich freuen, daß ich kein einziges Teil zerbrochen habe.« Sie wickelte ein Gummiband fest um das Ende des Zopfes. »Die Holzschüssel ist unter kochendem Wasser gesprungen … aber das ist ja nur eine Kleinigkeit und nichts Teures. Nun lauf, Mädchen.« Sie gab Clarissa einen Klaps.
    Clarissa trank ihre Limonade. »Können wir heute die Feuerwerkskörper abbrennen.«
    »Wer hat denn Feuerwerkskörper?«
    »Max hat eine Tüte voll.« Clarissa strahlte ihn mit ihren blauen Augen an. »Du hast es mir versprochen. Du hast gesagt, wir könnten sie auf dem Rasen abbrennen.«
    Louise fächelte sich mit ihrer Schürze. »Nirgendwo regt sich ein Lüftchen«, sagte sie. »Und es ist viel zu heiß für ein Feuerwerk. Außerdem ist es noch nicht der vierte Juli.
    Wenn du hier ein Geknatter veranstaltest, wird man uns alle einlochen.« Sie goß sich den Rest der Limonade in ihr Glas und fügte noch einen Löffel Zucker hinzu.
    »Knattern tun nur die Raketen und die Wunderkerzen«, warf Max ein. »Es ist aber auch ein Paket mit Schwärmern dabei.«
    Clarissa wirbelte herum, daß ihr Rock flog. »Laß uns jetzt welche abbrennen.«
    »Wenn du nach draußen gehst, bleib aus der heißen Sonne«, befahl Louise. »Ich will nicht, daß du krank wirst, bevor deine Mutter zurückkommt. Und binde deine Sandalen zu, Mädchen«, rief sie noch hinter ihr her. »Du wirst auf die Schnürsenkel treten.«
    Max holte die Feuerwerkskörper aus seinem Zimmer und gab Clarissa ein verschlossenes Paket mit zwölf Schwärmern. »Hier sind Streichhölzer. Stecke sie auf der unteren Veranda oder auf dem Rasen im Schatten an.«
    Clarissa warf die Arme um ihn. »Danke«, sagte sie gegen sein Hemd. Mit leiser Stimme fügte sie hinzu: »Ich liebe dich.«
    Sie trat einen Schritt zurück und sah ihn mit glänzenden Augen an, die vor Leben sprühten. Eine Sekunde lang lag auf ihrem Gesicht die Zärtlichkeit einer schönen jungen Frau, und ihr scheues Lächeln, als sie die Arme sinken ließ, zeigte, daß sie sich dessen bewußt war. Sie ging hinaus auf die untere Veranda, warf ihm durch die Fliegendrahttür noch einen Blick zu und lief dann leichtfüßig auf die großen Eichen zu.
    Max begab sich in die Wäschekammer und wickelte die Fahne aus, die er und Clarissa für den vierten Juli gekauft hatten. Sie war beinahe zweieinhalb Meter lang. Er wollte sie an die Stange hängen, die über das Geländer hinausragte. Die Fahne hatte ein ziemliches Gewicht und roch gut nach neuem Stoff. Er trug sie die Treppe hinauf zu der hinteren Veranda. Die heiße Luft strich ihm über das Gesicht. Auf der blaugestrichenen Decke der Veranda fingen sich die Sonnenstrahlen.
    Max machte sich in der Hitze an die Arbeit. Er zog ein neues Seil durch die Metallösen an dem einen Ende der Fahne und befestigte es. Seine Gedanken beschäftigten sich damit, daß am Sonntag Clarissas Eltern heimkommen würden. Dann würde Clarissa irgendwie sicher sein. Er fühlte den verzweifelten Wunsch, sich seiner Bürde zu erleichtern, es jemandem zu erzählen, das dumpfe Gefühl von Schuld und Niedergeschlagenheit abzuschütteln, das ihn immer stärker bedrückte.
    Und dann lachte er leise auf. Vielleicht war jetzt alles gut, denn Clarissa würde nun auf ihn hören, und er konnte für ihre Sicherheit sorgen.
    Er beugte sich über das Geländer und brachte die Fahne an. Das schwere Tuch entrollte sich und zeigte in der grellen Sonne seine leuchtenden Farben. Er band das Seil fest, trat einen Schritt zurück und wischte sich den Schweiß vom Nacken.
    Wo mochte Clarissa stecken? Er entdeckte sie unter den Eichen in der Nähe der Zufahrt. Sie stand im Schatten und brannte zwei Schwärmer an. In jeder Hand hielt sie einen und bewegte sie langsam in Kreisen und Bogen, bis sie ausgebrannt waren. Sie ließ die heißen Metallstäbe fallen, öffnete die Schachtel und nahm zwei
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