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Ein Hund namens Gracie

Ein Hund namens Gracie

Titel: Ein Hund namens Gracie
Autoren: Dan Dye , Mark Beckloff
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wartete. Es gab kein einziges Lebenszeichen, und trotzdem war ich davon überzeugt, dass irgendwo da drin noch ein kleiner Funken war, und ich konnte doch nicht aufhören, bevor das Feuer wieder voll entfacht war. Noch eine Minute, noch zwei - die mir wie Stunden vorkamen, aber ich blieb dabei. Meine Assistentin bat mich inständig aufzuhören. Und dann flackerte es in diesen großen Augen - einmal, und dann noch mal, dann blieben sie offen und in die Monitore kam Leben, als hätten sie nie auch nicht für eine Sekunde etwas anderes angezeigt. Nie«, hier versagte ihm die Stimme, »noch nie in meiner ganzen Laufbahn - und ich war schon Tierarzt, als sie noch nicht geboren waren - habe ich so was erlebt.«
    Dr. Benjamin nahm seine Brille ab und putzte sie. Als er sie wieder aufsetzte, waren seine Augen feucht, aber er lächelte. Es war ein warmes Lächeln, das seine Faltenkaskaden freundlich aufheiterte. »Seit diesem Tag ist sie das kleine Wunder für mich.«
    »Allerdings«, sagte ich, »ist sie ein kleines Wunder. Aber Sie haben dafür gesorgt.«
    Dr. Benjamin schüttelte vehement seinen Kopf. »Oh nein. Ich kann keine Wunder vollbringen. Ich versuche einfach nur, jeden Tag mein Bestes zu geben und meine Augen offen zu halten für die Wunder, die sich um mich herum zutragen. An dem Tag musste ich nicht lange suchen.« Er beugte sich über Gracie. »Nein, gar nicht.«
    Ich war still. Gracie stellte sich auf die Hinterbeine, legte ihre Pfoten an seine Brust und stupste ihre Nase ganz zart gegen die seine. Wenn ihr danach war, mit ihren Gefühlen hausieren zu gehen, so konnte ich es dies eine Mal durchgehen lassen.
     

     
    Als ich in derselben Nacht im Bett lag, dachte ich an Gracie und ihre Namen. Grace. Gracie. Gnade. Grazie. Am Abend davor hatte ich, angeregt durch die Bemerkung der Polizistin, Gracie ihren Namen noch voller Ironie gegeben - wegen ihrer niedlichen Tollpatschigkeit. 24 Stunden später fand ich, dass sie ihren Namen schon doppelt verdient hatte. Da war die Gnade, die sie ins Leben zurückgebracht hatte - das ist wohl offensichtlich. Aber da war auch die Gnade, mit der sie in mein leeres Leben getreten war. Als ich an die Decke starrte, hatte ich das starke Gefühl, dass dieser blöde Welpe, der seine Schnauze in meine Armbeuge zu stecken versuchte, ein paar Dinge mitbrachte, von denen ich gar nicht gewusst hatte, dass ich sie vermisste. Gnade ist überall. Wie Dr. Benjamin gesagt hatte, musste auch ich nur mein Bestes geben und meine Augen offen halten, um sie zu sehen. Das Jahr, das vor mir lag, sollte mir reichlich Gelegenheit dazu geben.
     

Der Blumen Duft
     
    D as Leben in einem Haus, das seit Aufhebung der Prohibition nicht renoviert worden ist, hat Eigenheiten. Eine von ihnen hängt mit vier Meter hohen Fenstern zusammen, deren Holzrahmen sich permanent ausdehnen oder zusammenziehen und deren Glas nicht so super isoliert. Deswegen tragen große alte Fenster wenig dazu bei, die Kälte oder wenigstens den eisigen Wind draußen zu lassen. Auf der anderen Seite lassen sie eine wahre Flut von Sonnenstrahlen herein, ob man will oder nicht. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: So viel Knete für Vorhänge aus dem Fenster zu schmeißen, dass es einem Schloss zur Ehre gereichen würde (»Geben Sie mir etwas, was nicht viel Licht durchlässt, vielleicht was Schwarzes oder besser etwas Tiefschwarzes. Ich nehme etwa 15 000 Meter. Verkaufen Sie das auch hektarweise?«). Oder das Sonnenlicht lieben zu lernen. Raten Sie mal, was ich getan habe.
    In dem Moment, in dem mein Wecker krähte, um die Morgendämmerung zu grüßen, zuckte ich zusammen, weil ich von einer weichen nassen Samtzunge in meinem Nacken geweckt wurde. Gracie war zu klein, um alleine aus dem hohen Bett zu klettern und mit ihren acht Wochen schon Lady genug, um die Laken nicht
    zu beschmutzen. So stand sie direkt über meinem Gesicht und wedelte vor freudiger Ungeduld. Ich sah dem neuen Tag nicht ganz so freudig entgegen wie sie.
    Wissen Sie, ich sehe mich gerne als großzügigen Menschen. Ich war Pfadfinder, habe verletzte Vögel gerettet, alte Damen über die Straße geführt und nicht auf Dank gewartet. Deswegen machte es mir auch nichts aus, dass meine neue Gefährtin keine Variante des aus dem Arbeitshaus geretteten Oliver Twist spielte: schon früh auf den Beinen, um die Böden zu wienern und meine Pfannkuchen zu backen. Was mir etwas ausmachte, war, dass ich aufstehen musste, um quer durch die Tundra zu einem nervtötenden Job zu
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