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Ein Hund namens Gracie

Ein Hund namens Gracie

Titel: Ein Hund namens Gracie
Autoren: Dan Dye , Mark Beckloff
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Körper hergab, um das zu ändern. Sie zerrte an ihrer Kette in nutzloser Verzweiflung. Ungeachtet ihrer geringen Größe riss sie meinen Körper in alle Himmelsrichtungen. Vielleicht fühlte es sich so an, wenn man ein bockendes Wildpferd ans Halfter gewöhnen wollte, beziehungsweise wie es sich anfühlen würde, wenn das Wildpferd etwa die Größe eines Teddybärs hätte.
    Ich zerrte sie heran, kniete nieder, streichelte sie und sagte, sie solle sich keine Sorgen machen, und danach schien sie weniger Angst vor der Leine zu haben, als vielmehr neugierig zu werden. Wir waren bereit, uns auf den Weg zu machen. Ich jedenfalls.
    Sowie wir aus dem Tor traten, sprang Gracie so freudig hinaus, wie es nur diejenigen tun, die noch nie einen Ganztagsjob gehabt haben. Wahrscheinlich hatte sie noch nie gespürt, wie sich Sonnenschein anfühlte, und ich war ganz bei ihr. Sie rannte den Pfad vor mir her, und als sich die Leine straffte, sprang sie - verwirrt vom Rückschlag - in die Luft. Trotz ihrer Waffenruhe mit der Leine vor ein paar Minuten konnte sie offensichtlich nicht verstehen, warum eine unsichtbare Kraft sie davon zurückhielt, frei durch die Welt zu streunen. Dann vergaß sie sie wieder und sprang vorwärts, nur um gleich zurückgeschnellt zu werden.
    Während Gracie sich im horizontalen Bungeejumping übte, bemühte ich mich, sie schnell und behutsam die Straße hoch und wieder hinunterzuführen. Mit zunehmender Verzweiflung nahm ich zugleich wahr, dass sich in meinem Kopf sämtliche »Oh! So! Delikato!«-Slogans jagten (»Oh! Es ist das Beste! So!«
    »Obendrauf und untendrunter: Alles Oh! So! Delikato!«
    »Legen Sie’s auf ihren Grill! Oh! So!«) Ich lief vor oder hinter ihr her, sie schnellte wie ein Jojo vor und zurück. Da ich noch nie einen Welpen großgezogen hatte (Blue hatte mich mehr oder weniger großgezogen), konnte ich nur daran denken, Gracies ersten Spaziergang hinter mich zu bringen, damit sie sich daran gewöhnen würde und wusste, welche Körperfunktionen sie für diese Gelegenheit aufsparen sollte. Aber sie hatte ganz andere Vorstellungen.
    »Komm, Mädchen!« sagte ich mit einem Ruck an der Leine. »Nun komm...« Als ich mich wieder einmal an ihren Hörverlust erinnerte, senkte ich meine Stimme zu einem Flüstern. So konnte niemand beweisen, dass ich mit einem tauben Hund gesprochen hatte.
    »Sieh mal«, sagte ich, »es ist nur...« Ich unterbrach mich erneut, kniete mich neben sie in den Schnee und klopfte ihr auf den Nacken, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Als sie mir in die Augen sah, verlegte ich mich auf Telepathie, In die Richtung, telepathierte ich und senkte meinen Kopf nachdrücklich zum Straßenende. Da: gut, hier: schlecht. Und als sei das allein nicht schon klar genug, nahm ich sie hoch, lief ein paar Schritte weiter und ließ sie wieder runter, ohne anzuhalten.
    Später brachten Mark und ich ihr unsere eigene Version der AHZS - der amerikanischen Hundezeichensprache - bei. Wir dachten uns als Erstes ein paar einfache Gesten aus. Bei Sitz streckten wir Arme und Hände flach nach vorn. Bei Fressen deutete ich auf meinen geöffneten Mund, gefolgt von dem Zeichen für Komm.
    'Komm war ihr Lieblingszeichen. Dafür breitete ich die Arme zu beiden Seiten aus und wackelte mit den Fingern. Wenn sie daraufhin zu mir kam, nahm ich sie immer liebevoll in den Arm, selbst wenn sie etwas falsch gemacht hatte. Ich legte sie bei dieser Geste nie herein, indem ich etwa mit ihr schimpfte. Es war eine ganz besondere Geste, mit der ich nur eins ausdrückte: Komm und hol dir ein bisschen Liebe ab. Aber all dies kam erst später, heute versuchten wir einfach nur, einen Spaziergang zu machen, ohne dass sie mir gleich die Schulter auskugelte.
    Sie tollte neben mir her, sieben schnelle Schritte für einen von meinen (das sind 28 Hundeschritte, wenn man jedes Bein zählt). Gerade als ich glaubte, doch noch so früh zurückzukommen, dass ich mir was zum Mittagessen fertig machen konnte, stemmte sie sich mit allen Vieren auf den Boden und legte ihre weiße Stirn mit dem Ausdruck einer so ernsthaften Neugier in Falten, wie ich ihn bei Babys noch nie und bei Welpen schon gar nicht gesehen habe.
    Man sollte es vielleicht nicht für möglich halten, dass ein Welpe von 14 Pfund einen 185 Pfund schweren Mann plötzlich zum Anhalten bringen kann, vor allem nicht, wenn er von den Eingebungen seines Werbegenius vorangetrieben wird, aber genau so war es. Gracie war stehen geblieben und vergrub ihre Nase im Schnee.
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