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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit
Autoren: Trevanian
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heißt, wenn Sie mit Ihren Fragen zu Ende sind.«
    LaPointe steht auf und nimmt seinen Mantel. »Wenn ich noch Fragen habe, komme ich wieder.« Er nimmt das Tagebuch vom Boden auf, und sie geleitet ihn zur Tür.
    »Diese Reise in die Vergangenheit war ein harter Brocken. Ich hoffe, ich sehe Sie niemals wieder.«
    »Ihretwegen hoffe ich das auch.«
    »Sie glauben noch immer, ich habe diese Männer umgebracht?«
    Er zuckt die Achseln, während er sich den Mantel anzieht.
    »LaPointe? Kriege ich einen Gutenachtkuß? Sie brauchen mich nicht zuzudecken.«
    Er küßt sie auf die Stirn, seine Hände auf ihren Schultern sind ihr einziger Kontakt.
    »Wirklich sehr keusch«, sagt sie. »Und nun raus mit Ihnen. Quo vadis, pater?«
    »Was heißt das?«
    »Nur was Lateinisches, ich sagte Ihnen ja.«
    »Soso. Also, dann gute Nacht, Mlle. Montjean.«
    »Gute Nacht, Lieutenant LaPointe.«

14
    Von einem Horizont zum andern strömt der Himmel südwärts über die Stadt. Die Membrane der Inversionsschichten sind aufgerissen, und das Hundewetter stürmt durch die Bresche. Unter der in der Höhe dahinziehenden Masse jagen vor dem hartnäckig über den Sankt-Lorenz-Strom dahinfegenden Wind Wolken in Fetzen und Büscheln. Die Kinder schauen gebannt auf die schäumende Flut da oben und haben das schwindelerregende Gefühl, daß der Himmel still steht und die Erde nordwärts rast. Der Wind hat die Nacht über angehalten, und am Abend wird der Schnee kommen. Morgen wird ein strahlend blauer, blankgeputzter Himmel über dem Schnee in den Parks funkeln. Dann wird dieses Hundewetter endlich vorüber sein.
    LaPointe steht am Fenster seines Büros und schaut den südwärts fliehenden Wolken nach. Hinter ihm geht die Tür auf, und Guttmanns Kopf erscheint.
    »Ich hab's, Sir.«
    »Gut. Kommen Sie rein. Was bringen Sie denn da?«
    »Bitte? Oh, nur eine Tasse Kaffee.«
    »Für mich?«
    »Ah … ja.«
    »Gut. Geben Sie her. Nehmen Sie keinen?«
    »Ich glaube nicht, Sir. Ich habe in letzter Zeit viel zuviel Kaffee getrunken.«
    »Hm-m. Was haben Sie rausgekriegt?«
    »Wie Sie mir sagten: Ich habe an der McGill-Universität nachgeforscht und festgestellt, daß Mlle. Montjean dort ein Stipendium hatte.«
    »Aha.« Das ist nur ein Teil der Lösung, auf die LaPointe aus ist. Als er gestern abend durch die Gassen und Gäßchen der Main nach Hause ging, zerbrach er sich den Kopf darüber, wie ein Mädchen von der Straße, die Tochter eines Flittchens, es wohl fertiggebracht habe, sich eine Ausbildung anzueignen, die aus ihr eine intellektuelle, wenn auch kaputte und zerquälte junge Frau gemacht hatte. Wenn sie Jüdin oder Chinesin gewesen wäre, hätte er das ja noch verstehen können, doch die frankokanadische Kultur kennt diese instinktmäßige Ehrfurcht vor der Bildung nicht. »Wie ist sie bloß an das Stipendium gekommen?«
    »Nun ja, sie war eben eine intelligente Studentin. Hat die Aufnahmeprüfungen gut bestanden. Überdurchschnittlich hoher Intelligenzquotient. Außerdem stand die Erteilung des Stipendium bis zu einem gewisse Grade von vornherein fest.«
    »Wie das?«
    »Sie besuchte die Höhere Töchterschule zur heiligen Katharina. Ich erinnere mich noch an die Sankt-Käthchen-Mädchen von meiner Zeit im College her. Die werden speziell auf Aufnahmeprüfungen gedrillt. Die meisten erhalten ein Stipendium. Nicht, daß ihre Eltern damit Geld sparen. Ein Mädchen zu den heiligen Käthchen zu schicken kostet mehr als irgendein Uni-Studium auf der Welt.«
    »Aha.«
    »Soll ich auch bei den Katharinen nachforschen?«
    »Nein, das mache ich.« LaPointe zerknüllt den Kaffeebecher und verfehlt den Papierkorb.
    Guttmann zieht seinen alten Stuhl von der Wand zu sich heran und setzt sich rittlings darauf, das Kinn auf der Lehne. »Wie ist es denn gestern abend gegangen? Ist es wahr, daß sie diesen Amerikaner, MacHenry, nie getroffen hat?«
    »Nein, sie hat.« Unwillkürlich legt LaPointe die Hand über das Tagebuch, das er nur widerwillig und mit dem Gefühl eines Eingriffs durchgesehen hat.
    »Warum hat sie es dann abgestritten?«
    »Er hat ihr einen falschen Namen genannt. Sie hat sicher über seinen Tod in den Zeitungen gelesen, ohne zu wissen, wer es war.«
    »Sieh mal einer an! Das ist vielleicht … vielleicht eine Frau, nicht wahr?«
    »Inwiefern?«
    »Na ja. Wie sie alles im Griff hat. Ihr Unternehmen, ihr Leben. Alles unter Kontrolle. Ich bewundere das. Und wie sie über Sex spricht – frank und frei, so unverblümt, so gesund, so gar nicht
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