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Ein leicht versalzenes Jahr

Ein leicht versalzenes Jahr

Titel: Ein leicht versalzenes Jahr
Autoren: Frieda Lamberti
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Verhalten der letzten Zeit mit ihrer Diagnose zu tun haben muss. Vielleicht sind es auch die Nebenwirkungen der Medikamente, die sie so verändert haben.

Auf unserer Einfahrt angekommen schaue ich zu King Kong hinüber. Warum ein großes Baugerüst vor seinem Haus steht, frage ich Martin.
   »Er bekommt eine neue Fassade«
Na bravo. Endlich kann er wieder Krach machen. In der Küche wird noch stramm gearbeitet. Ich begrüße die Mitarbeiter und gehe auf Anja zu und umarme sie.
   »Danke, dass du mich so gut vertreten hast.«
   »Toll, siehst du aus. Der Urlaub scheint dir bekommen zu sein.«
Ich schaue sie prüfend an und kann mir nicht vorstellen, dass sie sterbenskrank ist. Sie sieht aus wie das blühende Leben. Ich flüstere ihr zu, dass wir beide uns einen gemütlichen Abend zu zweit machen. Und sie nickt.

Es ist drückend schwül und ich ahne, dass ein Gewitter im Anmarsch ist. Also gehen Anja und ich ins Wohnzimmer und pflanzen uns gemütlich aufs Sofa.
   »Du willst deine Rückkehr mit Wasser feiern? Soll das ein Witz sein?«
   »Was denn?«
   »Na, du wirst doch wohl eine Flasche Sekt spendieren.«
   »Sekt und diese Medikamente. Hältst du das wirklich für eine gute Idee?«
Ich werfe die leere Schachtel auf den Tisch und sie senkt sofort ihren Kopf.
   »Woher hast du die?«
   »Das ist doch jetzt völlig egal. Seit wann weißt du von deiner Krankheit?«
Sie stöhnt laut auf und geht zum Kühlschrank und öffnet eine Flasche Wein. Stumm schenkt sie zwei Gläser ein und stellt sie auf dem Tisch vor uns ab. Sie kämpft mit den Tränen und beginnt endlich zu erzählen. Schon auf der Hochzeitsreise litt sie unter starken Kopfschmerzen. Sie hat es auf den Klimawechsel geschoben, aber als die Beschwerden nach ihrer Rückkehr weiter zunahmen, ging sie zum Arzt.
   »Da wurde dieser fiese, kleine Schmarotzer entdeckt.«
Seitdem nimmt sie kurmäßig diese Tabletten. Die Ärzte hatten ihr geraten, sich auf das Schlimmste einzustellen.
   »Genießen Sie Ihr Leben«, sagte mein Doc und das tat ich auch.«
Sie erklärt, dass sie während der Therapie unter ständigem Schwindelgefühl leidet. Erst nach der dritten Behandlung, begann der Tumor zu schrumpfen.
   »Aber ganz weg, bekomme ich ihn damit nicht. Schon bald werde ich wieder eine neue Session einleiten müssen. Dann werde ich vermutlich nicht arbeitsfähig sein. Es ist also gut, dass du wieder da bist.«
   »Verdammt, Anja. Warum hast du mir kein Wort gesagt. Ich bin deine beste Freundin.«
Sie erklärt, dass sie die Nachricht erst selbst einmal verdauen musste. Als sie sich mir anvertrauen wollte, entschied sie sich kurzer Hand doch anders.
   »Du warst mit deinem Großauftrag beschäftigt und ich war auch ein wenig wütend auf dich. Nicht wütend, eher eifersüchtig, weil du in Maria eine so enge Freundin gefunden hattest.«
   »Das mit Maria ist doch etwas ganz anderes.«
   »Nach eurem Polterabend hattest selber genug Probleme. Wie auch immer, es gab nie einen geeigneten Zeitpunkt, es dir zu sagen. «
   »Und Gerald. Weiß er davon?«
   »Pah. Der hat doch nur sein blödes Lokal im Kopf. Der war keine Stütze.«
   »Wie auch? Wenn du nicht mit ihm gesprochen hast.«
   »Kein Wort rede ich wieder mit ihm, es sei denn er rückt endlich mein Geld heraus. Ich brauche es dringend, um für meine Mädchen vorzusorgen.«
   »Sind Lena und Lisa noch bei ihm?«
Anja nickt.
   »Es ist meinem Aufseher gelungen, sie auf seine Seite zu ziehen. Sie haben mir in der letzten Woche genau zu verstehen gegeben, was sie von ihrer durchgeknallten Mutter halten.«
   »Dann sprich mit ihnen!«
   »Auf keinen Fall! Und du sagst ihnen auch kein Wort. Kann ich mich auf dich verlassen?«
Natürlich kann sie sich auf mich verlassen. Wie immer, auch wenn ich es für einen Fehler halte.
   »Martin ist im Bilde. Er hat deine Tabletten gefunden und war der Annahme, dass ich....«
   »Wird er dicht halten?«
   »Bestimmt.«

Ich lobe Sören. Er hat während meiner Abwesenheit wirklich alles perfekt geregelt. Ich bitte ihn, eine Aushilfe zu suchen, die meinen Posten bis auf Weiteres übernehmen soll.
   »Rufe notfalls bei einer Zeitarbeitsfirma an.«
Ich habe Wichtigeres zu tun. Auf keinen Fall werde ich Anja, die kommenden Wochen aus den Augen lassen. Die dreiwöchige orale Chemotherapie wird sie diesmal mit meiner Unterstützung durchstehen.
   »Lotte, kannst du mir
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