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Ein leises boeses Fluestern

Ein leises boeses Fluestern

Titel: Ein leises boeses Fluestern
Autoren: Theodus Carroll
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»Wir können uns gleich treffen … Du kannst uns ja in ungefähr einer Stunde hier abholen.«
    Clarissa funkelte ihn an, dann rannte sie davon und verschwand in der Menge.
    »Nun komm«, sagte Sally. »Jetzt oder nie!«
    Im Restaurationszelt fanden sie Platz an einem kleinen Tisch. Arnold ging an die dicht umlagerte Theke, um das Bier zu holen. Max und Sally saßen unter einer Kette weißer Lichter. Sally schüttelte sich Sägemehl aus ihren Sandaletten.
    »Ist das heiß!« Sally wischte sich mit einem sauberen Taschentuch den Nacken ab. »Ihr wird schon nichts passieren.«
    Max sah sie an. »Wem?«
    »Clarissa. Mach dir um sie keine Sorgen.« Sally seufzte, der Hitze und Clarissas Allgegenwärtigkeit wegen.
    Max machte es sich auf einem Stuhl bequem. Ihm kam zu Bewußtsein, unter welcher seelischen Anspannung Clarissa ihn ständig hielt. »Es geht nicht darum, daß ich mir Sorgen um sie mache. Ihre Eltern sind zu lange weg gewesen. Wenn sie nach Hause kommen, wird alles wieder in Ordnung sein.«
    »Sicher. Aber du mußt schließlich auch ein Privatleben haben.« Sie strich sich das Haar von den Schläfen zurück. »Jeder Mensch braucht ein Privatleben.«
    Sally faltete die Hände über ihrem Magen. Schweißperlen standen ihr auf Oberlippe und Stirn, und ihre Bluse wies dunkle Schweißflecken auf. Max fühlte Zärtlichkeit für sie, und wenn sie nicht an diesem Ort gewesen und wenn sie nicht Arnolds Mädchen gewesen wäre, hätte er wohl ihren Arm gestreichelt, nicht aus Leidenschaft, sondern nur, weil er sich mit ihr verbunden fühlte und vielleicht auch, weil sie sich seit ihrer gemeinsamen Kindheit kannten.
    Sie lächelte ihn an. »Wo nur Arnold so lange bleibt?«
    Der Lärm und das Licht schienen miteinander zu verschmelzen, als Max die Augen schloß und den Kopf zurücklegte. Plötzlich fühlte er sich sehr müde und einsam. Neben Sally sitzend, war er sich schmerzlich seiner Einsamkeit, seiner Ausgeschlossenheit bewußt, die niemand durchdrang, nicht einmal Clarissa.
    Arnold erschien mit dem Bier. Es schmeckte warm. Max trank, und das warme Bier brachte ihn zum Lachen. Auf kaltes Bier hätte er gar nicht erst hoffen sollen.
    Arnold leerte sein Glas. »Zeit, daß wir uns ein bißchen amüsieren. Trinken wir noch ein Glas oder zwei, und dann tanzen wir.«
    Max stand auf. »Diesmal hole ich das Bier. Und dann suche ich Clarissa.«
    »Sie ist nach Hause gegangen«, teilte Sally ihm mit. »Gerade vor ein paar Minuten habe ich sie über den Parkplatz gehen sehen.«
    »Wann?« fragte Max.
    »Vor nicht viel mehr als einer Minute. Eine Weile stand sie hier neben dem Zelt, und dann lief sie über den Parkplatz davon.«
    »O Gott!« Max stellte die Gläser hin.
    »Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, versicherte Sally ihm. »Sie kennt doch den Weg nach Hause. Und außerdem war sie nicht allein. Es waren zwei andere Kinder bei ihr.«
    Max schüttelte sich, als sei ihm ein Stück Eis in den Hemdkragen geschoben worden. Nun waren die drei also zusammen, zusammen in der Dunkelheit, und Clarissa, unwissend wie sie war, hatte keine Angst vor ihnen.
    »Ist dir nicht gut?« Arnold hielt Max an der Schulter fest.
    Der Kopf schmerzte ihn. »Ich kann sie nicht allein nach Hause gehen lassen.«
    »Warum nicht, Max? Was fürchtest du?«
    Max sah in das besorgte Gesicht seines Freundes. »Wenn man es verhindern kann, sieht man nicht tatenlos zu, wie einem Menschen etwas Schreckliches zustößt.«
    »Was denn? In dem Haus ist doch nichts, was ihr ein Leid antun könnte.« Arnold packte Max bei den Schultern. »Du weißt, daß es nicht wahr ist!«
    Max schrie beinahe: »Ja, ich weiß es. Aber Clarissa glaubt daran. Sie glaubt an sie!«
    Sally kauerte auf ihrem Stuhl. Ihr Gesicht war eine weiße Scheibe.
    Max riß sich los und taumelte auf die Zeltöffnung zu. Beißender Schweiß strömte über seinen Körper, und das Brausen in seinem Kopf löschte alle anderen Geräusche aus. Er sah Arnolds Lippen sich bewegen, aber er blieb nicht stehen. Dann rannte er über das Gelände, weg von den Lichtern und dem Lärm und seinen Freunden, die ihm hätten zuhören können, weg von seinem Wunsch, es jemandem zu erzählen. Denn jetzt war es zu spät. Es war zu spät für jede Hilfe, zu spät, dem, was geschehen würde, Einhalt zu gebieten. Er war allein damit, er mußte sich hineinstürzen, und wenn er versagte, würde er es sich sein ganzes Leben lang nicht verzeihen können.
    Durch das Hämmern seines Herzens und das Keuchen seines
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