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Ein Kuss und Schluss

Ein Kuss und Schluss

Titel: Ein Kuss und Schluss
Autoren: Jane Graves
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es sei eine Frau mit blonden Haaren gewesen.«
    »Es gibt Tausende von Blondinen ...«
    »Sie hat dich bei einer Gegenüberstellung erkannt.«
    »Ich weiß nicht, wie sie ...«
    »Und dann deine Vorstrafen.«
    Renee setzte sich kerzengerade auf. »Woher wissen Sie davon?«
    Leandro grinste sie süffisant an. »Ich kenne da so einige Mittel und Wege.«
    »Das waren Jugendstrafen! Ich dachte, diese Akten werden unter Verschluss gehalten!«
    »So ist es. Aber die Lippen eines Bullen öffnen sich leichter als ein Aktenschrank. Als man dich wegen des bewaffneten Raubüberfalls auf die Wache brachte, weckte dein blondes Haar einige Erinnerungen.« Leandro grinste. »Es war ein Fehler, einem Bullen Bier auf die Schuhe zu kippen, Renee. So etwas vergessen die Jungs nie.«
    O nein! Renee vergrub das Gesicht in den Händen, als sie sich an die peinliche Geschichte erinnerte. Die Einzelheiten jener Nacht waren in ihrem Gedächtnis etwas verschwommen, aber sie wusste noch, dass sie wütend geworden war, als ein Polizist sie darauf hingewiesen hatte, es sei vielleicht keine gute Idee, mit ihren Freunden um ein Uhr morgens minderjährig und sturzbesoffen durch die Stadt zu ziehen. Sie hatte ihre Meinung zu seiner Bemerkung kundgetan, indem sie ihr Bud Light über seinen blitzblanken Schuhen ausgeleert hatte. Damit hatte sie die Eintrittskarte zum städtischen Gefängnis gewonnen. Aber nicht die erste.
    »Wie konnte er sich daran erinnern?«, fragte Renee. »Das ist schon über acht Jahre her!«
    »Ich schätze, du bist einfach unvergesslich, Süße. Vor allem, wenn man sich deine weiteren Vorstrafen zu Gemüte führt. Ladendiebstahl, Vandalismus, Spritztouren mit gestohlenen Autos ...«
    »Aber seitdem war ich sauber!«
    »Einmal Verbrecher, immer Verbrecher.«
    Sie wünschte sich, sie hätte jedes Mal, wenn sie diese Worte gehört hatte, einen Nickel bekommen, obwohl sie wusste, dass es nicht stimmte.
    Mit siebzehn hatte man sie zusammen mit ihrem Freund in einem gestohlenen Auto erwischt. Der Richter hatte es satt gehabt und sie in eine Jugendstrafanstalt gesteckt. Ihre Mutter hatte sich gerade so lange ausgenüchtert, um an der Verhandlung teilnehmen zu können. Anschließend war sie nach Hause gegangen, hatte eine neue Flasche Jim Beam aufgemacht und auf den Richter getrunken, weil endlich jemand anderem die Verantwortung für die Tochter übertragen worden war, um deren Erziehung sie sich kaum gekümmert hatte.
    Nach etwa drei Monaten im Gefängnis waren Renee die Unannehmlichkeiten einer Haftstrafe bewusst geworden. Sie hatte nun ernsthaft in Zweifel gezogen, dass ein kriminelles Leben lebenswert war, aber sie war viel zu cool gewesen, sich anmerken zu lassen, wie sehr sie ins Schwitzen geraten war.
    Noch während dieses Entscheidungsprozesses hatte sie an einem eintägigen »Angstprogramm« teilgenommen. Es bestand aus zwölf knallharten, fluchenden und schreienden weiblichen Häftlingen, die sie und ein halbes Dutzend weiterer Mädchen überzeugen sollten, dass sie auf gar keinen Fall ihr Leben hinter Gittern verbringen wollten. Renee hatte diese Lektion nie vergessen, und als man sie schließlich aus der Jugendstrafanstalt entlassen hatte, gab sie sich selbst das Versprechen, notfalls durch die Hölle zu gehen, wenn es keine andere Möglichkeit gab, sich vor einer weiteren solchen Erfahrung zu bewahren.
    Es war ein langer Aufstieg von ganz unten gewesen, aber sie hatte es geschafft, auch wenn der erste Schritt darin bestanden hatte, als Kellnerin bei Denny‘s zu arbeiten. Ihre Jugendstrafen waren Geschichte - beziehungsweise hatte sie das gedacht, bis irgendein Bulle mit einem Elefantengedächtnis den Mund aufgemacht hatte.
    »Ich kann diesen Überfall überhaupt nicht begangen haben«, redete sie auf Leandro ein. »Ich kann nicht einmal den Anblick einer Waffe ertragen. Es ist einfach unmöglich, dass ich ...«
    »Spar dir die Mühe. Es ist mir scheißegal, ob du schuldig oder unschuldig bist. Ich bekomme mein Geld so oder so.«
    Renee verzog angewidert das Gesicht. »Da haben Sie sich ja einen netten Job ausgesucht.«
    »Fast so gut wie Supermärkte ausrauben.«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich es nicht getan habe!«
    Er lächelte. »Das sagen alle.«
    Renee hätte am liebsten ihren Kopf gegen das Armaturenbrett geschlagen. Dieser Kerl war einfach blind für die Unschuld, auch wenn sie ihm in die Nase biss. Sie drehte den Kopf und starrte aus dem Seitenfenster. Die Meilen zwischen ihr und dem Gefängnis
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