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Ein Kind, das niemand vermisst

Ein Kind, das niemand vermisst

Titel: Ein Kind, das niemand vermisst
Autoren: Kody DeVine
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er.
    »Das ist auch nicht wichtig, Sir.»
    »Wissen Sie, ob er in irgendwelchen Schwierigkeiten gesteckt hatte?«
    Einen Tick zu schnell für Cunninghams Empfinden, schüttelte Langden den Kopf. »Wie gesagt, ich habe keinen Kontakt zu ihm gehabt.«
    »Weshalb eigentlich nicht? Er ist der Sohn ihrer Schwester.«
    Langden kratzte sich am Hals und blickte zur Ginflasche. »Ich...wir kamen nicht sehr gut zurecht.«
    »Aber Sie sagten, Sie hätten ihn zuletzt als Kind gesehen. Kommt man mit einem Kind so schlecht zurecht, dass man den Kontakt meidet?«, warf Haines ein.
    »Natürlich nicht. Aber...ähm...« Er kratzte sich mittlerweile die Haut im Schulterbereich blutig. Haines schnappte sich die Ginflasche und hielt sie ihm hin. »Eigentlich trinke ich nicht mehr«, sagte er leise, nahm die Flasche aber in die Hand und trank gierig.
    »Die Scheidung hat alles durcheinander gebracht. Viele böse Wörter sind gefallen und da habe ich mich eine Zeitlang komplett zurück gezogen. Ich wollte diese Schuldzuweisungen nicht mehr hören, ich bin sehr gut mit Jaydens Vater befreundet, wissen Sie...das war schwer, das alles. Ich habe erst wieder Kontakt zu meiner Schwester aufgenommen, als die Sache mit Evanna passiert ist.«
    »Sie hat doch aber bestimmt öfter von Jayden gesprochen, oder?«
    »Nun...« Er nahm erneut einen hastigen Schluck und begann augenblicklich zu husten. Cunningham trat einen Schritt vor und nahm ihm die Flasche ab. »Ich glaube, das ist genug. Also, hat Ihre Schwester von Problemen mit Jayden berichtet?«
    »Nein, wirklich nicht.« Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
    Eine glatte Lüge, dachte Cunningham.
    »Wissen Sie, wann Ihre Schwester und Ihr Schwager zurück sein wollten?«
    Langden blickte auf die große Küchenuhr, die über dem Herd angebracht war. »Die müssten eigentlich jeden Moment kommen.«
     

2
     
    Erschöpft setzte sie sich auf die mit Graffiti besprühte Parkbank. Ihr war kalt, sie hatte nur eine dünne Jeansjacke an, die  viel zu luftig war. Mit zitternden Händen nahm sie ihren kleinen Rucksack, den sie immer bei sich trug und öffnete unbeholfen den Reißverschluss. Gierig verschlang sie den letzten Schokoriegel, dann zählte sie ihr restliches Geld. Sie hatte noch knapp drei Pfund bei sich. Der Rest war für die Busfahrt und ein Sandwich draufgegangen. Nun saß sie hier, in einer ihr völlig fremden Stadt und fror auf einer Parkbank, während der Tag allmählich anbrach. Obwohl sie sich sicher war, dass er ihr nicht gefolgt war, hatte sie immer noch Angst und zuckte bei jedem Geräusch zusammen.
    Verzweifelt versuchte sie die angestauten Tränen zurückzuhalten, doch es gelang ihr nicht. Die Tränen tropften von ihrem Kinn und landeten auf dem Kragen der Jacke. Sie machte sich nicht die Mühe sie wegzuwischen. Sie hatte keine Energie mehr. »Was mach ich denn jetzt?«, flüsterte sie. Sie musste ein Internet Café finden, um mit Richie Kontakt aufzunehmen. Er war der Einzige, der ihr helfen konnte.
    Sie wünschte, sie hätte ein Handy, eins dieser Smartphones, mit denen man ins Internet gehen konnte. Dann hätte sie Richie vielleicht schon längst erreicht und hätte die Nacht über nicht in dem schäbigen Versteck verbringen müssen. Einen kurzen Augenblick lang überkam sie Panik. Was war, wenn Richie gar nicht online war? Wenn er verreist war? Vor einem halben Jahr war er für mehrere Tage nicht online gegangen. »Unsinn!«, sagte sie laut und sprang entschlossen von der Bank auf.
     
     
     

3
     
    Ann Farlane war eine so zierliche Person, dass Cunningham bei jedem seiner Worte befürchtete, sie würde an ihnen zerbrechen.
    Die kurzen blonden Haare streng zurück gekämmt, saß sie mit ausdrucksloser Miene im Wohnzimmer, während ihre Hände unaufhaltsam an den Fransen eines Sofakissens zupften. »Ich versteh nicht, was Sie sagen...«, wiederholte sie immer wieder, während ihr Mann, groß und breitschultrig gebaut, unruhig im Raum umher wanderte. Sein Kiefer wirkte völlig verkrampft, die Augen huschten von einer Seite des Raumes zur anderen, wobei er es vermied seine Frau anzusehen. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt. Mike Farlane wirkte auf den ersten Blick wie ein Türsteher, Anzug und Krawatte wollten nicht so recht zu seiner massigen Gestalt passen und Cunningham konnte ihn sich auch mit viel Fantasie nicht als Geschäftsmann vorstellen.
    Ian Langden stand am Fenster und blickte hinaus. Er hatte die ganze Zeit über kein einziges Wort gesagt. Plötzlich
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