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Ein Koffer voller Tiere

Ein Koffer voller Tiere

Titel: Ein Koffer voller Tiere
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Nüsse.
    Elias setzte sich in Bewegung. Man holte zwei wacklige Stühle herbei, auf die Bob und ich an einem schattigen Fleck inmitten der Dorfstraße plaziert wurden. Tief beeindruckt und höflich schweigend standen die Eshobiten um uns herum. Mit raschen, genauen Schnitten seiner Machete entfernte Elias die dicke Schale der Nuß. Als die Spitzen freigelegt waren, schnitt er sie beide geschickt ab und überreichte sie uns sauber geöffnet, so daß wir den süßen, kühlen Saft trinken konnten. Jede Nuß enthielt ungefähr zweieinhalb Glas durstlöschenden, hygienisch versiegelten Nektars, und wir kosteten jeden Schluck aus.
    Nach der Rast mußten wir unseren Lagerplatz einrichten. Etwa 200 Meter vom Dorf entfernt gab es ein Flüßchen, an dessen Ufern wir eine Stelle aussuchten, die nicht schwer herzurichten war. Mit Macheten bewaffnet, schnitten einige von uns alle kleinen Büsche und Reiser ab; andere ebneten mit kurzstieligen, breitklingigen Hacken die rote Erde. Nach den üblichen afrikanischen Ausbrüchen, Beschimpfungen, Sitzstreiks und kleineren Zänkereien, war das Gebiet schließlich bearbeitet und glich nun einem schlecht gepflügten Acker. Wir konnten unsere Zelte aufbauen. Während das Essen zubereitet wurde, gingen wir zum Fluß hinunter und wuschen in dem eisigen Wasser Schmutz und Staub von unseren Gliedern. Dabei beobachteten wir, wie uns die rosa und braunen Krabben zwischen den Steinen mit ihren Scheren zuwinkten. Wir fühlten, wie winzige lichtblaue und rote Fische zärtlich an unseren Zehen nuckelten. Erfrischt gingen wir zurück ins Lager, wo langsam Ordnung eintrat. Nach dem Essen kam Elias und hockte sich in den Schatten unseres Zeltes. Jetzt konnten wir unsere Jagdpläne besprechen. »Wann sehen wir diesen Vogel, Elias?« fragte ich.
    »Eh, Masa wissen, jetzt zu heiß. Jetzt Vogel suchen Essen in Busch. Am Abend, wenn kalt, er kommen nach Hause und arbeiten. Dann wir gehen sehen.«
    »Gut, dann kommst du zurück um 4 Uhr, hörst du? Dann sehen wir diesen Vogel, eh?«
    »Ja, Sah«, sagte Elias und stand auf.
    »Und wenn du nicht die Wahrheit sprichst, wenn wir diesen Vogel nicht sehen, wenn du Spaß machst, werde ich dich erschießen, Buschmann, hörst du?«
    »Eh«, rief Elias kichernd, »ich nie machen Spaß mit Masa, ich sprechen wahr.«
    »Nun, bis bald.«
    »Ja, Sah.« Elias zog den Sarong um seine massiven Hüften und trabte zum Dorf zurück.
    Um 4 Uhr war die Sonne hinter den höchsten Waldbäumen verschwunden. Die dämmrige, warme Ruhe des Abends lag in der Luft. Elias kam zurück. Anstelle seines grellbunten Sarongs hatte er jetzt einen viel zu kleinen, schmutzigen Fetzen um die Lenden geschlungen. Nachlässig winkte er mit der Machete. »Ich sein gekommen, Masa«, verkündete er. »Masa fertig?«
    »Ja«, sagte ich und band Feldstecher und Fangsack um, »auf geht’s, Jägersmann.«
    Elias führte uns die staubige Hauptstraße hinunter und bog dann plötzlich in einen kleinen Pfad zwischen den Hütten ein. Dieser Pfad führte auf ein Fleckchen Ackerland, das von federblättrigen Casava-Büschen und staubigen Bananenpflanzen übersät war. Unvermittelt tauchte der Pfad in einen kleinen Fluß und wand sich dann in den Wald. Noch auf der Dorfstraße hatte Elias mir einen Hügel gezeigt, auf dem der Picathartes leben soll. Es sah zwar so aus, als sei er ganz nahe, doch wußte ich zu genau, wie leicht das täuschte. Der Kamerunwald ist wie Alices Spiegelgarten. Das Ziel scheint dir vor der Nase zu liegen, doch wenn du darauf zugehst, weicht es aus. Manchmal mußt du, genau wie Alice im Wunderland, in die entgegengesetzte Richtung marschieren, damit du überhaupt hinkommst.
    Genauso war es mit diesem Hügel. Der Pfad führte nicht etwa gerade darauf zu, nein, er wand sich aufs Gratewohl durch den Wald, so daß ich schließlich glaubte, ich habe den falschen Hügel gesehen. Da endlich begann der Pfad entschlossen anzusteigen. Wir hatten offensichtlich den Fuß des Hügels erreicht. Elias wich vom Wege ab und hackte sich mit seiner Machete einen Pfad durch Lianen und Dornbüsche. Dabei zischte er leise durch die Zähne. Seine Füße huschten geräuschlos über den weichen Waldboden. Sehr bald arbeiteten wir uns einen Pfad hinauf, der so steil war, daß meine Augen oft in gleicher Höhe mit Elias Füßen waren.
    Die meisten Hügel und Berge Kameruns sind eigentümlich geformt und für den Bergsteiger ermüdend. Es sind uralte vulkanische Eruptionen, die von den unterirdischen Kräften
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