Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein
Autoren: Gitta von Cetto
Vom Netzwerk:
der Schreibmaschine
herum, und schon flatterten die großen Scheine ins Haus, die Soldi, die
Millionen Lire. Eine Witwe, immer noch recht gut aussehend, nur leider etwas zu
karg in der Figur, secco, trocken. Der Busen wogte nicht, und die Taille konnte
man fast mit zwei starken Männerhänden umfassen. Aber wenn man sie ordentlich
mit Spaghetti mästete, könnte noch etwas ganz Ordentliches aus ihr werden.
Warum hatte sie keinen Freund? Man konnte sie doch nicht einfach so darben
lassen mit ihrer Schreibmaschine und ihrem Geld!
    Luigi Bonardo stiefelte neben
Anna durch mannshohen Ginster. Das engverflochtene Dorngestrüpp, die
Rosmarinbüsche und die wilden Myrten zerkratzten Annas Beine. Luigi zeigte ihr
ein Stück Land, das er ihr verkaufen wollte. Er hatte seine Frau im Kindbett
bei der Geburt seines sechsten Kindes und seinen rechten Arm bei einer zu früh
losgegangenen Sprengung in den Erzbergwerken verloren. Aber beides vermißte er
nicht allzusehr. Die Frau war zänkisch gewesen und hatte ihm die Zigaretten
täglich stückweise vorgezählt, und was seinen rechten Arm betraf, so saß er
lieber einarmig im Schatten seines Hauseinganges, als sich zweiarmig in den
Minen halb tot zu schwitzen. Er beäugte die Sinora, die über Gestrüpp und
Geröll unverdrossen neben ihm herlief. Seine Rente war klein. Es wäre keine
schlechte Idee, mit der Signora das Bankkonto und noch manch anderes zu teilen.
Schade, daß sie dunkelhaarig war.
    »Wieviel soll denn der
Quadratmeter kosten?« fragte Anna.
    »Dreitausend.«
    »Was? Ohne Wasser, ohne Straße,
ohne Licht!«
    »Aber dieses
Panorama! La bella vista!« Luigi
wies mit einer großartigen Gebärde seiner Linken auf das Meer, als hätte er es
ausschließlich für die Signora dorthin gezaubert.
    »Tausend«, erklärte Anna
trocken.
    Luigi ging in die Knie. Diese
Frau war ebenso knickrig wie seine Alte. Er würde sie nicht heiraten. Niemals!
Ein Knochengestell, und dann nur tausend Lire für den Quadratmeter zahlen
wollen! Madonna!
    »Zweitausendfünfhundert. Aber
Sie dürfen es nicht weitersagen. Niemandem. Ein Freundschaftspreis nur für die
Signora.«
     
    Anna trug Jeans und
ausgetretene Leinenschuhe mit geflochtenen Sohlen. Sie dachte an Frank. Warum
mußte sie plötzlich an Frank denken? Er hätte dieses Grundstück aus der
Westentasche zahlen können. Aber auch um seinen Rat hätte sie jetzt viel
gegeben.
    »Was?« fragte sie
geistesabwesend.
    »Ich habe gesagt:
zweitausendfünfhundert. Aber nur für Sie, Signora, weil Sie eine Witwe sind.«
    Ihr Fuß verfing sich in einer
Winde. Sie stolperte, und Luigi griff nach ihr, um sie am Fallen zu hindern. Er
hielt sie fester, als es die Situation erforderte. Gut, daß er nur einen Arm
besaß. Anna machte sich frei.
    »Ich muß mir noch andere
Grundstücke ansehen. Ich bin mit Peppo Rocca verabredet.«
    »Peppo ist ein Furbo, ein
Schlaukopf. Nehmen Sie sich in acht!«
    Wann Frank wohl wieder einmal
nach Europa kam? Ob er inzwischen einen Bauch angesetzt hatte? Frank und Bauch,
nein, das war undenkbar.
    »Das Grundstück von Peppo ist
voller Schlangen«, sagte Luigi. »Man tritt auf eine Schlange, und im
Handumdrehen ist man tot.«
    »Ich nicht. Ich mag Schlangen.«
    Luigi, der dicht neben ihr
hergegangen war, rückte von ihr ab: Eine Frau, die keinen Busen hatte und nicht
blond war und keine zweitausendfünfhundert Lire für den Quadratmeter bezahlen
wollte und obendrein noch Schlangen mochte, brrr!
    »Zweitausenddreihundert«, stieß
er rasch hervor. Seine Kehle war so eng, als habe er eine Kreuzotter
verschluckt. »Zweitausendeinhundert.«
    Anna schenkte ihm ein Lächeln
und schüttelte dazu den Kopf. Peppos Grundstück war schöner, und sie hatte
wirklich keine allzu große Angst vor Schlangen. Die meisten hier auf Elba waren
harmlos. Nur hoch in den Bergen gab es eine giftige Art.
    »Jedenfalls sehe ich mir das
Grundstück von Signor Rocca an.«
    »Seien Sie vorsichtig, Signora.
Er hat den bösen Blick!«
     
    Der Abend brachte nach dem
heißen Tag nicht die ersehnte Abkühlung. Die Sonne stand um sechs Uhr noch hoch
am Himmel. In den winkeligen Dächern, den Bögen, den Treppchen, auf denen
feurige Geranien in alten Blechkübeln blühten, zwischen den krummen Pflastersteinen
des Städtchens und in den schwarzen Kopftüchern der alten Frauen hatte sich die
Hitze eingenistet. Die Menschen spazierten auf dem kurzen Korso, fünfzig
Schritte hin, fünfzig zurück. Die jungen Mädchen, zu dreien und vieren
eingehängt, warfen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher