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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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den unnatürlich großen Ohren lümmelte neben ihm. Dann machte die Straße noch eine Kurve, vorbei an Cencis und Nunzias weitläufigem, gepachtetem altem Bauernhaus und Maria del Gallos sich anschließendem, kleinerem Hof, den sie mit Beppe bewohnte, ihrem uralten, wirren Ehemann, der fast nur durch verlegenes Lächeln und Ausrufe kommunizierte. Dahinter kamen ein Walnußbaum und eine Felskuppe, und darüber stand unsere Villa. Nach Jahren rastlosen Umherziehens, nachdem ich in Zügen und aus Koffern, in Hotels, aus Kisten und in Wohnungen gelebt hatte, deren Mietverträge selten länger als einige Monate dauerten, kehrte ich heim in ein Haus, in dem ich schon über ein Jahr wohnte, und ich kam mit einem Neugeborenen, das Gelegenheit haben würde, in einem Dorf mit Menschen aufzuwachsen, die nicht nur gelernt hatten, in Harmonie mit ihrer Zeit und Welt zu leben, sondern auch, was vielleicht schwieriger ist, miteinander.
    Die Zeit ging dahin, die Monate gingen unmerklich ineinander über, obwohl sie durch so zahlreiche Feste zäsiert wurden. Dieses Verschwimmen der Zeit gab dem Leben hier etwas Rätselhaftes. Ich hatte das Gefühl, daß ich niemals zum Kern vorstoßen, daß es immer noch eine Schale geben würde, die entfernt werden mußte und die die scheinbare Schlichtheit des Ortes Lügen strafte. Alle und alles hatten eine eigene Komplexität, eine wahrhaft südländische Unbestimmtheit, die dem nördlichen Denken fremd ist. Manchmal zog sich
die Engländerin in mir verblüfft zurück, dann betrachtete ich meine Lilien und bedachte so manches in meinem Herzen. Wirklich eingeweiht aber waren meine Kinder, und das jüngste, eine geborene Orsolana, würde hier aufwachsen.
    Als wir an den Zypressen vorbei auf den neu aufgeschütteten Kiesweg einbogen, sah ich als erstes Gras, das in meiner Abwesenheit gewachsen war, und dahinter sämtliche Arbeiter, die warteten, um das neue Mitglied der Gemeinde zu begrüßen. Maria, die mit mir im Auto saß, stieg aus und reichte das Baby erst Imolo, der es mit unendlicher Vorsicht in seine großen, vernarbten Hände nahm und es dann an den dicht neben ihm stehenden Gigi weiterreichte. So sollte es Florence in San Orsola ergehen: Sie ist ein Kind, das viele lieben und das vielen gehört. Imolo war außer sich vor Stolz, sowohl wegen des Säuglings als auch wegen etwas anderem. Er hatte Tränen in den himmelblauen Augen.
    »Hast du gesehen?« fragte er, kaum daß ich aus dem Wagen gestiegen war.
    Ich blickte auf und sah. Er hatte die Turmarbeiten abgeschlossen und war fast mit der ganzen Fassade fertig geworden. Er hatte die beiden Hälften der Villa verbunden und so die klaffende Lücke beseitigt, die über drei Stockwerke gegangen war und dem Haus immer den unschönen Anschein von Baufälligkeit verliehen hatte.
    »Ihr müßt die Nächte durchgearbeitet haben, um das zu schaffen«, sagte ich.
    »Das stimmt. Wir haben es für die Mädchen gemacht, für Isotta und Florence. Zur Hochzeit sind wir fertig, keine Sorge.«
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