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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein
Autoren: Gitta von Cetto
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Mädchen
nicht. Man sieht es an dir. Ich möchte nicht noch einmal dieselben
Erziehungsfehler machen.« Sie sah Bettina vorwurfsvoll an. »Wie kannst du eine
solide, gut fundierte Ehe einfach so abtun?«
    »Bernhard hat damit angefangen.
Ich bin dahintergekommen, daß er mich betrogen hat. Ich war ein Schaf, ein
ahnungsloses Schaf«, sagte sie zornig.
    »Nun ja, Männer!«
    »Was heißt nun ja? Ich war
sterbensunglücklich, Mama. Das darfst du mir glauben! Eine Welt ist für mich
zerbrochen.«
    »Und warum erfahre ich von
alldem überhaupt erst heute?«
    »Ich wollte es dir ersparen, so
lange wie möglich. Du hast ja noch Franzi und Poldi. Du wirst noch genug Kummer
haben.«
    »Die beiden werden mir keinen
Kummer machen.«
    »So?« Bettina ließ sich endlich
herbei, die Melone aufzuheben. Sie roch daran und behielt sie in der Hand.
»Spendierst du sie uns heute abend? Hast du etwas Schinken im Haus? Ich sterbe
für Melone und Schinken. Jean auch.«
    Jean hatte seine zweite
Zigarette an der ersten angesteckt. Er schleuderte den Stummel weit weg.
    Anna sah es durchs Fenster. Sie
lief zur Tür und riß sie auf. »Zertreten Sie den Zigarettenstummel, wenn ich
bitten darf! Es ist hier viel zu trocken, und ich habe keine Lust abzubrennen.«
    Jean Moulin schlenderte zu dem
Zigarettenstummel und zertrat ihn.
    Bettina hatte sich ihre Schuhe
ausgezogen. Sie lag ausgestreckt auf Annas Bett, hob die Beine etwas an und
betrachtete ihre hübschen Füße. »Du bist schrecklich nervös, Mama. Wie kommt
denn das?« fragte sie schläfrig.
    »Ich nervös? Daß ich nicht
lache!« Anna war am Zerplatzen.
    Sie besah sich wehmütig das
große, langgliedrige Geschöpf mit den sanften Augenbögen, dem eigenwilligen
Mund und den Grübchen in den Wangen. Bettina war das ruhigste und
liebenswürdigste Baby gewesen, das man sich vorstellen konnte, später ein
beinahe beängstigend artiges Schulmädchen. Mit vierzehn wollte sie Nonne
werden, mit fünfzehn zu Albert Schweitzer gehen und ihr Leben der selbstlosen
Pflege von Leprakranken widmen. Mit achtzehn verknallte sie sich in einen
Lehrer. Sie fing an, unmäßig zu rauchen, und trank scharfes Zeugs. Sie begann
ihr Studium in Berlin, wohnte dort bei einer bläßlichen, unverheirateten
Schwägerin ihrer Mutter und verdiente sich etwas Geld als Fotomodell. Dabei
lernte sie den Grafiker Bernhard Haller kennen. Da er dem Lehrer ähnlich sah,
in den Bettina sich mit achtzehn Jahren vergafft hatte, stattete sie ihn in
ihrer Phantasie mit allen möglichen Eigenschaften aus, die er in Wirklichkeit
nicht besaß, und heiratete ihn.
    Bettina langweilte sich mit
ihrem Mann, der nur zeichnete, keine Bücher las, keine Theater besuchte und
niemals auf den Gedanken kam, ihr ohne zwingenden Anlaß Blumen mitzubringen.
Zwar schienen für ihn andere Frauen nicht zu existieren, aber auch Bettina
betrachtete er nicht mehr mit spürbarer Leidenschaft. »Unsere Ehe versandet,
was mach ich bloß«, klagte Bettina einer Freundin. Sie hieß Lisa und war
routiniert. »Du mußt dich ihm eine Weile verweigern, du wirst mal sehen, wie er
dann wieder scharf auf dich wird«, riet ihr die gute Freundin. Es war dieselbe,
mit der Bernhard kurze Zeit darauf Bettina betrog.
    Bettina fiel aus allen Wolken.
Sie konnte es einfach nicht fassen, daß sie von ihrem Mann und ihrer besten
Freundin hintergangen worden war. Sie mußte irgendwelche Fehler gemacht haben,
sonst hätte das nicht passieren dürfen. Aber welche Fehler? Eine Weile bastelte
sie an ihrer Ehe herum. Sie versuchte, Bernhard durch kleine Aufmerksamkeiten
zu rühren, sie zog sich besonders sorgfältig an und machte keine Szenen, wenn
er sich trotz seines Versprechens heimlich mit Lisa traf und sie ihn dabei
ertappte. Aber Bernhard wurde immer mürrischer, und Bettina sah sich zu keinen
weiteren Opfern bereit.
     
    Schließlich las sie eines Tages
von diesem Fotowettbewerb. Für eine kleine, aber reizvolle Rolle in einem Film
wurde ein Mädchen gesucht. Ohne die geringste Hoffnung auf Erfolg schickte
Bettina ein Foto von sich ein. Eigentlich hielt sie es für einen Scherz, als
ihr eines Tages mitgeteilt wurde, daß sie mit zwei weiteren Konkurrentinnen in
die engere Wahl gezogen sei. Es handelte sich um eine deutsch-italienische
Koproduktion. Ein in Kalabrien verheirateter Fremdarbeiter sollte sich in eine
deutsche Kollegin verlieben. Bettina wurde zu Probeaufnahmen bestellt. Sie
mußte sich ihr Haar färben, ihr Gesicht von einer Maskenbildnerin herrichten
lassen und
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