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Ein leicht versalzenes Jahr

Ein leicht versalzenes Jahr

Titel: Ein leicht versalzenes Jahr
Autoren: Frieda Lamberti
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eine Gehaltsbescheinigung ausstellen. Ich will mir heute Abend ein Reihenhaus ansehen und du weißt ja...«
   »Das hat Zeit. Zunächst kümmern wir uns um deine Genesung.«

Seit Tagen ist King Kong dabei, seine Holzfassade zu entfernen und der Krach seiner Kreissäge treibt mich langsam aber sicher in den Wahnsinn. Seit heute ist er dabei, seine neuen Klinkersteine zu schneiden. Das Geräusch, das er macht, gleicht dem des fiesen Bohrers meines Zahnarztes. Allerdings hinkt der Vergleich, denn mein Dentist hat noch nie zehn Stunden am Stück ohne Pause bei mir gebohrt. Mir droht, gleich der Kopf zu zerspringen.
»Wie bitte? Was hast du gesagt?«
Ich fluche laut und schließe alle Fenster mit einem lauten Knall.  
   »Bei diesem Dauerlärm wirst du deinen Schmarotzer nicht los! Hier ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass ich auch einen bekomme. Wir machen die Biege, Anja. Ich werde gleich bei Linde anrufen und sie fragen, ob wir willkommen sind.«

Martin ist auf Hundert. Er meint, es wäre Geralds Aufgabe, seiner Frau zur Seite zu stehen.
   »Gerald ist ahnungslos und so soll es nach Anjas Wunsch auch bleiben.«
   »Du willst mich schon wieder verlassen?«
   »Ich verlasse dich nicht. Du lässt mich alleine gehen. Wenn du mit mir zusammen sein willst, dann komme mit.«
   »Wie stellst du dir das vor? Ich kann nicht von heut auf morgen aussteigen.«
   »Komisch. Als du noch dachtest, dass ich die Kranke bin, da war es dir möglich. Tut mir leid, dass ich keinen Hirntumor habe. Aber vielleicht ist er ja ansteckend und ich darf die leise Hoffnung haben, dass du dann in naher Zukunft endlich zur Vernunft kommst.«
   »Wie makaber!«
   »Nein, wie unendlich traurig, dass du erst erkennst, was im Leben wirklich wichtig ist, wenn der Super Gau tatsächlich eingetreten ist. Du bist unverbesserlich!«

Anjas Arzt ist von unseren Reiseplänen nicht angetan. Und dann auch noch ins Ausland.
   »Ich hoffe, Sie wissen welche Verantwortung Sie damit auf sich nehmen, Frau Talbach.«
Er zählt mögliche Nebenwirkungen auf und bittet mich, ein Protokoll über ihre Einnahmezeiten zu führen. Anja erhält ihre komplette Krankenakte. Nur für den Notfall. Von einer Flugreise rät er uns dringend ab. Wir werden also mit meinem Wagen fahren und die Strecke in zwei Etappen zurücklegen.

Septemberwetter warm und klar, verheißt ein gutes nächstes Jahr

Diesmal muss ich nicht über die Pforte klettern. Linde  steht bereits in der Einfahrt und winkt uns freudig zu. Ich brauche die beiden einander nicht vorzustellen. Anja hat auf meinem Geburtstag einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
   »Ich hoffe, Lotte hat dir gesagt, dass meine beiden Mitbewohner schwul sind. Du brauchst dich also nicht ins Zeug zu legen, das wäre vergebene Liebesmüh.«
   »Keine Bange, Linde, ich stehe nicht auf Sex mit Scheintoten. Ich hab es gern, wenn die Männer noch Puls haben.«
   »Na, dann haben wir das Wichtigste ja schon mal geklärt. Willkommen in unserem Hospiz. Caruso kennst du ja noch und das ist Albert, der Älteste von uns Scheintoten.«
   »Aber der Schönste von uns dreien, oder etwa nicht, Anja?«
   »Da lege ich mich lieber nicht fest. Aber eigentlich ist es ja nur wichtig, dass man selber daran glaubt.«
   »Bitte entschuldigt den frechen Ton meiner Freundin. Sie hat einen attestierten Dachschaden. Wenn sie ab morgen ihre Drogen bekommt, hält sie hoffentlich ihre vorlaute Klappe.«  

Anja und ich teilen uns ein Zimmer. Mir ist wohler bei dem Gedanken, auch nachts bei ihr zu sein. Nein, mit ihr in einem Bett zu schlafen macht mir überhaupt nichts aus.
   »Nein, ganz und gar nicht, Linde. Das haben wir früher so häufig gemacht.«
Sie packt noch ihren Koffer aus, als ich mich zu den Gastgebern an den Tisch setze. Erst nach unserer Ankunft wird mir das Ausmaß der Verantwortung, die ich übernommen habe, richtig bewusst.
   »Hoffentlich war es kein Fehler, die Therapie hier zu machen. Sollte etwas schiefgehen, dann habe ich noch nicht einmal genügend Fremdsprachkenntnisse, den Ärzten vor Ort ihren Gesundheitszustand zu erklären.« Caruso beruhigt mich und sagt, dass sie bei Albert in den besten Händen ist. Na super. Und gerade mit ihm hat sie es sich gerade verscherzt.
   »Nicht die Bohne, Lotte. Ich lebe seit zehn Jahren mit Lindes Sprüchen. Das härtet ab.«

Beim Abendessen bittet Anja um ein weiteres Glas Wein. Ich halte es für keine gute
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