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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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mittleren Jahren, winzige, vogelgleiche Frauen, und alle umarmten sie ihren Partner.
    Die Männer reichten von Siebenjährigen mit Fliege und Jackett über pickelige Halbwüchsige, gutaussehende Burschen und ihre weniger begünstigten Altersgenossen bis zu stämmigen älteren Männern und tapsigen Greisen, und alle schwangen in unterschiedlichen Graden der Trunkenheit das Tanzbein. Alle, die wir je im Dorf gesehen hatten, feierten. Der gesamte Bautrupp war mit Ehefrauen und Familien da. Silvio grub sich in die größten Oberweiten. Explosionskopf (der aussah, als sei hinter seiner Nase gerade ein halbes Pfund Plastiksprengstoff hochgegangen) schwankte durch den Raum. Schlangenkopf war mit all seinen Brüdern da, ihre winzigen Köpfe ragten aus riesengroßen, gestärkten Hemdkragen. Menchina aus der Bar war ebenso gekommen wie der Postbote und der Marmorhändler, der Metzger und seine atemberaubende junge Frau (jene, die aussah wie Gina Lollobrigida und Sexidol des halben Tals war).
    Der Wein floß ebenso wie die Orangenlimonade, ohne die kein Fest vollständig war, aber dies war ein Ball, ein richtiger Ball, und die Menge tanzte bis fünf Uhr morgens, unterbrochen nur durch den Eintritt des Neuen Jahrs, als das Feuerwerk gezündet wurde und eine Pause entstand, bis alle vierhundert Anwesenden alle vierhundert Anwesenden zweimal geküßt hatten. Danach gab es noch mehr Schaumwein sowie körbeweise panettone und porchetta -Brötchen. In der Küche, die den Beauties gehört hatte, wurde ein Schwein, komplett mit Kopf, vom Schwanz aus aufgeschnitten. Porchetta wurde immer im Ganzen gebraten, nachdem es zuvor mit langen Fenchelstengeln und Knoblauch gefüllt worden war.
    Nach der Unterbrechung wirbelte der Tanz weiter. Es war
so kalt, daß wir tanzen mußten, um warm zu bleiben. Robbie und ich leisteten uns keine gravierenden Schnitzer und schafften es, mit mehreren Partnern bzw. Partnerinnen an den Pfeilern vorüberzugleiten. Domenico war glücklich. In Abständen von einigen Musikstücken führte er mich auf die Tanzfläche und absolvierte mit mir ausgesprochen schwierige Schrittfolgen mit vielen Linksdrehungen, nur um anzugeben. Nach zwei Uhr war ich völlig erschöpft und packte mich und mein ungeborenes Kind ins Bett, wozu ich mich heimlich fortschlich. Die Musik stampfte das Treppenhaus hoch, und mir war, als spielten die Akkordeons in meinem Kopf. Iseult und ihr neuer Verlobter Michael tanzten unermüdlich. Michael hatte in der Schule tanzen gelernt, Iseult war vom Polizeichef von Casole d'Elsa unterrichtet worden, der einmal Berufstänzer gewesen war. Robbie blieb bis zum Schluß, leerte die Weinfässer mit Pietro, der im kalten Durchzug bei der Tür schwankte und wundersamerweise die ganze Nacht auf den Beinen blieb, sowie mit dem Postboten, Estelio, Imolo und einem Knäuel Tänzer.
    Am folgenden Tag roch das ganze Haus wie ein Aschenbecher, und die Halle war knöcheltief mit Plastikbechern übersät. Unmittelbar nach dem Mittagessen band der proloco -Trupp, der auch die Vorbereitungen bestritten hatte, Schürzen um und rutschte wie ein Bataillon geschwätziger Domestiken schrubbend den weinbefleckten Fußboden entlang. Bei Einbruch der Dunkelheit blitzten Halle und Durchgang viel sauberer, als sie es je gewesen waren.
    Oben, am Ende des langen Korridors im zweiten Stock, hatten zwei unserer ursprünglichen Katzenjungen und ihre Mutter Junge geworfen, was die Katzenpopulation der Villa auf zwanzig erhöhte. Maria verband fortan ihre Aufgaben
als Haushälterin mit einem Guerillakrieg, um diese offenbar unzähmbaren Wildkatzen und ihre Nachkommenschaft vom Haus fernzuhalten. Ihre Pläne wurden ständig von Iseult und Allie sabotiert, die das nicht stubenreine Betragen der Tiere nicht in gleichem Maße störte wie Maria. Ohne Türen war dieser Kampf nicht zu gewinnen. Ich schreibe deren Eintreffen in unserem zweiten Frühjahr ausschließlich Marias Hartnäckigkeit zu: Sie setzte Imolo und dem Schreiner so lange zu, bis sie da waren.

22. Kapitel
    N achdem nominell wir die Gastgeber des Festes gewesen waren, wurden wir über Nacht zu Helden. Von diesem Moment an konnten wir offenbar nichts mehr falsch machen. Sogar die Jägermannschaften, die, sechsunddreißig Mann stark, in Schichten am Bildstock der Madonna campierten, um ihr Wildschweinareal zu behaupten, begrüßten uns mit lauten Freudenrufen, als seien wir liebe Verwandte. Man bot uns mehr Wildschweinteile und mehr Hälften von noch zu schlachtenden Schweinen
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