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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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dreitägiges Fest. Sie wollte auch, daß hundert Gäste aus dem Ausland sowie alle Dorfbewohner kommen sollten. Unablässig unterbreiteten Gäste per Telefon nützliche und weniger nützliche Vorschläge. Was zunächst der unnützeste Vorschlag zu sein schien, entwickelte sich während der Vorbereitungen sogar mehrmals zu einer heiklen Versuchung. David Kirke, Begründer des Dangerous Sports Club , der mit Michael in Oxford studiert hatte, sagte telefonisch sein Kommen zu. Er hatte gehört, daß ein Kran auf unserem Grundstück stand, da der Turm restauriert wurde, und schlug vor, an der Kranspitze ein Bungee-Seil (Jahre zuvor von ihm erfunden) zu befestigen und die Gäste herunterfallen zu lassen, zum Vergnügen. Er räumte ein, daß etwa siebzehn Gäste (und Verletzte) nötig sein würden, bis das Bungee-Seil auf die richtige Länge eingestellt wäre. Daniele, ein Opernsänger, den wir auf unseren Reisen kennengelernt hatten und mit dem wir seit Jahren eng befreundet waren, rief an und sagte, er werde aus Florenz so viele Musiker und Sänger mitbringen, wie wir haben wollten, kostenlos. Ein anderer Freund rief aus Norfolk an und erbot sich, für den letzten Tag des Festes ein Cricketmatch zu organisieren.
    Maria sah verzweifelt den Zementstaub durch das ganze Haus wirbeln, als Bohrmaschinen das Mauerwerk durchlöcherten. Die Villa war jetzt auf zwei Seiten eingerüstet. Ich hatte Feste bisher immer allein vorbereitet, aber Maria brachte mich dazu, es dieses Mal ganz zu lassen, wegen des Babys. Gemeinsam engagierten wir einen Koch aus Città di Castello, der unsere Einkaufslisten mehr als verdreifachte,
als kämen nicht fünfhundert, sondern fünftausend Gäste. Lastwagen und Tieflader standen in der Auffahrt Schlange. Sie lieferten Marmorplatten, Becken, Sand, Zement, Wein, Limonade, Lebensmittel und Geschenke.
    Noch nie hatte ich so viele Hochzeitsgeschenke gesehen. Die Orsolani halten nichts von symbolischen Gesten, also taten sich drei oder vier Familien zusammen und kauften Geschenke, deren Extravaganz uns verlegen machte. Pro Tag fuhren drei bis vier Lastwagen vor, und sie lieferten eine Waschmaschine, einen Kühlschrank, einen Fernsehapparat, Töpfe, Pfannen, Teppiche, Eßservice, Möbel, Bierkrüge, Teeservice, Marmorstatuen, Majolicasäulen, verzierte Herde und dergleichen mehr, bis ein ganzes großes Zimmer voll war von Geschenken der Dorfbewohner, denen wir oft nur ein- oder zweimal begegnet waren, wenn überhaupt.
    Aus Dankbarkeit eskalierte das Fest. Wir fanden, wir müßten mehr Unterhaltung haben, mehr Feuerwerk, noch einen Tanzabend, ein Picknick mit allen erdenklichen Delikatessen. Anfangs war unser Menü halb französisch, halb italienisch. Maria sah das nicht gern. Sehr sanft, aber mit unübertrefflichem Geschick überredete sie uns zu einem umbrischen Festessen, nicht strikt orsolanisch, aber doch umbrisch. Sobald dies geklärt war, bot der proloco seine Hilfe an. Er teilte alle anstehenden Arbeiten unter fünfundzwanzig Männern und Frauen auf, angefangen bei der Zubereitung der crostini , der Pastasaucen und dem Braten des Fleisches auf offenem Holzkohlenfeuer, über das Servieren, Abwaschen und die Organisierung der Parkplätze bis hin zur Beschaffung der Tische, Stühle und Tischtücher, die für so viele Essensgäste nötig waren. Als klar wurde, daß wir nicht allen einen Sitzplatz bieten konnten, weil dann kein Platz zum Servieren
mehr wäre, schlug Maria vor, den einhundertvierzig ausländischen Gästen das Mittagessen an Tischen zu servieren und für die anderen Mahlzeiten fünf Büffets aufzubauen.
    Zu diesem Zeitpunkt war ich noch nie auf einer italienischen Hochzeit gewesen, auch wenn ich viele Konvois hupender Autos auf ihrem Weg durchs Dorf gesehen und gehört hatte. Ich glaubte, wir planten ein Jahrhundertfest, ein so einmaliges »Spektakel«, daß es in die Dorfannalen eingehen würde. Ich hatte zu anderen Zeiten und an anderen Orten große Feste gegeben, aber eine Bewirtung in solchen Größenordnungen und mit solcher Üppigkeit war mir neu. Die Darbietungen wurden nahezu unwichtig, etwas, das die Zeit zwischen den Mahlzeiten überbrückte. Ich wußte nicht, daß zumindest in San Orsola und den umliegenden Ortschaften ein Hochzeitsfest etwas war, für das man zwanzig Jahre und länger sparte. Hochzeitsfeste dauerten zwar nicht drei Tage, aber zu ihnen gehörten drei üppige Mahlzeiten, Blumen für buchstäblich Tausende von Lire, Getränke ohne Ende und sehr viel Tanz. Wir taten
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