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Ein leicht versalzenes Jahr

Ein leicht versalzenes Jahr

Titel: Ein leicht versalzenes Jahr
Autoren: Frieda Lamberti
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bitte auf, so laut rumzubrüllen. Die Nachbarn schauen ja schon alle zu uns rüber.«
Ich bitte ihn ins Haus und biete ihm einen Platz in der Küche an. Während er sich einen Kaffee einschenkt, versuche ich unbemerkt auf Anjas Handy anzurufen.
   »Nur die Mailbox«, sagt Gerald, der nun dicht hinter mir steht. »Du brauchst sie nicht zu warnen. So langsam wird mir einiges klar. Also spar dir deine Lügen. Wer ist es? Mit wem betrügt sie mich? Seit wann?«
Ich versuche mich ahnungslos zu geben, aber meine mangelnden Schauspielkünste lassen mein Verhalten wenig glaubhaft wirken.
   »Gerald, sprich selber mit ihr. Ich mische mich nicht ein. Das habe ich schon immer so gehalten. Anja ist meine Freundin. Was nicht bedeutet, dass ich ihr Verhalten gut heiße. Es gibt nichts, was ich dir sagen könnte. Wir haben seit Wochen keinen Kontakt.«
   »Ihr Scheiß Weiber. Ihr seid doch alle gleich!«
Mit dieser weitverbreiteten Männer Weisheit verlässt Gerald das Haus.

Nun mische ich mich doch ein und schreibe Anja eine SMS. Dein Mann war hier und hat dich gesucht. Er ist auf Hundert. Du bist aufgeflogen. Viel Glück. Lotte

Eine halbe Stunde später fährt sie vor und behauptet steif und fest, dass sie direkt vom Großmarkt kommt.
   »Wieso wird hier heute nicht gearbeitet?«
   »Es gibt keinen Folgeauftrag. Ich habe alle Mitarbeiter entlassen müssen. Das wüsstest du, wenn du dich die letzten Wochen mal gemeldet hättest. Aber du warst ja anderweitig beschäftigt. Kommst du etwa gerade wieder von ihm?«
   »Ich habe den ganzen Kofferraum voller Gemüse und Obst. Gerald hat doch gewusst, dass ich heute den Einkauf übernehme. Was hast du blöde Gans bloß zu ihm gesagt?«
   »Dass ich keine Ahnung habe und er mit dir sprechen soll.«
   »Na bravo. Dann hättest du ihm auch gleich reinen Wein einschenken können. Vielen Dank, Charlotte.«
   »Es ist nicht meine Aufgabe, ihm reinen Wein einzuschenken, sondern deine! Ist dir eigentlich klar, in welche blöde Situation du mich gebracht hast?«
   »Och?! Hat mein Verhalten dich in eine prekäre Lage gebracht? Das tut mir aber leid. Frag dich lieber, in welche Lage du mich mit deiner Geschwätzigkeit gebracht hast.«
   »Mr. Salsa hat dir wohl deinen letzten Verstand aus dem Kopf gevögelt. Komm endlich wieder zu dir und stehe zu deinem Verhalten.«
Jetzt baut sie sich wutschäumend vor mir auf und schreit hysterisch auf mich ein.
   »Und du willst meine Freundin sein? Pah! Auf solche Freunde kann ich verzichten. Das war’s mit uns, Lotte. Dass mit deinem Senfauftrag tut mir leid. Aber auch nur für deine Leute. Du fällst schon wieder auf die Füße. Wie immer! Vielleicht versuchst du dich mal als Autorin und schreibst einen Treue Ratgeber. Bei deinen Moralvorstellungen wird es bestimmt ein Bestseller.«

Hat jemand unser Namensschild Talbach/Seibert entfernt und stattdessen das Wort Irrenanstalt angebracht? Der Streit mit Anja ist mir kräftig auf den Magen geschlagen und ich nutze meine Wut und Empörung, um die verhassten Arbeiten im Haushalt zu erledigen. Statt Martins Hemden wie üblich in die Wäscherei zu bringen, stecke ich sie in die Maschine und bügle sie selbst bis zum späten Nachmittag. Jetzt, wo ich nicht mehr in der Küche werkeln kann, bleibt mir nur noch Garten- und Hausarbeit. Wie öde! Wie unfassbar öde!

»Keine guten Nachrichten, Schatz. Unser Hotel ist über Ostern schon ausgebucht. Allerdings nach Ostern könnten wir für vier Tage anreisen. Ist doch so schlimm nicht, oder? So kannst du am Sonntag dein obligatorisches Osterfrühstück mit der Familie abhalten. Ich verspreche dir auch, diesmal anwesend zu sein und keinen Unfall zu bauen.«
   »Na, das ist doch mal ein guter Vorsatz!«
   »Vielleicht wird ja auch wieder bei Lutz gegrillt oder wir gehen in die Alte Mühle zum Brunch. Letzeres wohl eher nicht, denke ich aber behalte die Vorkommnisse des heutigen Tages für mich.
   »Hab ich dir jetzt den Tag versaut?«
   »Nee, Schatz, das haben schon andere für dich erledigt. Komm, lass uns noch eine Runde um den Block machen. Auch wenn Kurt nicht mehr da ist, sollten wir dieses Ritual beibehalten.

April, April, der macht, was er will

Durchgängig grau sind Marias Haare im Laufe der letzten Monate geworden. Ich finde, die Farbe steht ihr, aber sie streicht sich unzufrieden mit ihren Fingern durch ihre Locken und mustert sich im Spiegel.
   »Ich sehe aus wie ein alter
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