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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein
Autoren: Gitta von Cetto
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wollte in keine bestehende Ehe pfuschen. Ich habe da nämlich ganz bestimmte
Vorstellungen, recht altväterliche.«
    »O ja, das glaube ich gern. Sie
sind ein Ehrenmann.«
    »Ja, der bin ich.« Er lachte
vergnügt und rieb sich die Hände. »Zum mindesten bemühe ich mich darum.« Er sah
sie treuherzig an. »Darf ich ganz frei von der Leber reden?«
    »Ja, ja, sicher.«
    »Aber erst erzählen Sie mir
mal, wie Sie hierherkommen und was Sie hier tun? Durchreise? Wohin reisen Sie
denn?«
    Bettina streichelte den Hund.
Er ließ es sich gefallen, er legte den Kopf mit dem riesigen Klappmaul auf ihr
Knie, als kenne er sie seit Jahren. Sie hatte plötzlich alle Lust verloren,
Seggelin einen blauen Dunst vorzumachen. »Ich bin nicht auf der Durchreise, das
habe ich nur so gesagt. Ich bin hier im Sanatorium. Meine Lunge ist nicht ganz
in Ordnung«, sagte sie.
    »Oh, das tut mir aber leid.«
    »Aber Sie brauchen keine Angst
zu haben, es ist nicht ansteckend«, versicherte sie, erschrocken über sein
bestürztes Gesicht.
    »Ich habe keine Angst. Ich bin
nur erschrocken Ihretwegen.«
    »Es ist so gut wie ausgeheilt.
Ich darf in drei Wochen heim.«
    Seggelin nahm die Hand, die den
Hund streichelte, und hielt sie zwischen seinen beiden Händen. »Für den Lackel
reicht es nun«, sagte er und wurde etwas rot dabei. »Wenn Sie wüßten, wie
anders Sie aussehen. Wenn es nicht frevlerisch wäre, würde ich Ihnen sagen, Ihr
Lungenknacks steht Ihnen ausgezeichnet. Sie schauen so viel jünger aus. Und so
unverdorben. Es ist, als ob Sie vorher eine Maske getragen hätten. Nun sind Sie
Sie selbst.«
    »Ach wirklich? Kam ich Ihnen
wie eine verderbte Frau vor?« Nun lachte auch Bettina. Der Hund stupste sie,
und sie entzog Seggelin ihre Hand und begann Lackel von neuem zu kraulen. »Sie
wollten vorhin frei von der Leber weg reden, was ist damit?«
    »Ach ja, richtig.« Er strich
sich über seine breite Stirn und tat so, als müsse er sich besinnen. »Wissen
Sie eigentlich, daß ich wieder geheiratet habe?« sagte er und sah ihr etwas verlegen
lächelnd ins Gesicht.
    Bettina hatte es ja geahnt,
aber trotzdem saß der Schlag. Sie griff fester in Lackels Nackenhaut, als wolle
sie sich einer kräftigen Stütze versichern, und brachte nur mühsam heraus: »Ich
gratuliere.«
    »In Gedanken«, sagte Seggelin
immer noch mit demselben befangenen Lächeln.
    Sie verstand ihn nicht.
    »In Gedanken habe ich wieder
geheiratet, weil ich eine Frau brauche, eine Mutter für meine Kinder, eine
Herrin für den Lackel...« Er begann den Hund zu streicheln, und seine Hand fand
die von Bettina. »Jetzt kann ich es Ihnen ja sagen. Sie waren die Frau, Sie
spukten in meinem Kopf herum. Und zwar schon damals, als ich Sie aus Ihrem Bett
scheuchte in Rom. Wissen Sie noch? Sie waren alles andere als schön. Sie waren
mürrisch und ungehalten und verschwiemelt von dem Abend vorher. Aber von diesem
ersten Augenblick an dachte ich ständig an Sie als an eine Prachtfrau, die ich
nur in der falschen Aufmachung kennengelernt hatte.«
    Bettina starrte ihn an. In
ihren Ohren begann es zu summen wie nach einer übergroßen körperlichen
Anstrengung. »Und was ist mit Mademoiselle Bartisse? Haben Sie nicht... Ich
meine...«
    »Ob ich was mit ihr habe?
Lackel, haben wir was mit Hélène?« Er lachte. »Nein, bestimmt nicht. Hélène
macht ihre Sache mit den Kindern gut, aber als Frau ist sie für mich überhaupt
nicht vorhanden.«
    »Wie heißen Ihre Kinder denn?«
erkundigte sich Bettina artig. Man sah ihr doch hoffentlich nicht an, daß sie
überglücklich war?
    »Sebastian und Sibyll.«
    Einen Augenblick war es ganz
still zwischen ihnen. Seggelin schnalzte mit dem Finger, und der Hotelboy
flitzte heran. »Wir müssen doch endlich eine Kleinigkeit trinken. Was darf ich
Ihnen bestellen?«
    »Ein Glas Sekt, nicht mehr.«
    Bis der Sekt kam, redeten sie
über Lackel, seine Untaten, seine Gepflogenheiten und seine vielen würdigen
Ahnen.
    »Ich hatte nie einen Hund. Ich
hätte immer gern einen gehabt, aber mein Mann wollte keinen«, sagte Bettina.
    Der Ober kam mit dem Sekt. Er
öffnete die Flasche lautlos und füllte die Gläser. Bettina nahm ihr Glas, und
Seggelin nahm sein Glas.
    »Auf was trinken wir?« fragte
er und gab sich die Antwort selbst. »Auf Ihre Gesundheit.«
    Bettina lächelte ihn an. »In
drei Wochen bin ich zu Hause.«
    »Da wird Ihr Mann sich freuen.«
    »Einen Dreck wird er«, rutschte
es Bettina heraus. Dann trank sie rasch den ersten Schluck. Sie hatte sich
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