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Ein Kind, das niemand vermisst

Ein Kind, das niemand vermisst

Titel: Ein Kind, das niemand vermisst
Autoren: Kody DeVine
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Schritt, den sie auf das Haus zuging, stärker wurde. Ein Mottorad stand neben der Mülltonne. Für einen winzigen Moment spürte sie das Verlangen auf dem Ding davon zu rasen. Doch der Moment verflog. Wo sollte sie schon hin. Sie konnte nicht fliehen. Nicht vor ihrer Schuld und nicht vor ihrem Vater.
    Wie in Trance drückte sie auf das Klingelschild. Erst jetzt kam ihr der Gedanke, dass er gar nicht zu Hause sein könnte. Doch schlurfende Schritte hinter der Tür, belehrten sie eines besseren. Mit ruhiger Hand zog sie das Messer aus der Jackentasche und hielt es mit der Klinge nach oben vor ihr Gesicht.
    Die Tür wurde geöffnet. Vor ihr, in einem fleckigen Shirt und einer Jogginghose stand Tom Moss. »Um diese Zeit, hergott-« er brach mitten im Satz ab, starrte einfach nur auf das Messer in ihrer Hand. »Libby. Kind.« Er blinzelte, als glaubte er an eine Halluzination. »Was soll das?«
    Libbys Kopf schien auf einmal leer. Sie hatte keine Worte mehr, keine Gefühle, da war einfach nur noch diese Leere. Sie stand da und starrte ihn an, dann setzte sie die Klinge an ihre Kehle.
    »Erst wollte ich dich umbringen. Aber das würde Chloe auch nicht wieder zurück bringen«, sagte sie leise. Sie merkte, dass ihre Hand zu zittern begann, und schloss die Finger fester um den Griff des Messers.
    »Chloe? Was hab ich mit dem Gör zu tun?« Seine Stimme klang fest, doch in seinen Augen flackerte Angst auf.
    »Du hast sie umgebracht. Ich weiß es. Du weißt es. Und nun- » Sie schluckte die Tränen hinunter und sprach mit brüchiger Stimme weiter, »...nun, sollst du sehen, dass du mich nicht umbringen kannst. Ich bringe mich selbst um, damit du keine Macht mehr über uns hast. Das bin ich Chloe schuldig.«
    »Libby, ich will dir nichts tun, du bist mein eigen Fleisch und Blut.«
    »Du hast Sean umgebracht.«
    »Das war ein Unfall. Er tauchte hier plötzlich auf, so wie du, wir fingen an zu streiten, dann schubsten wir uns und er stieß mit dem Kopf gegen eine Schrankkante. Ich wollte das nicht, ehrlich Libby!« Er streckte seine Hand nach ihr aus, ließ sie jedoch gleich wieder sinken.
    »Ihr seid meine Kinder. Nicht die von diesem Conroy! Ihr gehört zu mir!« Die letzten Worte spie er aus. »Libby, mach keine Dummheiten. Ich hab Chloe nicht umgebracht!«
    Irgendwo hinter ihr wurde eine Autotür zugeschlagen, doch sie drehte sich nicht um. Weiter weg surrte eine Polizeisirene. Sie verfestigte ihren Griff ums Messer. Die Klinge fühlte sich angenehm kühl an. Sie fragte sich, ob es sehr weh tun würde. In Gedanken zählte sie bis drei, doch dann gehorchte ihre Hand nicht mehr. Sie begann stärker zu zittern.
    »Libby! Tu das nicht!«
    Sie kannte die Stimme der Frau irgendwoher. Einem Impuls folgend hätte sie sich beinahe zu ihr umgedreht. »Chloe ist in Sicherheit. Sie ist bei uns im Revier.«
    »Sie lügen! Ich weiß, dass er sie getötet hat!«
    »Nein, das hat er nicht. Sie hat sich in Manchester versteckt, bei einem Mann, den sie aus dem Internet kannte. Wir bringen dich sofort zu ihr, dann wirst du sehen, dass es ihr gut geht.«
    »Nein, ich glaube Ihnen kein Wort.«
    Haines trat näher. »Ich lüge dich nicht an.«
    Libby spürte wie sich eine Hand auf ihre Schulter legte. »Nimm das Messer runter, Libby. Chloe braucht jetzt dringender als je zuvor eine große Schwester.«
    Libby begann zu schluchzen. »Ich schulde es ihr.«
    »Sie lebt, Libby und sie braucht dich. Was sie nicht braucht ist eine tote Schwester.« Die Stimme des Mannes kam aus einiger Entfernung. Auch diese kam ihr bekannt vor.
    »Sie lügen auch ganz bestimmt nicht?«
    »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    »Aber er hat Sean getötet. Er hat es eben selbst erzählt.«
    »Es war ein Unfall. Das habe ich ihr gesagt!«, schrie er.
    »Gehen Sie bitte einen Schritt zurück, Sir«, sagte Haines, dann hielt sie Libby ihre ausgestreckte Hand hin. »Gib mir bitte das Messer. Wir bringen dich zu deiner Schwester und alles kommt wieder in Ordnung.«
    Libby schluchzte laut und ließ das Messer in Haines Hand gleiten. Dann drehte sie sich um und erst jetzt realisierte sie, dass drei Streifenwagen und mehrere Polizisten in der Einfahrt und auf der Straße standen
     

24
     
    »Knoxhem hat kein Polizeirevier«, sagte Haines zu Cunningham, als sie ihm einen Kaffee auf seinen Schreibtisch stellte.
    »Zum Glück. Wenn die eins hätten, gingen den bestimmt irgendwo Kinder verloren.«
    Haines grinste und nahm auf dem Besucherstuhl Platz.
    »Wie geht es Libby?«, fragte er
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