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Ein Hund namens Gracie

Ein Hund namens Gracie

Titel: Ein Hund namens Gracie
Autoren: Dan Dye , Mark Beckloff
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ich schließlich zu wissen verlangte, was hier gespielt wurde, tat sie ganz entrüstet: »Kann ein Mädchen denn nicht einfach mal glücklich sein? Ganz grundlos? Oder gibt es hier ein Gesetz gegen Glücklichsein?« Da wusste ich, dass ich mir weitere Versuche sparen konnte, und ging an meine Arbeit zurück, ohnehin eine gute Idee, denn wir standen kurz vorm Abgabetermin der Anzeigen-Kampagne für die »Oh! So! Delikato!«-Produkte.
    Die Produktlinie »Die Oh!riginalen«: »Löffel für Löffel Italien«, »Löffel für Löffel Spanien« und »Löffel für Löffel Orient« wurde ausgebaut. Anne vermutete, dass die Originalitätsexperten der Firma in monatelanger zermürbender Feldarbeit in Taco-Bars und Chopsuey-Spelunken quer durch den Mittleren Westen die schwere Menge Spesen gemacht haben mussten. (Eine Marktstudie hatte uns gerade eröffnet, dass unsere Werbelogans: »Oh! So ist es buen-o!« und »Ach, so! Es ist Oh! So!« einfach nicht das wirklich Fremde heraufbeschworen, was die meisten Käufer exotischer Dosensuppen so schätzten.)
    Anne ging mit einem unbekümmerten »Bis später, Süßer« zu Mittag, aber eine gute Stunde später war sie noch nicht zurück. Ich hetzte kurz los, um mir eine Pizzaecke in der Pizzeria Rusticana abzugreifen.
    Als ich zurückkam, kauerte Anne unter ihrem Schreibtisch. Ich begann mir gerade Sqrgen zu machen, ob ihr der Druck der Oh!-So!-Kampagne allmählich den Verstand raubte, da kam sie schwankend unter dem Gewicht von etwas, das wie ein kleines Pony aussah, auf die Füße. Strahlend sah sie auf die Kreatur in ihren Armen. Ein sich windender und noch kleiner Doggenwelpe namens Merlin.
    Er sah unheimlich witzig aus mit seinen kakaobraunen Augen, einem stahlblauen Fell mit dunkler Maske um die Schnauze, die wie eine Welpenversion von Fred Flintstones Fünf-Uhr-Schatten wirkte. Seine Ohren waren gerade kupiert worden, und man hatte sie mit einem Verband flach an den Kopf geklebt, was mich an die Haube von Whistlers Mutter erinnerte. So wie er zappelte, hatte man den Eindruck, Anne hätte Juckpulver auf sein Fell gestreut. Alles kitzelte ihn - wenn ein Welpe lachen kann, dann hatte er einen mittelschweren Lachanfall. Dabei kicherte Anne eigentlich schon genug für beide, und zu allem Überfluss gab sie in ihrem heiseren Alt auch noch Barfrauen-Sprüche wie »Baby, wo warst du denn mein Leben lang?« von sich. Es war, als habe jemand meine reife, schlagfertige und verdienstvolle Kollegin durch eine schlagfertige
    Siebenjährige ersetzt. Wenn Merlin ein Mann gewesen wäre, hätte ich mir Sorgen über seinen Einfluss auf sie gemacht, aber die Absichten eines Welpen zu verkennen, ist unmöglich. Als ich ihnen zusah, löste sich der Oh! -So! - Abgabetermin in Luft auf.
    Er war nicht mal zwei Monate alt und sein Körper war noch klein, aber er platzte regelrecht vor Welpenenergie und war außer sich vor Freude, lebendig zu sein. Als ich ihn in den Arm nahm, verschmolz all das Wunderbare, was ich an Blue vermisste, zu einer erstaunlichen und unbeschreiblichen Kraft. Ich spürte sie in Merlins Herz pochen. Ich fragte mich, ob ich diese Kraft je wieder in meinem eigenen Leben erleben würde.
    Anne war wie ausgetauscht. In dieser Woche kam sie jeden Tag ins Büro und sprudelte über von Geschichten und Polaroids von Merlin in Aktion - wie er gebadet wurde, wie er mit der dreckigen Wäsche kämpfte, wie er seine eigene Rute anknabberte, wie er aß, schlief, atmete...
    Die Temperatur war seit fünf Tagen nicht über minus 30 Grad gekrochen, aber Honolulu-Annie hatte das kein einziges Mal auch nur erwähnt, geschweige denn, dass sie es als persönliche Beleidigung auffasste wie sonst. Ganz offensichtlich war Merlin der Grund dafür. Ich sah, wie süß er war und wie viel Freude er ihr machte (»Ja, genau, wirklich mitten auf den Teppich. Hinreißend.«), aber gegen Ende der Woche wurde mir bewusst, dass ich ihre Freude nicht teilte. Ich fing an, meine Augen zusammenzukneifen und mit den Zähnen zu knirschen, wenn ich sie lächeln sah. Es war eine kaum merkliche Veränderung, aber sie nahm sie wahr.
    »Geht dir was auf die Nerven, Schätzchen?«
    »Was? Mir? Nie!«
    »Bist du da ganz sicher?«
    »Klar.«
    »Vielleicht kannst du es nur nicht ausdrücken?«
    »Hör mal«, fuhr ich sie an, »wenn in meinem Unbewussten irgendwas nicht stimmen würde, meinst du vielleicht, ich würde das nicht merken?«
    »Hmmm. Na ja. Sag’s mir einfach, wenn dir was auf die Nerven gehen sollte. Okay?«
    Das war
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