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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein
Autoren: Gitta von Cetto
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wie
eine Gassengöre benommen.
    Seggelin sah sie an, als ob sie
ihm einen Giftmord gestanden hätte. Seine Augen fragten ein Dutzend Fragen.
    »Weil er mich nicht mehr mag,
weil er eine andere hat, weil er sich scheiden lassen will«, sprudelte Bettina
hervor.
    »Mein Gott«, murmelte Seggelin
erschüttert. Er hatte es endlich begriffen. »Ja, aber dann sind Sie ja
sozusagen frei?«
    »Sozusagen.«
    »Und ich habe Sie von Mailand
weggeschickt, um Ihre Ehe zu retten.«
    Bettina drehte das Sektglas
zwischen den Fingern und sprach zu dem Glas und nicht zu Seggelin. »Ja. Aber
dieser ehrenwerten Mission war kein Erfolg beschieden.«
    Seggelin holte tief Atem. »Ich
weiß nicht, ob Sie Phantasie haben, Bettina, aber hoffentlich haben Sie sehr,
sehr viel. Könnten Sie sich, wenn Sie sich etwas näher mit mir befassen, unter
Umständen vorstellen, daß Sie meine Frau...«
    »Doch, unter Umständen könnte
ich das«, sagte sie. »Ich könnte Ihnen sogar eine Liebeserklärung machen,
obwohl das merkwürdigerweise einer Frau nicht ansteht. Und dann... Ich bin kein
Gesundheitsprotz, Sie wissen ja, ich habe es Ihnen doch gesagt.«
    Aber Seggelin strich ihre
Bedenken mit einer großen Handbewegung fort. »Kein Problem heutzutage. Jeder
hat mal eine pur auf der Lunge, der eine mehr, der andere weniger. Sehr viele
wissen es überhaupt nicht.« Er stand auf und schubste den Hund beiseite.
»Lackel, laß mich mal da hin.« Dann küßte er Bettina zärtlich. Es dauerte
ziemlich lange, und als er fertig damit war, meinte er zuversichtlich: »Ich
glaube, wir schaffen es, wir beide.«
    Sie redeten lange, denn
Seggelin war ein charmanter Pedant. Diesmal wollte er es genau wissen. Keine
Flunkereien mehr, keine Durchreisen, keine Taxifahrten ohne Geld und keine
Verschleppung der Scheidung.
    »Und unsere Kinder müssen in
einen Topf geworfen werden, ganz schnell«, befahl er.
    Sie erfuhr, wie seine Freunde
ihn nannten: Wigo. Das gefiel ihr besser als das strenge, nach all den Königen
riechende Ludwig.
    »Und was wird Hélène sagen?«
    »Was hast du denn immer mit Hélène?
Sie hat einen festen Freund, der ist Schlagzeuger bei einer Band, und sie
findet, ich sei ein entsetzlicher Haussimpel, der ich auch bin. Leider«, sagte
er bekümmert.
    »Das macht nichts. Ich bin auch
eher ein Haustier als ein Vamp.«
    Bettina schlug heute über die
Stränge, sie war bei ihrem dritten Glas Sekt angelangt. Lackel hatte seinen
viereckigen Schädel auf ihr Knie gebettet, schwer wie ein Bügeleisen. Bettina
schwamm auf einer Woge von Seligkeit. Seggelin entwarf Pläne für die nächsten
Tage, die nächsten Wochen, die nächsten Monate und die nächsten fünfzig Jahre.
    »Muß ich oft um zwei Uhr
morgens aufstehen, um dann den Sonnenaufgang auf Berggipfeln bejubeln zu
können?« fragte sie schüchtern.
    »Wieso denn, wie kommst du denn
darauf?«
    »Muß ich Bierabende bei der
Schützengilde >Die fröhliche Armbrust< mitmachen?«
    Er sah sie verständnislos an.
»Ich muß erst noch hinter deine Schliche kommen. Was für merkwürdige Dinge
gehen denn in deinem Kopf vor?«
    »Viel, viel«, sagte Bettina glücklich.
     
    Ende Mai kam die Baugenehmigung
von der >Belle Arte< in Pisa. Anna hätte nach Elba fahren und mit
dem Bau beginnen können, aber gerade jetzt befand sie sich wieder einmal als
Mutter und Großmutter in vollem Einsatz. Sie mußte Bibi nach Davos bringen zu
ihren zukünftigen Geschwistern. Von dort würde sie Bettina mit zurücknehmen und
einige Zeit bei ihr in München bleiben, ehe sie nach Berlin weiterfuhr. Die
Scheidung war eingeleitet und würde wohl ziemlich glatt über die Runden gehen.
»Und bestimmt reißt Bernhard sich kein Bein aus, um Bibi oft bei sich zu haben.
Er hat nie viel mit ihr anfangen können«, prophezeite Bettina.
    Ihre Briefe strahlten eine
wohltuende Ruhe aus. Sie liebte Ludwig Seggelin, sie fand seine Kinder
liebenswert, und sie hatte eine ganze Menge Vorzüge an Hélène Bartisse
entdeckt. Das Chalet von Seggelin stellte sich als ein praktisch geplantes
kleines Landhaus heraus, nicht luxuriös, aber ein Haus, in dem man sich
vergnügte Sommertage und kuschelige Herbstabende mit Glühwein und Kaminfeuer
vorstellen konnte.
    Seggelin war nach Mailand
zurückgekehrt, um — wie er sagte — ein zweites Bett in sein Stübchen zu stellen
und Adriana davon zu unterrichten, daß noch in diesem Jahr eine neue Padrona in
sein Haus einziehen würde. Außerdem war er kein Millionär, er mußte hart
arbeiten für sein Geld.
    Auch
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