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Ein leicht versalzenes Jahr

Ein leicht versalzenes Jahr

Titel: Ein leicht versalzenes Jahr
Autoren: Frieda Lamberti
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Sommer heiß

»Für euch Frauen ist doch der Valentinstag so etwas wie ein Nationalfeiertag«, sagt Gerald, der wie ein schüchterner Junge in meiner Küche sitzt und mich und die Vormittagsfrauen hilfesuchend um Rat anbettelt. Auf keinen Fall will er wieder danebengreifen, wenn es darum geht, ein geeignetes Geschenk für seine Frau auszusuchen. Diesmal soll Anja sich freuen. Mathilde steht auf Praktisches. Sie würde sich zu einer Küchenmaschine freuen.
   »Auf gar keinen Fall«, stimmen wir einhellig ein. Es fallen Vorschläge für Blumen, einen romantischen Abend zu zweit, Parfum, ein Buch, ein Konzertbesuch und Ingeborg empfiehlt ihm, ein Gedicht zu schreiben. Ich bin mir sicher, dass Anja sich durch Poesie nicht von ihren Abwegen abbringen lässt.
   »Sag du doch was, Lotte. Keiner kennt sie so gut wie du.«
Sie braucht einen knallharten Fick von hinten, denke ich. Rammel sie durch, dass ihr Hören und Sehen vergeht. Aber ich sage es natürlich nicht.
   »Was habt ihr denn geplant?«, will er wissen.
  »Martin kocht für mich. In unserem Fall ist es eine tolle Idee. Da du Anja aber täglich lecker bekochst, ist es für euch kein passender Vorschlag.«

Mit absoluter Sicherheit würde ich Geralds Ossobuco, den geschmorten Kalbshaxenscheiben in Tomaten und Kräutern, denen meines Liebsten vorziehen, aber ich habe keine Wahl. Sie sind bestimmt zäh und nüchtern, aber ich werde sie in aller höchsten Tönen loben. Allein der Spaß, den ich habe, ihm bei der Zubereitung zuzusehen, ist unbezahlbar. Ihn zu beobachten, wie er gebannt auf das Kochbuch starrt, sich immer wieder unbeholfen die einzelnen Arbeitsabläufe laut vorsagt, ist überaus amüsant. Als er mit der langen Brotsäge die Zwiebeln schält und die Lorbeerblätter für grünen Tee hält, kann ich nicht mehr an mich halten und umarme ihn fest.
   »Du bist so unfassbar süß. Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich habe?«
   »110 Grad« murmelt er noch, während ich ihn ins Schlafzimmer ziehe. Genau Maître Paul Bocuse, wenn wir dein Gericht morgen zum Frühstück verspeisen wollen, dann sind 110 Grad genau richtig.

Ich kann mich nicht an ihm satt sehen. Mein Gefühl ist so unbeschreiblich intensiv, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Mit absoluter Sicherheit kann ich behaupten, dass ich noch nie einen Mann zuvor so lieb gehabt habe, wie Martin. Und wenn er schwer durch die Nase ausatmet und mein Gesicht mit seinen Händen fest umklammert, fühle ich, dass es ihm genau so geht. Bin ich ein Glücksschwein? Was Martin betrifft bestimmt.

Unser Wecker klingelt schon um 5.30 Uhr. Ein Blick aus dem Fenster und er kommt nicht wieder ins Bett zurück. Schneeschippen ist angesagt. Das Angebot von King Kong, dass er den Winterdienst übernehmen würde, hatte er im Herbst selbstbewusst abgelehnt. »Das schaffe ich schon selbst.«
Völlig erledigt und laut pustend kommt er eine Stunde später in die Küche und wir trinken unseren Tee und Kaffee.

Wieder keine Post von Liebermann. Mathilda und Ingeborg putzen schon den dritten Tag Maschinen, die seit einer Woche stillstehen.
   »Schlechte Nachrichten, Mädels«, beginne ich meine Ansprache. »Der Kaufhaus Auftrag wurde bisher nicht verlängert. Ich fürchte, das war vorläufig der letzte Senf, der von uns zusammen hergestellt wurde.«
Meine Vormittagsfrauen tragen es mit Fassung. Sören ist der Schreck allerdings deutlich anzumerken.
   »Du gibst auf? In ein paar Wochen findet wieder die Messe in Nürnberg statt. Eine gute Gelegenheit, neue Kunden zu akquirieren.«
   »Die Kleinaufträge kann ich allein bewältigen. Ohne Liebermanns Folgeauftrag ist hier Schluss. So leid es mir tut. Ich zahle euch die Gehälter bis Ende März weiter. Ihr bekommt alle hervorragende Zeugnisse von mir. Mehr kann ich nicht tun.«

Ich fühle mich wie eine Versagerin. Martin hat wenig Verständnis für meine Gefühlslage und findet, dass ich richtig gehandelt habe. Er verspricht zu schauen, ob er für Sören einen Posten bei Solution Partners finden kann. Ob er schon einmal persönlich einem Mitarbeiter gekündigt hat, will ich von ihm wissen und er schüttelt den Kopf. Wie kann er dann nachempfinden, wie es mir gerade geht?

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